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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 10. Berlin, Wien, 1923.

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gemacht. Überdies erfordern die Betriebsunfälle, insbesondere was die Beseitigung der Folgen und die Verhütung der U. betrifft, besondere Vorkehrungen. Die beim Bau und bei Nebenbetrieben vorkommenden U. unterliegen dagegen den allgemeinen, meist gesetzlichen Vorschriften, die für U. bei ähnlichen Arbeiten und Betrieben in bezug auf Anzeigepflicht, Vorsichtsmaßregeln u. s. w. bestehen.

B. Betriebsunfälle (accidents; accidents d'exploitation; accidenti d'esercizio) sind die bei der Bewegung der Eisenbahnfahrzeuge vorkommenden außergewöhnlichen Ereignisse, durch die eine Beschädigung von Personen oder Sachen oder die unmittelbare Gefahr einer solchen herbeigeführt wird. Sie lassen sich nach der Entstehungsursache in folgende Hauptgruppen einteilen:

1. Betriebsunfälle infolge von Witterungseinflüssen, als Blitz, Erdbeben, Sturm, Nebel, Wolkenbrüche, Lawinen- und Bergstürze, Felsabrutschungen, Überflutungen, Schneeverwehungen u. s. w. (s. auch Betriebsstörungen);

2. Betriebsunfälle infolge böswilliger oder mutwilliger Handlungen (s. Eisenbahnstrafrecht), ferner solche, die im Kriegsfall von Feindeshand hervorgerufen werden;

3. Betriebsunfälle infolge mangelhaften Zustandes der Fahrbahn, der Bauwerke, Betriebsmittel und sonstiger Vorrichtungen;

4. Betriebsunfälle infolge von Verfehlungen der Bediensteten in der Ausübung des Betriebsdienstes;

5. sonstige Betriebsunfälle, die bei der Bewegung von Eisenbahnfahrzeugen vorkommen, z. B. Tötungen und Verletzungen durch Überfahren, durch Stöße in, auf oder neben Fahrzeugen, durch Aufspringen oder Aufsteigen, durch Herabfallen, Abspringen oder Absteigen, Ausgleiten, Straucheln oder Fallen, beim Kuppeln der Fahrzeuge, Wagenschieben, Bremsen u. s. w.

Durch die in der ersten Gruppe angegebenen Ursachen werden verhältnismäßig nur sehr wenige U. hervorgerufen. Früher wurde vielfach die Blitzgefahr für die fahrenden Züge wegen der in ihnen enthaltenen Metallmassen gefürchtet. Nur ganz vereinzelte Fälle mit geringen Folgen sind bekannt geworden. Durch Erdbeben sind zwar vielfach Zerstörungen an Bahnanlagen und dadurch Zugunfälle veranlaßt worden, erheblichen Umfang haben aber auch diese Art Betriebsunfälle nicht angenommen. Durch heftigen Sturmwind sind mehrfach, besonders auf Schmalspurbahnen, einzelne Wagen in fahrenden Zügen umgeworfen worden, u. zw. nicht nur, wie manchmal behauptet wird, in Amerika, sondern auch in Deutschland und in Österreich.

Die Zahl der Betriebsunfälle in der zweiten Gruppe, die durch Böswilligkeit hervorgerufen werden, ist nicht groß; noch seltener sind mutwillige Beschädigungen oder Fahrtbehinderungen.

Häufiger sind die Betriebsunfälle in der dritten und vierten Gruppe und am zahlreichsten die der fünften Gruppe.

Der Form nach lassen sich die Betriebsunfälle gliedern in: Entgleisungen, Zusammenstöße und sonstige U. Die Zahl der letzteren überwiegt zwar (z. B. kommen bei den Bahnen des VDEV. 31/2mal soviel sonstige U. vor als Entgleisungen und Zusammenstöße zusammen), jedoch ist den Entgleisungen und Zusammenstößen eine größere Bedeutung beizumessen, weil sie häufig von schweren Folgen - Tötungen und Verletzungen von Personen sowie erheblichem Sachschaden - begleitet sind. Zusammenstöße kommen vor bei Zügen entgegengesetzter Fahrrichtung durch Gegeneinanderfahren, bei Zügen gleicher Fahrrichtung durch Auffahren und unabhängig von der Fahrrichtung durch Zusammentreffen auf ineinanderlaufenden oder sich kreuzenden Fahrwegen. Die zuerst genannten U. sind dem eingleisigen Betriebe (s. d.) eigentümlich. Den dieser Betriebsweise dadurch erwachsenen besonderen Gefahren stehen aber die Gefahren gegenüber, die dem zweigleisigen Betriebe daraus entstehen, daß Unfälle im Fahrgleis der einen Richtung infolge des geringen Gleisabstands (s. d.) die Züge der anderen Richtung häufig in Mitleidenschaft ziehen.

