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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 9. Berlin, Wien, 1921.

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Dieses Mal unter der ausdrücklichen Begründung, Rußland müsse, sicher vor feindlichen Kanonen Wladiwostok, den Stillen Ozean erreichen können. Das Ziel wird aller Wahrscheinlichkeit nach bald erreicht sein, wenngleich an der allerempfindlichsten Stelle, beim Überschreiten des Amurstroms auf einer großen Brücke bei Chabarowsk die Bahn ganz nahe an die Grenze herantritt.

Gleichzeitig mit dem Bau der S. förderte die Staatsregierung eine große Zahl von "Hilfsunternehmungen", die dazu bestimmt waren, die wirtschaftliche Entwicklung zu beleben, zum Teil diese erst zu ermöglichen. Hierher gehört in erster Reihe die Besiedelung des Landes mit Bauern aus dem europäischen Rußland. Soweit es sich bisher übersehen läßt, ist das Werk tatsächlich in seinen Hauptpunkten geglückt. Der Ansiedlerstrom bewegte sich regelmäßig und mächtig dorthin. Allerdings hat die Staatsregierung durch Wegebauten, landwirtschaftliche Schulen, Niederlagen landwirtschaftlicher Maschinen und sonstiger Bedarfsgegenstände, geologische Untersuchungen, Schiffbarmachung von Flußläufen, Hilfsleistung durch Geldunterstützungen und Darlehen bei Errichtung der Ansiedelungen viel getan, um das Einleben der Siedler und deren wirtschaftliches Gedeihen zu fördern. Neben dieser wichtigen Vorbedingung für die Hebung von Ackerbau, Viehzucht und Gewerbe ging die Erziehung in Schule und Kirche gleichmäßig einher.

Alle diese Aufgaben zu lösen, war um so schwieriger, als der weitaus größte Teil des Landes, der erschlossen werden sollte, eine völlig menschenleere Einöde war. Daß es trotzdem gelungen ist, die Produktivität des Landes in so kurzer Zeit so gewaltig zu heben, ist zweifellos ein glänzendes Zeugnis für die Fähigkeit des russischen Volkes auf kolonisatorischem Gebiet.

Die Rückwirkung dieser Unternehmungen kommt in dem wachsenden Verkehr deutlich zum Ausdruck. So groß und schnell ist der Verkehr auf der Bahn gewachsen, daß diese den Anforderungen bald nicht mehr zu genügen vermochte und den Ausbau eines zweiten Gleises bis Karymskaja, Anschlußstation für die chinesische Ostbahn, und den Umbau der Gebirgsstrecke notwendig machte.

Dieser sehr schnell wachsenden Verkehrszunahme und den damit gleichermaßen wachsenden Verwaltungsgeschäften ist es wohl auch zuzuschreiben, daß die bisher unter dem Namen S. zusammengefaßte Teilstrecke Tscheljäbinsk-Innokentjewskaja in 2 Verwaltungsbezirke zerlegt worden ist. Es sind nunmehr an Stelle der "Sibirischen Eisenbahnverwaltung" eine in Omsk und eine in Tomsk getreten. Zum Bezirk Omsk gehören die Strecken: Tscheljäbinsk-Nowonikolajewsk (frühere S.), ferner Jekaterinburg-Tjumen, Bogdanowitsch-Ssinarskaja, Jekaterinburg-Tscheljäbinsk, zusammen 2549 Werst (2720 km). Zum Bezirk Tomsk gehören die Strecken: Nowonikolajewsk-Innokentjewskaja, Taiga-Tomsk, zusammen 1821 Werst (1943 km).

II. Bau und Ausrüstung.

A. Bau.

Allgemeines zum Bau.

