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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 10. Berlin, Wien, 1923.

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erhielt. Ihr unterstanden für die Bahnunterhaltung noch Eisenbahnbaumeister oder Bauinspektoren. Außer den Eisenbahnbetriebsämtern waren auch die Hauptwerkstätten und Eisenbahnbaukommissionen für den Neubau den Eisenbahndirektionen unmittelbar unterstellt. In den Eisenbahndirektionen wurde die Trennung zwischen der kollegialen Verwaltung und den ausführenden, Oberbeamten 1873 aufgegeben, ihre Geschäfte wurden den Mitgliedern der Direktion mit übertragen. 1879 wurde auch die Kollegialverfassung durch das Präsidialsystem ersetzt und eine Gliederung der Eisenbahndirektionen in drei Abteilungen vorgenommen.

c) Die gemischte deutsche und englische Organisationsform.

In Preußen und Bayern hat sich in der Folge (1895 bzw. 1907) eine neue, allerdings auf ältere Formen zurückgreifende organisatorische Type herausgebildet, die ein Zwischengebilde darstellt zwischen dem englischen persönlichen - bei den meisten Privatbahnunternehmungen üblichen - Fachverwaltungssystem und dem deutschen unpersönlichen, an die allgemeine Staatsverwaltung angelehnten System der Dienststellen mit Spartenvereinigung. Das Dienststellensystem wird verwendet bei der Bildung der großen Verwaltungsstellen in der Ministerial- und Direktionsinstanz, die alle Verwaltungszweige umfassen, mit einem ausgedehnten Stabe von höheren Beamten besetzt, aber einheitlich von einem für die gesamte Geschäftsführung verantwortlichen Chef geleitet sind. Dagegen wird das englische Verwaltungssystem angewendet bei der Bildung der zwischen der Eisenbahndirektion und den äußeren Vollzugsstellen liegenden Verwaltungsinstanz, indem hier der Dienst innerhalb örtlicher Bezirke in seine natürlichen Zweige - Betrieb-, Verkehr-, Bau-, Maschinen- und Werkstättenwesen - aufgelöst und je mit einem selbständigen Oberbeamten besetzt wird, der seine Geschäfte zu einem großen Teil persönlich und mündlich erledigt und nur wenige, dem mittleren Dienst entnommene Nebenbeamte besitzt.

Die preußische Organisation von 1879 hatte die großen Eisenbahnverstaatlichungen der Siebzigerjahre aufzunehmen. Die neuerworbenen Privatbahnen wurden zunächst im wesentlichen in ihrer bisherigen Gestalt in die staatliche V. eingefügt. Die Zunahme der Verwaltungsaufgaben im Staatsbahnsystem und der seit 1886 einsetzende Verkehrsaufschwung begann den Verwaltungsorganismus zu überlasten. 1895 bestanden 11 Eisenbahndirektionen von durchschnittlich 2400 km Betriebslänge. Mit ihrer inneren Gliederung nach Abteilungen und Referaten waren sie zu schwerfällig geworden. Es fehlte auch an einer wirksamen Zuständigkeitsausscheidung zwischen den 3 Verwaltungsinstanzen Ministerium, Eisenbahndirektionen und Eisenbahnbetriebsämtern. So wurde die V. umständlich und teuer, sie krankte an dem Übel der Doppelarbeit. 1895 wurde eine Neuordnung eingeführt, die Zahl der Eisenbahndirektionen auf 20 (mit einer durchschnittlichen Größe von 1300 km) erhöht, die Abteilungen wurden beseitigt und in der untersten Verwaltungsinstanz das Betriebsämtersystem wieder durch die englische Verwaltungstype ersetzt, indem als Hilfsorgane der Eisenbahndirektion nach Dienstzweigen getrennte Inspektionen, nämlich Betriebsinspektionen für Bau und Betrieb, Verkehrs-, Maschinen- und Werkstätteninspektionen eingerichtet wurden1.

Dem Beispiel Preußens ist 1907 auch Bayern gefolgt. Dort wurden nach Bildung eines Verkehrsministeriums die Generaldirektion der Staatseisenbahnen und die 10 Eisenbahnbetriebsdirektionen aufgehoben und durch 5 Eisenbahndirektionen ersetzt. Den Eisenbahndirektionen wurden Inspektionen für Betrieb, Bau, Maschinen- und Werkstättenwesen untergeordnet.

d) Neueste Entwicklung.