Über die wichtigeren Betriebsunfälle, bei denen eine Tötung oder Verletzung von Personen oder eine bedeutende Beschädigung von Fahrzeugen stattgefunden hat, ist in fast allen Staaten Meldung an die Eisenbahnaufsichtsbehörde auf Grund der hierüber herausgegebenen ausführlichen Dienstvorschriften zu erstatten.

Bei den deutschen Reichsbahnen ist die Meldung telegraphisch von der der Unfallstelle nächstgelegenen Station an den Reichsverkehrsminister zu erstatten. Die gleichen Meldungen gehen an die Ämter und die Eisenbahndirektion. Ferner ist die Gerichts- und Polizeibehörde zu verständigen.

In Österreich besteht ebenfalls Anzeigepflicht an die oberste Eisenbahnaufsichtsbehörde, u. zw. bei U., bei denen eine Verletzung der Reisenden, der Bediensteten oder anderer Personen stattgefunden hat oder wenn ein U. öffentliches Aufsehen erregt. Die Anzeige findet telegraphisch statt, auch ist der Gerichts- und Polizeibehörde Mitteilung zu machen.

In der Schweiz, in Frankreich und in Italien bestehen ähnliche Vorschriften über

gemacht. Überdies erfordern die Betriebsunfälle, insbesondere was die Beseitigung der Folgen und die Verhütung der U. betrifft, besondere Vorkehrungen. Die beim Bau und bei Nebenbetrieben vorkommenden U. unterliegen dagegen den allgemeinen, meist gesetzlichen Vorschriften, die für U. bei ähnlichen Arbeiten und Betrieben in bezug auf Anzeigepflicht, Vorsichtsmaßregeln u. s. w. bestehen.

B. Betriebsunfälle (accidents; accidents d'exploitation; accidenti d'esercizio) sind die bei der Bewegung der Eisenbahnfahrzeuge vorkommenden außergewöhnlichen Ereignisse, durch die eine Beschädigung von Personen oder Sachen oder die unmittelbare Gefahr einer solchen herbeigeführt wird. Sie lassen sich nach der Entstehungsursache in folgende Hauptgruppen einteilen:

1. Betriebsunfälle infolge von Witterungseinflüssen, als Blitz, Erdbeben, Sturm, Nebel, Wolkenbrüche, Lawinen- und Bergstürze, Felsabrutschungen, Überflutungen, Schneeverwehungen u. s. w. (s. auch Betriebsstörungen);

2. Betriebsunfälle infolge böswilliger oder mutwilliger Handlungen (s. Eisenbahnstrafrecht), ferner solche, die im Kriegsfall von Feindeshand hervorgerufen werden;

3. Betriebsunfälle infolge mangelhaften Zustandes der Fahrbahn, der Bauwerke, Betriebsmittel und sonstiger Vorrichtungen;

4. Betriebsunfälle infolge von Verfehlungen der Bediensteten in der Ausübung des Betriebsdienstes;

5. sonstige Betriebsunfälle, die bei der Bewegung von Eisenbahnfahrzeugen vorkommen, z. B. Tötungen und Verletzungen durch Überfahren, durch Stöße in, auf oder neben Fahrzeugen, durch Aufspringen oder Aufsteigen, durch Herabfallen, Abspringen oder Absteigen, Ausgleiten, Straucheln oder Fallen, beim Kuppeln der Fahrzeuge, Wagenschieben, Bremsen u. s. w.

Durch die in der ersten Gruppe angegebenen Ursachen werden verhältnismäßig nur sehr wenige U. hervorgerufen. Früher wurde vielfach die Blitzgefahr für die fahrenden Züge wegen der in ihnen enthaltenen Metallmassen gefürchtet. Nur ganz vereinzelte Fälle mit geringen Folgen sind bekannt geworden. Durch Erdbeben sind zwar vielfach Zerstörungen an Bahnanlagen und dadurch Zugunfälle veranlaßt worden, erheblichen Umfang haben aber auch diese Art Betriebsunfälle nicht angenommen. Durch heftigen Sturmwind sind mehrfach, besonders auf Schmalspurbahnen, einzelne Wagen in fahrenden Zügen umgeworfen worden, u. zw. nicht nur, wie manchmal behauptet wird, in Amerika, sondern auch in Deutschland und in Österreich.