Die S. hat russische Normalspur 0·714 Faden (= 1·523 m). Auf der Strecke Tscheljäbinsk-Ssrjetensk sind Schienen von 18 Pfund auf den laufenden Fuß verlegt worden. Die Schienen erwiesen sich sehr bald als viel zu leicht. Schienenbrüche häuften sich, die auch durch Erhöhung der Zahl der Schwellen nicht verhindert werden konnten, so daß schon 1899 mit dem Ersatz dieser leichten Schienen durch solche von 24 und 24 1/3 Pfund auf den laufenden Fuß vorgegangen werden mußte. Es waren aber nicht nur die zu schwachen Schienen der Entwicklung des Betriebs hinderlich, sondern ebenso bildeten die hölzernen Brücken, die viel zu kleinen Stationsanlagen, die übermäßig großen Abstände der Stationen voneinander, die ungenügenden Vorkehrungen für die Wässerversorgung die wichtigsten Hindernisse. Kurz bereits in den Jahren 1898/99 wurden alle diese Mängel festgestellt und gleichzeitig beschlossen, Abhilfe zu schaffen. 57 Zwischenstationen wurden erbaut. Ferner mußten die Schwellen größere Abmessungen erhalten und die Kiesbettung bis auf 0·22 Faden (0·469 m) verstärkt werden. Die Arbeiten sollten in 5-8 Jahren vollendet sein. Während sie in vollem Gang begriffen waren und der Betrieb allmählich günstig beeinflußt wurde, stellte es sich heraus, daß mit Rücksicht auf das Profil der Bergstrecken die Zugbelastung eine so ungleichmäßige war, daß auch hierdurch eine nicht unerhebliche Behinderung dem Betrieb erwuchs. Es handelte sich um die Strecken Atschinsk-Nishneudinsk 699 Werst (= 746 km) und Sima-Polowina 138 Werst (= 147 km), auf denen Steigungen bis 0·0174 und kleinste Krümmungshalbmesser von 120 Faden (256 m) zugelassen waren. 1903 wurde eine Besserung dieser Verhältnisse beschlossen. Bald darauf brach der Krieg gegen Japan aus und die Arbeiten wurden zunächst verschoben. Aber im Krieg stellte sich die geringe Leistungsfähigkeit mit ihren bedenklichen Folgen für die Kriegführung heraus und nun wurde außer dem Umbau der Gebirgsstrecken auch ein 2gleisiger Ausbau der gesamten Bahn von Omsk bis Tanchoi auf die Tagesordnung gesetzt. Bereits 1906 wurde die Durchführung dieser großen, umfangreichen und mehr als 200 Mill. Rubel in Anspruch nehmenden Arbeiten beschlossen und gleich im nächsten Jahre wurde mit dem Bau begonnen. So weit bekannt, ist der zweigleisige Ausbau bis Karymskaja (Abzweigestation zur chinesischen Grenze) durchgeführt, so daß von der Station Karymskaja, woselbst die Amur- und die chinesische Ostbahn zusammentreffen, bis Omsk, woselbst eine Teilung des sibirischen Verkehrs über Tjumen und Tscheljäbinsk stattfindet, bereits gegenwärtig ein zweigleisiger Betrieb durchgeführt wird.

Neben diesen gewaltigen Umbauten sind an der Ussuribahn, die zurzeit sich im Betrieb der chinesischen Ostbahn befindet, umfangreiche Bauten, um

Dieses Mal unter der ausdrücklichen Begründung, Rußland müsse, sicher vor feindlichen Kanonen Wladiwostok, den Stillen Ozean erreichen können. Das Ziel wird aller Wahrscheinlichkeit nach bald erreicht sein, wenngleich an der allerempfindlichsten Stelle, beim Überschreiten des Amurstroms auf einer großen Brücke bei Chabarowsk die Bahn ganz nahe an die Grenze herantritt.

Gleichzeitig mit dem Bau der S. förderte die Staatsregierung eine große Zahl von „Hilfsunternehmungen“, die dazu bestimmt waren, die wirtschaftliche Entwicklung zu beleben, zum Teil diese erst zu ermöglichen. Hierher gehört in erster Reihe die Besiedelung des Landes mit Bauern aus dem europäischen Rußland. Soweit es sich bisher übersehen läßt, ist das Werk tatsächlich in seinen Hauptpunkten geglückt. Der Ansiedlerstrom bewegte sich regelmäßig und mächtig dorthin. Allerdings hat die Staatsregierung durch Wegebauten, landwirtschaftliche Schulen, Niederlagen landwirtschaftlicher Maschinen und sonstiger Bedarfsgegenstände, geologische Untersuchungen, Schiffbarmachung von Flußläufen, Hilfsleistung durch Geldunterstützungen und Darlehen bei Errichtung der Ansiedelungen viel getan, um das Einleben der Siedler und deren wirtschaftliches Gedeihen zu fördern. Neben dieser wichtigen Vorbedingung für die Hebung von Ackerbau, Viehzucht und Gewerbe ging die Erziehung in Schule und Kirche gleichmäßig einher.