Der Weltkrieg und die politischen Umwälzungen, die ihm gefolgt sind, haben auch die Organisation des Eisenbahnwesens der Kulturstaaten in Mitleidenschaft gezogen, wenn es auch noch nicht zu fertigen organisatorischen Neubildungen gekommen ist. Dabei lassen sich vor allem folgende Entwicklungsrichtungen erkennen: 1. Der Zug nach der größeren Wirtschaftseinheit. 2. Innerhalb der Vereinheitlichung die Forderung der Bildung großer Gruppensysteme.

So hat in Deutschland die Vereinheitlichungstendenz zur Übertragung der Staatseisenbahnen auf das Reich, gleichzeitig aber auch zu der Forderung geführt, das Reichseisenbahnsystem in große, leistungsfähige und mit weitgehender Selbständigkeit ausgestattete Gruppenverwaltungen zu zerlegen. Hand in Hand damit geht die weitere Forderung, die obrigkeitliche Verwaltung durch die kaufmännische Gesellschaftsform auf gemeinwirtschaftlicher Grundlage zu ersetzen und dadurch die organisatorischen Formen der Privatunternehmungen mit ihrer größeren Selbständigkeit und freieren Beweglichkeit für die öffentlichen Verkehrsunternehmungen nutzbar zu machen.

Während so in Deutschland eine gewisse Reaktion gegen das reine Staatsbahnsystem sich geltend macht und eine Annäherung an die organisatorischen Formen der Privatunternehmung gefördert wird, ist in den Ländern des Privatbahnsystems zwar die endgültige Verstaatlichung grundsätzlich abgelehnt, dafür aber eine wesentliche Verstärkung des staatlichen Einflusses auf das Eisenbahnwesen des Landes durchgesetzt worden.

In Frankreich soll der Sozialisierungsgedanke eine ganz neue, kühn gedachte Lösung finden durch das im Dezember 1920 von der Kammer der Abgeordneten angenommene Gesetz über die Neuorganisation der Eisenbahnen. Die bestehenden 7 großen Eisenbahnsysteme sollen zwar aufrechterhalten, jedoch betrieblich und finanziell vereinheitlicht, unter eine weitgehende Kontrolle der Allgemeinheit gestellt, gleichzeitig aber auch das Personal sowie die bisherigen Aktionäre am Ertrag der Unternehmen beteiligt werden.

Auch England und Amerika scheinen sich auf dem Weg zu ähnlichen Lösungen zu befinden. Der Übergang zum Staatsbetrieb wird auch dort abgelehnt, dagegen die Vereinigung der zahlreichen Eisenbahngesellschaften zu großen Gruppen, die

1 Die "Inspektionen" haben in der Folge die Bezeichnung "Ämter" erhalten.

erhielt. Ihr unterstanden für die Bahnunterhaltung noch Eisenbahnbaumeister oder Bauinspektoren. Außer den Eisenbahnbetriebsämtern waren auch die Hauptwerkstätten und Eisenbahnbaukommissionen für den Neubau den Eisenbahndirektionen unmittelbar unterstellt. In den Eisenbahndirektionen wurde die Trennung zwischen der kollegialen Verwaltung und den ausführenden, Oberbeamten 1873 aufgegeben, ihre Geschäfte wurden den Mitgliedern der Direktion mit übertragen. 1879 wurde auch die Kollegialverfassung durch das Präsidialsystem ersetzt und eine Gliederung der Eisenbahndirektionen in drei Abteilungen vorgenommen.

c) Die gemischte deutsche und englische Organisationsform.