Die Zahl der Betriebsunfälle in der zweiten Gruppe, die durch Böswilligkeit hervorgerufen werden, ist nicht groß; noch seltener sind mutwillige Beschädigungen oder Fahrtbehinderungen.

Häufiger sind die Betriebsunfälle in der dritten und vierten Gruppe und am zahlreichsten die der fünften Gruppe.

Der Form nach lassen sich die Betriebsunfälle gliedern in: Entgleisungen, Zusammenstöße und sonstige U. Die Zahl der letzteren überwiegt zwar (z. B. kommen bei den Bahnen des VDEV. 31/2mal soviel sonstige U. vor als Entgleisungen und Zusammenstöße zusammen), jedoch ist den Entgleisungen und Zusammenstößen eine größere Bedeutung beizumessen, weil sie häufig von schweren Folgen – Tötungen und Verletzungen von Personen sowie erheblichem Sachschaden – begleitet sind. Zusammenstöße kommen vor bei Zügen entgegengesetzter Fahrrichtung durch Gegeneinanderfahren, bei Zügen gleicher Fahrrichtung durch Auffahren und unabhängig von der Fahrrichtung durch Zusammentreffen auf ineinanderlaufenden oder sich kreuzenden Fahrwegen. Die zuerst genannten U. sind dem eingleisigen Betriebe (s. d.) eigentümlich. Den dieser Betriebsweise dadurch erwachsenen besonderen Gefahren stehen aber die Gefahren gegenüber, die dem zweigleisigen Betriebe daraus entstehen, daß Unfälle im Fahrgleis der einen Richtung infolge des geringen Gleisabstands (s. d.) die Züge der anderen Richtung häufig in Mitleidenschaft ziehen.

Über die wichtigeren Betriebsunfälle, bei denen eine Tötung oder Verletzung von Personen oder eine bedeutende Beschädigung von Fahrzeugen stattgefunden hat, ist in fast allen Staaten Meldung an die Eisenbahnaufsichtsbehörde auf Grund der hierüber herausgegebenen ausführlichen Dienstvorschriften zu erstatten.

Bei den deutschen Reichsbahnen ist die Meldung telegraphisch von der der Unfallstelle nächstgelegenen Station an den Reichsverkehrsminister zu erstatten. Die gleichen Meldungen gehen an die Ämter und die Eisenbahndirektion. Ferner ist die Gerichts- und Polizeibehörde zu verständigen.

In Österreich besteht ebenfalls Anzeigepflicht an die oberste Eisenbahnaufsichtsbehörde, u. zw. bei U., bei denen eine Verletzung der Reisenden, der Bediensteten oder anderer Personen stattgefunden hat oder wenn ein U. öffentliches Aufsehen erregt. Die Anzeige findet telegraphisch statt, auch ist der Gerichts- und Polizeibehörde Mitteilung zu machen.