Alle diese Aufgaben zu lösen, war um so schwieriger, als der weitaus größte Teil des Landes, der erschlossen werden sollte, eine völlig menschenleere Einöde war. Daß es trotzdem gelungen ist, die Produktivität des Landes in so kurzer Zeit so gewaltig zu heben, ist zweifellos ein glänzendes Zeugnis für die Fähigkeit des russischen Volkes auf kolonisatorischem Gebiet.

Die Rückwirkung dieser Unternehmungen kommt in dem wachsenden Verkehr deutlich zum Ausdruck. So groß und schnell ist der Verkehr auf der Bahn gewachsen, daß diese den Anforderungen bald nicht mehr zu genügen vermochte und den Ausbau eines zweiten Gleises bis Karymskaja, Anschlußstation für die chinesische Ostbahn, und den Umbau der Gebirgsstrecke notwendig machte.

Dieser sehr schnell wachsenden Verkehrszunahme und den damit gleichermaßen wachsenden Verwaltungsgeschäften ist es wohl auch zuzuschreiben, daß die bisher unter dem Namen S. zusammengefaßte Teilstrecke Tscheljäbinsk-Innokentjewskaja in 2 Verwaltungsbezirke zerlegt worden ist. Es sind nunmehr an Stelle der „Sibirischen Eisenbahnverwaltung“ eine in Omsk und eine in Tomsk getreten. Zum Bezirk Omsk gehören die Strecken: Tscheljäbinsk-Nowonikolajewsk (frühere S.), ferner Jekaterinburg-Tjumen, Bogdanowitsch-Ssinarskaja, Jekaterinburg-Tscheljäbinsk, zusammen 2549 Werst (2720 km). Zum Bezirk Tomsk gehören die Strecken: Nowonikolajewsk-Innokentjewskaja, Taiga-Tomsk, zusammen 1821 Werst (1943 km).

II. Bau und Ausrüstung.

A. Bau.

Allgemeines zum Bau.

Die S. hat russische Normalspur 0·714 Faden (= 1·523 m). Auf der Strecke Tscheljäbinsk-Ssrjetensk sind Schienen von 18 Pfund auf den laufenden Fuß verlegt worden. Die Schienen erwiesen sich sehr bald als viel zu leicht. Schienenbrüche häuften sich, die auch durch Erhöhung der Zahl der Schwellen nicht verhindert werden konnten, so daß schon 1899 mit dem Ersatz dieser leichten Schienen durch solche von 24 und 24 1/3 Pfund auf den laufenden Fuß vorgegangen werden mußte. Es waren aber nicht nur die zu schwachen Schienen der Entwicklung des Betriebs hinderlich, sondern ebenso bildeten die hölzernen Brücken, die viel zu kleinen Stationsanlagen, die übermäßig großen Abstände der Stationen voneinander, die ungenügenden Vorkehrungen für die Wässerversorgung die wichtigsten Hindernisse. Kurz bereits in den Jahren 1898/99 wurden alle diese Mängel festgestellt und gleichzeitig beschlossen, Abhilfe zu schaffen. 57 Zwischenstationen wurden erbaut. Ferner mußten die Schwellen größere Abmessungen erhalten und die Kiesbettung bis auf 0·22 Faden (0·469 m) verstärkt werden. Die Arbeiten sollten in 5–8 Jahren vollendet sein. Während sie in vollem Gang begriffen waren und der Betrieb allmählich günstig beeinflußt wurde, stellte es sich heraus, daß mit Rücksicht auf das Profil der Bergstrecken die Zugbelastung eine so ungleichmäßige war, daß auch hierdurch eine nicht unerhebliche Behinderung dem Betrieb erwuchs. Es handelte sich um die Strecken Atschinsk-Nishneudinsk 699 Werst (= 746 km) und Sima-Polowina 138 Werst (= 147 km), auf denen Steigungen bis 0·0174 und kleinste Krümmungshalbmesser von 120 Faden (256 m) zugelassen waren. 1903 wurde eine Besserung dieser Verhältnisse beschlossen. Bald darauf brach der Krieg gegen Japan aus und die Arbeiten wurden zunächst verschoben. Aber im Krieg stellte sich die geringe Leistungsfähigkeit mit ihren bedenklichen Folgen für die Kriegführung heraus und nun wurde außer dem Umbau der Gebirgsstrecken auch ein 2gleisiger Ausbau der gesamten Bahn von Omsk bis Tanchoi auf die Tagesordnung gesetzt. Bereits 1906 wurde die Durchführung dieser großen, umfangreichen und mehr als 200 Mill. Rubel in Anspruch nehmenden Arbeiten beschlossen und gleich im nächsten Jahre wurde mit dem Bau begonnen. So weit bekannt, ist der zweigleisige Ausbau bis Karymskaja (Abzweigestation zur chinesischen Grenze) durchgeführt, so daß von der Station Karymskaja, woselbst die Amur- und die chinesische Ostbahn zusammentreffen, bis Omsk, woselbst eine Teilung des sibirischen Verkehrs über Tjumen und Tscheljäbinsk stattfindet, bereits gegenwärtig ein zweigleisiger Betrieb durchgeführt wird.