In Preußen und Bayern hat sich in der Folge (1895 bzw. 1907) eine neue, allerdings auf ältere Formen zurückgreifende organisatorische Type herausgebildet, die ein Zwischengebilde darstellt zwischen dem englischen persönlichen – bei den meisten Privatbahnunternehmungen üblichen – Fachverwaltungssystem und dem deutschen unpersönlichen, an die allgemeine Staatsverwaltung angelehnten System der Dienststellen mit Spartenvereinigung. Das Dienststellensystem wird verwendet bei der Bildung der großen Verwaltungsstellen in der Ministerial- und Direktionsinstanz, die alle Verwaltungszweige umfassen, mit einem ausgedehnten Stabe von höheren Beamten besetzt, aber einheitlich von einem für die gesamte Geschäftsführung verantwortlichen Chef geleitet sind. Dagegen wird das englische Verwaltungssystem angewendet bei der Bildung der zwischen der Eisenbahndirektion und den äußeren Vollzugsstellen liegenden Verwaltungsinstanz, indem hier der Dienst innerhalb örtlicher Bezirke in seine natürlichen Zweige – Betrieb-, Verkehr-, Bau-, Maschinen- und Werkstättenwesen – aufgelöst und je mit einem selbständigen Oberbeamten besetzt wird, der seine Geschäfte zu einem großen Teil persönlich und mündlich erledigt und nur wenige, dem mittleren Dienst entnommene Nebenbeamte besitzt.

Die preußische Organisation von 1879 hatte die großen Eisenbahnverstaatlichungen der Siebzigerjahre aufzunehmen. Die neuerworbenen Privatbahnen wurden zunächst im wesentlichen in ihrer bisherigen Gestalt in die staatliche V. eingefügt. Die Zunahme der Verwaltungsaufgaben im Staatsbahnsystem und der seit 1886 einsetzende Verkehrsaufschwung begann den Verwaltungsorganismus zu überlasten. 1895 bestanden 11 Eisenbahndirektionen von durchschnittlich 2400 km Betriebslänge. Mit ihrer inneren Gliederung nach Abteilungen und Referaten waren sie zu schwerfällig geworden. Es fehlte auch an einer wirksamen Zuständigkeitsausscheidung zwischen den 3 Verwaltungsinstanzen Ministerium, Eisenbahndirektionen und Eisenbahnbetriebsämtern. So wurde die V. umständlich und teuer, sie krankte an dem Übel der Doppelarbeit. 1895 wurde eine Neuordnung eingeführt, die Zahl der Eisenbahndirektionen auf 20 (mit einer durchschnittlichen Größe von 1300 km) erhöht, die Abteilungen wurden beseitigt und in der untersten Verwaltungsinstanz das Betriebsämtersystem wieder durch die englische Verwaltungstype ersetzt, indem als Hilfsorgane der Eisenbahndirektion nach Dienstzweigen getrennte Inspektionen, nämlich Betriebsinspektionen für Bau und Betrieb, Verkehrs-, Maschinen- und Werkstätteninspektionen eingerichtet wurden1.

Dem Beispiel Preußens ist 1907 auch Bayern gefolgt. Dort wurden nach Bildung eines Verkehrsministeriums die Generaldirektion der Staatseisenbahnen und die 10 Eisenbahnbetriebsdirektionen aufgehoben und durch 5 Eisenbahndirektionen ersetzt. Den Eisenbahndirektionen wurden Inspektionen für Betrieb, Bau, Maschinen- und Werkstättenwesen untergeordnet.

d) Neueste Entwicklung.

Der Weltkrieg und die politischen Umwälzungen, die ihm gefolgt sind, haben auch die Organisation des Eisenbahnwesens der Kulturstaaten in Mitleidenschaft gezogen, wenn es auch noch nicht zu fertigen organisatorischen Neubildungen gekommen ist. Dabei lassen sich vor allem folgende Entwicklungsrichtungen erkennen: 1. Der Zug nach der größeren Wirtschaftseinheit. 2. Innerhalb der Vereinheitlichung die Forderung der Bildung großer Gruppensysteme.

So hat in Deutschland die Vereinheitlichungstendenz zur Übertragung der Staatseisenbahnen auf das Reich, gleichzeitig aber auch zu der Forderung geführt, das Reichseisenbahnsystem in große, leistungsfähige und mit weitgehender Selbständigkeit ausgestattete Gruppenverwaltungen zu zerlegen. Hand in Hand damit geht die weitere Forderung, die obrigkeitliche Verwaltung durch die kaufmännische Gesellschaftsform auf gemeinwirtschaftlicher Grundlage zu ersetzen und dadurch die organisatorischen Formen der Privatunternehmungen mit ihrer größeren Selbständigkeit und freieren Beweglichkeit für die öffentlichen Verkehrsunternehmungen nutzbar zu machen.