In der Schweiz, in Frankreich und in Italien bestehen ähnliche Vorschriften über

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[31/0043] gemacht. Überdies erfordern die Betriebsunfälle, insbesondere was die Beseitigung der Folgen und die Verhütung der U. betrifft, besondere Vorkehrungen. Die beim Bau und bei Nebenbetrieben vorkommenden U. unterliegen dagegen den allgemeinen, meist gesetzlichen Vorschriften, die für U. bei ähnlichen Arbeiten und Betrieben in bezug auf Anzeigepflicht, Vorsichtsmaßregeln u. s. w. bestehen. B. Betriebsunfälle (accidents; accidents d'exploitation; accidenti d'esercizio) sind die bei der Bewegung der Eisenbahnfahrzeuge vorkommenden außergewöhnlichen Ereignisse, durch die eine Beschädigung von Personen oder Sachen oder die unmittelbare Gefahr einer solchen herbeigeführt wird. Sie lassen sich nach der Entstehungsursache in folgende Hauptgruppen einteilen: 1. Betriebsunfälle infolge von Witterungseinflüssen, als Blitz, Erdbeben, Sturm, Nebel, Wolkenbrüche, Lawinen- und Bergstürze, Felsabrutschungen, Überflutungen, Schneeverwehungen u. s. w. (s. auch Betriebsstörungen); 2. Betriebsunfälle infolge böswilliger oder mutwilliger Handlungen (s. Eisenbahnstrafrecht), ferner solche, die im Kriegsfall von Feindeshand hervorgerufen werden; 3. Betriebsunfälle infolge mangelhaften Zustandes der Fahrbahn, der Bauwerke, Betriebsmittel und sonstiger Vorrichtungen; 4. Betriebsunfälle infolge von Verfehlungen der Bediensteten in der Ausübung des Betriebsdienstes; 5. sonstige Betriebsunfälle, die bei der Bewegung von Eisenbahnfahrzeugen vorkommen, z. B. Tötungen und Verletzungen durch Überfahren, durch Stöße in, auf oder neben Fahrzeugen, durch Aufspringen oder Aufsteigen, durch Herabfallen, Abspringen oder Absteigen, Ausgleiten, Straucheln oder Fallen, beim Kuppeln der Fahrzeuge, Wagenschieben, Bremsen u. s. w. Durch die in der ersten Gruppe angegebenen Ursachen werden verhältnismäßig nur sehr wenige U. hervorgerufen. Früher wurde vielfach die Blitzgefahr für die fahrenden Züge wegen der in ihnen enthaltenen Metallmassen gefürchtet. Nur ganz vereinzelte Fälle mit geringen Folgen sind bekannt geworden. Durch Erdbeben sind zwar vielfach Zerstörungen an Bahnanlagen und dadurch Zugunfälle veranlaßt worden, erheblichen Umfang haben aber auch diese Art Betriebsunfälle nicht angenommen. Durch heftigen Sturmwind sind mehrfach, besonders auf Schmalspurbahnen, einzelne Wagen in fahrenden Zügen umgeworfen worden, u. zw. nicht nur, wie manchmal behauptet wird, in Amerika, sondern auch in Deutschland und in Österreich. Die Zahl der Betriebsunfälle in der zweiten Gruppe, die durch Böswilligkeit hervorgerufen werden, ist nicht groß; noch seltener sind mutwillige Beschädigungen oder Fahrtbehinderungen. Häufiger sind die Betriebsunfälle in der dritten und vierten Gruppe und am zahlreichsten die der fünften Gruppe. Der Form nach lassen sich die Betriebsunfälle gliedern in: Entgleisungen, Zusammenstöße und sonstige U. Die Zahl der letzteren überwiegt zwar (z. B. kommen bei den Bahnen des VDEV. 31/2mal soviel sonstige U. vor als Entgleisungen und Zusammenstöße zusammen), jedoch ist den Entgleisungen und Zusammenstößen eine größere Bedeutung beizumessen, weil sie häufig von schweren Folgen – Tötungen und Verletzungen von Personen sowie erheblichem Sachschaden – begleitet sind. Zusammenstöße kommen vor bei Zügen entgegengesetzter Fahrrichtung durch Gegeneinanderfahren, bei Zügen gleicher Fahrrichtung durch Auffahren und unabhängig von der Fahrrichtung durch Zusammentreffen auf ineinanderlaufenden oder sich kreuzenden Fahrwegen. Die zuerst genannten U. sind dem eingleisigen Betriebe (s. d.) eigentümlich. Den dieser Betriebsweise dadurch erwachsenen besonderen Gefahren stehen aber die Gefahren gegenüber, die dem zweigleisigen Betriebe daraus entstehen, daß Unfälle im Fahrgleis der einen Richtung infolge des geringen Gleisabstands (s. d.) die Züge der anderen Richtung häufig in Mitleidenschaft ziehen. Über die wichtigeren Betriebsunfälle, bei denen eine Tötung oder Verletzung von Personen oder eine bedeutende Beschädigung von Fahrzeugen stattgefunden hat, ist in fast allen Staaten Meldung an die Eisenbahnaufsichtsbehörde auf Grund der hierüber herausgegebenen ausführlichen Dienstvorschriften zu erstatten. Bei den deutschen Reichsbahnen ist die Meldung telegraphisch von der der Unfallstelle nächstgelegenen Station an den Reichsverkehrsminister zu erstatten. Die gleichen Meldungen gehen an die Ämter und die Eisenbahndirektion. Ferner ist die Gerichts- und Polizeibehörde zu verständigen. In Österreich besteht ebenfalls Anzeigepflicht an die oberste Eisenbahnaufsichtsbehörde, u. zw. bei U., bei denen eine Verletzung der Reisenden, der Bediensteten oder anderer Personen stattgefunden hat oder wenn ein U. öffentliches Aufsehen erregt. Die Anzeige findet telegraphisch statt, auch ist der Gerichts- und Polizeibehörde Mitteilung zu machen. In der Schweiz, in Frankreich und in Italien bestehen ähnliche Vorschriften über

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 10. Berlin, Wien, 1923, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen10_1923/43>, abgerufen am 23.06.2024.