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[39/0042] Dieses Mal unter der ausdrücklichen Begründung, Rußland müsse, sicher vor feindlichen Kanonen Wladiwostok, den Stillen Ozean erreichen können. Das Ziel wird aller Wahrscheinlichkeit nach bald erreicht sein, wenngleich an der allerempfindlichsten Stelle, beim Überschreiten des Amurstroms auf einer großen Brücke bei Chabarowsk die Bahn ganz nahe an die Grenze herantritt. Gleichzeitig mit dem Bau der S. förderte die Staatsregierung eine große Zahl von „Hilfsunternehmungen“, die dazu bestimmt waren, die wirtschaftliche Entwicklung zu beleben, zum Teil diese erst zu ermöglichen. Hierher gehört in erster Reihe die Besiedelung des Landes mit Bauern aus dem europäischen Rußland. Soweit es sich bisher übersehen läßt, ist das Werk tatsächlich in seinen Hauptpunkten geglückt. Der Ansiedlerstrom bewegte sich regelmäßig und mächtig dorthin. Allerdings hat die Staatsregierung durch Wegebauten, landwirtschaftliche Schulen, Niederlagen landwirtschaftlicher Maschinen und sonstiger Bedarfsgegenstände, geologische Untersuchungen, Schiffbarmachung von Flußläufen, Hilfsleistung durch Geldunterstützungen und Darlehen bei Errichtung der Ansiedelungen viel getan, um das Einleben der Siedler und deren wirtschaftliches Gedeihen zu fördern. Neben dieser wichtigen Vorbedingung für die Hebung von Ackerbau, Viehzucht und Gewerbe ging die Erziehung in Schule und Kirche gleichmäßig einher. Alle diese Aufgaben zu lösen, war um so schwieriger, als der weitaus größte Teil des Landes, der erschlossen werden sollte, eine völlig menschenleere Einöde war. Daß es trotzdem gelungen ist, die Produktivität des Landes in so kurzer Zeit so gewaltig zu heben, ist zweifellos ein glänzendes Zeugnis für die Fähigkeit des russischen Volkes auf kolonisatorischem Gebiet. Die Rückwirkung dieser Unternehmungen kommt in dem wachsenden Verkehr deutlich zum Ausdruck. So groß und schnell ist der Verkehr auf der Bahn gewachsen, daß diese den Anforderungen bald nicht mehr zu genügen vermochte und den Ausbau eines zweiten Gleises bis Karymskaja, Anschlußstation für die chinesische Ostbahn, und den Umbau der Gebirgsstrecke notwendig machte. Dieser sehr schnell wachsenden Verkehrszunahme und den damit gleichermaßen wachsenden Verwaltungsgeschäften ist es wohl auch zuzuschreiben, daß die bisher unter dem Namen S. zusammengefaßte Teilstrecke Tscheljäbinsk-Innokentjewskaja in 2 Verwaltungsbezirke zerlegt worden ist. Es sind nunmehr an Stelle der „Sibirischen Eisenbahnverwaltung“ eine in Omsk und eine in Tomsk getreten. Zum Bezirk Omsk gehören die Strecken: Tscheljäbinsk-Nowonikolajewsk (frühere S.), ferner Jekaterinburg-Tjumen, Bogdanowitsch-Ssinarskaja, Jekaterinburg-Tscheljäbinsk, zusammen 2549 Werst (2720 km). Zum Bezirk Tomsk gehören die Strecken: Nowonikolajewsk-Innokentjewskaja, Taiga-Tomsk, zusammen 1821 Werst (1943 km). II. Bau und Ausrüstung. A. Bau. Allgemeines zum Bau. Die