Während so in Deutschland eine gewisse Reaktion gegen das reine Staatsbahnsystem sich geltend macht und eine Annäherung an die organisatorischen Formen der Privatunternehmung gefördert wird, ist in den Ländern des Privatbahnsystems zwar die endgültige Verstaatlichung grundsätzlich abgelehnt, dafür aber eine wesentliche Verstärkung des staatlichen Einflusses auf das Eisenbahnwesen des Landes durchgesetzt worden.

In Frankreich soll der Sozialisierungsgedanke eine ganz neue, kühn gedachte Lösung finden durch das im Dezember 1920 von der Kammer der Abgeordneten angenommene Gesetz über die Neuorganisation der Eisenbahnen. Die bestehenden 7 großen Eisenbahnsysteme sollen zwar aufrechterhalten, jedoch betrieblich und finanziell vereinheitlicht, unter eine weitgehende Kontrolle der Allgemeinheit gestellt, gleichzeitig aber auch das Personal sowie die bisherigen Aktionäre am Ertrag der Unternehmen beteiligt werden.

Auch England und Amerika scheinen sich auf dem Weg zu ähnlichen Lösungen zu befinden. Der Übergang zum Staatsbetrieb wird auch dort abgelehnt, dagegen die Vereinigung der zahlreichen Eisenbahngesellschaften zu großen Gruppen, die

1 Die „Inspektionen“ haben in der Folge die Bezeichnung „Ämter“ erhalten.
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[157/0172] erhielt. Ihr unterstanden für die Bahnunterhaltung noch Eisenbahnbaumeister oder Bauinspektoren. Außer den Eisenbahnbetriebsämtern waren auch die Hauptwerkstätten und Eisenbahnbaukommissionen für den Neubau den Eisenbahndirektionen unmittelbar unterstellt. In den Eisenbahndirektionen wurde die Trennung zwischen der kollegialen Verwaltung und den ausführenden, Oberbeamten 1873 aufgegeben, ihre Geschäfte wurden den Mitgliedern der Direktion mit übertragen. 1879 wurde auch die Kollegialverfassung durch das Präsidialsystem ersetzt und eine Gliederung der Eisenbahndirektionen in drei Abteilungen vorgenommen. c) Die gemischte deutsche und englische Organisationsform. In Preußen und Bayern hat sich in der Folge (1895 bzw. 1907) eine neue, allerdings auf ältere Formen zurückgreifende organisatorische Type herausgebildet, die ein Zwischengebilde darstellt zwischen dem englischen persönlichen – bei den meisten Privatbahnunternehmungen üblichen – Fachverwaltungssystem und dem deutschen unpersönlichen, an die allgemeine Staatsverwaltung angelehnten System der Dienststellen mit Spartenvereinigung. Das Dienststellensystem wird verwendet bei der Bildung der großen Verwaltungsstellen in der Ministerial- und Direktionsinstanz, die alle Verwaltungszweige umfassen, mit einem ausgedehnten Stabe von höheren Beamten besetzt, aber einheitlich von einem für die gesamte Geschäftsführung verantwortlichen Chef geleitet sind. Dagegen wird das englische Verwaltungssystem angewendet bei der Bildung der zwischen der Eisenbahndirektion und den äußeren Vollzugsstellen liegenden Verwaltungsinstanz, indem hier der Dienst innerhalb örtlicher Bezirke in seine natürlichen Zweige – Betrieb-, Verkehr-, Bau-, Maschinen- und Werkstättenwesen – aufgelöst und je mit einem selbständigen Oberbeamten besetzt wird, der seine Geschäfte zu einem großen Teil persönlich und mündlich erledigt und nur wenige, dem mittleren Dienst entnommene Nebenbeamte besitzt. Die preußische Organisation von 1879 hatte die großen Eisenbahnverstaatlichungen der Siebzigerjahre aufzunehmen. Die neuerworbenen Privatbahnen wurden zunächst im wesentlichen in ihrer bisherigen Gestalt in die staatliche V. eingefügt. Die Zunahme der Verwaltungsaufgaben im Staatsbahnsystem und der seit 1886 einsetzende Verkehrsaufschwung begann den Verwaltungsorganismus zu überlasten. 1895 bestanden 11 Eisenbahndirektionen von durchschnittlich 2400 km Betriebslänge. Mit ihrer inneren Gliederung nach Abteilungen und Referaten waren sie zu schwerfällig geworden. Es fehlte auch an einer wirksamen Zuständigkeitsausscheidung zwischen den 3 Verwaltungsinstanzen Ministerium, Eisenbahndirektionen und Eisenbahnbetriebsämtern. So wurde die V. umständlich und teuer, sie krankte an dem Übel der Doppelarbeit. 1895 wurde eine Neuordnung eingeführt, die Zahl der Eisenbahndirektionen auf 20 (mit einer durchschnittlichen Größe von 1300 km) erhöht, die Abteilungen wurden beseitigt und in der untersten Verwaltungsinstanz das Betriebsämtersystem wieder durch die englische Verwaltungstype ersetzt, indem als Hilfsorgane der Eisenbahndirektion nach Dienstzweigen getrennte Inspektionen, nämlich Betriebsinspektionen für Bau und Betrieb, Verkehrs-, Maschinen- und Werkstätteninspektionen eingerichtet wurden 1. Dem Beispiel Preußens ist 1907 auch Bayern gefolgt. Dort wurden nach Bildung eines Verkehrsministeriums die Generaldirektion der Staatseisenbahnen und die 10 Eisenbahnbetriebsdirektionen aufgehoben und durch 5 Eisenbahndirektionen ersetzt. Den Eisenbahndirektionen wurden Inspektionen für Betrieb, Bau, Maschinen- und Werkstättenwesen untergeordnet. d) Neueste Entwicklung. Der Weltkrieg und die politischen Umwälzungen, die ihm gefolgt sind, haben auch die Organisation des Eisenbahnwesens der Kulturstaaten in Mitleidenschaft gezogen, wenn es auch noch nicht zu fertigen organisatorischen Neubildungen gekommen ist. Dabei lassen sich vor allem folgende Entwicklungsrichtungen erkennen: 1. Der Zug nach der größeren Wirtschaftseinheit. 2. Innerhalb der Vereinheitlichung die Forderung der Bildung großer Gruppensysteme. So hat in Deutschland die Vereinheitlichungstendenz zur Übertragung der Staatseisenbahnen auf das Reich, gleichzeitig aber auch zu der Forderung geführt, das Reichseisenbahnsystem in große, leistungsfähige und mit weitgehender Selbständigkeit ausgestattete Gruppenverwaltungen zu zerlegen. Hand in Hand damit geht die weitere Forderung, die obrigkeitliche Verwaltung durch die kaufmännische Gesellschaftsform auf gemeinwirtschaftlicher Grundlage zu ersetzen und dadurch die organisatorischen Formen der Privatunternehmungen mit ihrer größeren Selbständigkeit und freieren Beweglichkeit für die öffentlichen Verkehrsunternehmungen nutzbar zu machen. Während so in Deutschland eine gewisse Reaktion gegen das reine Staatsbahnsystem sich geltend macht und eine Annäherung an die organisatorischen Formen der Privatunternehmung gefördert wird, ist in den Ländern des Privatbahnsystems zwar die endgültige Verstaatlichung grundsätzlich abgelehnt, dafür aber eine wesentliche Verstärkung des staatlichen Einflusses auf das Eisenbahnwesen des Landes durchgesetzt worden. In Frankreich soll der Sozialisierungsgedanke eine ganz neue, kühn gedachte Lösung finden durch das im Dezember 1920 von der Kammer der Abgeordneten angenommene Gesetz über die Neuorganisation der Eisenbahnen. Die bestehenden 7 großen Eisenbahnsysteme sollen zwar aufrechterhalten, jedoch betrieblich und finanziell vereinheitlicht, unter eine weitgehende Kontrolle der Allgemeinheit gestellt, gleichzeitig aber auch das Personal sowie die bisherigen Aktionäre am Ertrag der Unternehmen beteiligt werden. Auch England und Amerika scheinen sich auf dem Weg zu ähnlichen Lösungen zu befinden. Der Übergang zum Staatsbetrieb wird auch dort abgelehnt, dagegen die Vereinigung der zahlreichen Eisenbahngesellschaften zu großen Gruppen, die 1 Die „Inspektionen“ haben in der Folge die Bezeichnung „Ämter“ erhalten.

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 10. Berlin, Wien, 1923, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen10_1923/172>, abgerufen am 18.12.2024.