S. hat russische Normalspur 0·714 Faden (= 1·523 m). Auf der Strecke Tscheljäbinsk-Ssrjetensk sind Schienen von 18 Pfund auf den laufenden Fuß verlegt worden. Die Schienen erwiesen sich sehr bald als viel zu leicht. Schienenbrüche häuften sich, die auch durch Erhöhung der Zahl der Schwellen nicht verhindert werden konnten, so daß schon 1899 mit dem Ersatz dieser leichten Schienen durch solche von 24 und 24 1/3 Pfund auf den laufenden Fuß vorgegangen werden mußte. Es waren aber nicht nur die zu schwachen Schienen der Entwicklung des Betriebs hinderlich, sondern ebenso bildeten die hölzernen Brücken, die viel zu kleinen Stationsanlagen, die übermäßig großen Abstände der Stationen voneinander, die ungenügenden Vorkehrungen für die Wässerversorgung die wichtigsten Hindernisse. Kurz bereits in den Jahren 1898/99 wurden alle diese Mängel festgestellt und gleichzeitig beschlossen, Abhilfe zu schaffen. 57 Zwischenstationen wurden erbaut. Ferner mußten die Schwellen größere Abmessungen erhalten und die Kiesbettung bis auf 0·22 Faden (0·469 m) verstärkt werden. Die Arbeiten sollten in 5–8 Jahren vollendet sein. Während sie in vollem Gang begriffen waren und der Betrieb allmählich günstig beeinflußt wurde, stellte es sich heraus, daß mit Rücksicht auf das Profil der Bergstrecken die Zugbelastung eine so ungleichmäßige war, daß auch hierdurch eine nicht unerhebliche Behinderung dem Betrieb erwuchs. Es handelte sich um die Strecken Atschinsk-Nishneudinsk 699 Werst (= 746 km) und Sima-Polowina 138 Werst (= 147 km), auf denen Steigungen bis 0·0174 und kleinste Krümmungshalbmesser von 120 Faden (256 m) zugelassen waren. 1903 wurde eine Besserung dieser Verhältnisse beschlossen. Bald darauf brach der Krieg gegen Japan aus und die Arbeiten wurden zunächst verschoben. Aber im Krieg stellte sich die geringe Leistungsfähigkeit mit ihren bedenklichen Folgen für die Kriegführung heraus und nun wurde außer dem Umbau der Gebirgsstrecken auch ein 2gleisiger Ausbau der gesamten Bahn von Omsk bis Tanchoi auf die Tagesordnung gesetzt. Bereits 1906 wurde die Durchführung dieser großen, umfangreichen und mehr als 200 Mill. Rubel in Anspruch nehmenden Arbeiten beschlossen und gleich im nächsten Jahre wurde mit dem Bau begonnen. So weit bekannt, ist der zweigleisige Ausbau bis Karymskaja (Abzweigestation zur chinesischen Grenze) durchgeführt, so daß von der Station Karymskaja, woselbst die Amur- und die chinesische Ostbahn zusammentreffen, bis Omsk, woselbst eine Teilung des sibirischen Verkehrs über Tjumen und Tscheljäbinsk stattfindet, bereits gegenwärtig ein zweigleisiger Betrieb durchgeführt wird. Neben diesen gewaltigen Umbauten sind an der Ussuribahn, die zurzeit sich im Betrieb der chinesischen Ostbahn befindet, umfangreiche Bauten, um

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 9. Berlin, Wien, 1921, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen09_1921/42>, abgerufen am 03.12.2024.