Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876.ein Gegenmanifest für überflüßig. Ihrer Ansicht nach käme Es war die erste große Niederlage, welche die "Familie" 1) Maltzahns ausführliche Berichte vom 28. Oct. und 8. Novbr.,
neben welchen sich die Darstellung Rulhiere's von diesem Vorgange nicht aufrecht erhalten läßt. ein Gegenmanifeſt für überflüßig. Ihrer Anſicht nach käme Es war die erſte große Niederlage, welche die „Familie“ 1) Maltzahns ausführliche Berichte vom 28. Oct. und 8. Novbr.,
neben welchen ſich die Darſtellung Rulhiere’s von dieſem Vorgange nicht aufrecht erhalten läßt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0110" n="96"/> ein Gegenmanifeſt für überflüßig. Ihrer Anſicht nach käme<lb/> es nur darauf an, dem Krongroßfeldherrn die Augen zu<lb/> öffnen und ihn zum Rücktritt von dem Manifeſt zu bewegen.<lb/> Der Palatin von Smolensk übernahm es, den Verſuch zu<lb/> machen. Er eilte ſofort zum Krongroßfeldherrn, bei welchem<lb/> er den Großkanzler traf und ſetzte in Gegenwart deſſelben dem<lb/> General auseinander, daß das Manifeſt, das er unterſchrieben,<lb/> der Anfang einer Conföderation ſei, daß man ſein Vertrauen<lb/> ſchmählich getäuſcht und ihn zu einem Schritt verleitet habe,<lb/> der ſeine Ehre als Patriot in Frage ſtelle. Branicki, von<lb/> Natur und durch Alter ſchwach und unentſchieden, gerieth in<lb/> die größte Beſtürzung, und als der Kanzler ſich der für ihn<lb/> peinlichen Scene entzogen hatte, beſchwor jener den Palatin,<lb/> ihm das Manifeſt wieder zu verſchaffen. Nun erſt trat<lb/> Mokranowski ein, und wurde von Branicki mit den wärmſten<lb/> Dankesworten empfangen. Das Manifeſt ward zerriſſen und<lb/> die Conföderation, welche auf Grund deſſelben auf den Relations-<lb/> landtagen ins Leben gerufen werden ſollte, war im Keime<lb/> erſtickt <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#g">Maltzahns</hi> ausführliche Berichte vom 28. Oct. und 8. Novbr.,<lb/> neben welchen ſich die Darſtellung <hi rendition="#g">Rulhiere</hi>’s von dieſem Vorgange nicht<lb/> aufrecht erhalten läßt.</note>.</p><lb/> <p>Es war die erſte große Niederlage, welche die „Familie“<lb/> erlitt, um ſo ſchmerzlicher für ſie, als der Abfall Branicki’s<lb/> von ihr ſie herbeiführte. „Wir werden“ — ſchrieb Maltzahn<lb/> triumphirend nach Hauſe — „den Krongroßfeldherrn für immer<lb/> mit den Czartoryskis und deren Faction auseinander bringen.“<lb/> Bald folgte eine zweite für ſie noch empfindlichere. Im Spät-<lb/> herbſt 1752 war Graf Broglie mit dem Hofe nach Dresden ge-<lb/> gangen. Von dort ſetzte er ſeine Bemühungen, die große nor-<lb/> diſche Liga gegen Rußland und Öſtreich zu Stande zu bringen,<lb/> unermüdlich fort. Mit den franzöſiſchen Geſandten in Kopen-<lb/> hagen, Stockholm und Conſtantinopel ſtand er in unausgeſetzter<lb/> Correſpondenz, und da Polen ſo zu ſagen das Pivot der Liga<lb/> ſein ſollte, ſo ſparte er keine Mühe und kein Geld, die Parthei<lb/> Frankreichs dort zu vergrößern und zu ſtärken. Seine Stel-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [96/0110]
ein Gegenmanifeſt für überflüßig. Ihrer Anſicht nach käme
es nur darauf an, dem Krongroßfeldherrn die Augen zu
öffnen und ihn zum Rücktritt von dem Manifeſt zu bewegen.
Der Palatin von Smolensk übernahm es, den Verſuch zu
machen. Er eilte ſofort zum Krongroßfeldherrn, bei welchem
er den Großkanzler traf und ſetzte in Gegenwart deſſelben dem
General auseinander, daß das Manifeſt, das er unterſchrieben,
der Anfang einer Conföderation ſei, daß man ſein Vertrauen
ſchmählich getäuſcht und ihn zu einem Schritt verleitet habe,
der ſeine Ehre als Patriot in Frage ſtelle. Branicki, von
Natur und durch Alter ſchwach und unentſchieden, gerieth in
die größte Beſtürzung, und als der Kanzler ſich der für ihn
peinlichen Scene entzogen hatte, beſchwor jener den Palatin,
ihm das Manifeſt wieder zu verſchaffen. Nun erſt trat
Mokranowski ein, und wurde von Branicki mit den wärmſten
Dankesworten empfangen. Das Manifeſt ward zerriſſen und
die Conföderation, welche auf Grund deſſelben auf den Relations-
landtagen ins Leben gerufen werden ſollte, war im Keime
erſtickt 1).
Es war die erſte große Niederlage, welche die „Familie“
erlitt, um ſo ſchmerzlicher für ſie, als der Abfall Branicki’s
von ihr ſie herbeiführte. „Wir werden“ — ſchrieb Maltzahn
triumphirend nach Hauſe — „den Krongroßfeldherrn für immer
mit den Czartoryskis und deren Faction auseinander bringen.“
Bald folgte eine zweite für ſie noch empfindlichere. Im Spät-
herbſt 1752 war Graf Broglie mit dem Hofe nach Dresden ge-
gangen. Von dort ſetzte er ſeine Bemühungen, die große nor-
diſche Liga gegen Rußland und Öſtreich zu Stande zu bringen,
unermüdlich fort. Mit den franzöſiſchen Geſandten in Kopen-
hagen, Stockholm und Conſtantinopel ſtand er in unausgeſetzter
Correſpondenz, und da Polen ſo zu ſagen das Pivot der Liga
ſein ſollte, ſo ſparte er keine Mühe und kein Geld, die Parthei
Frankreichs dort zu vergrößern und zu ſtärken. Seine Stel-
1) Maltzahns ausführliche Berichte vom 28. Oct. und 8. Novbr.,
neben welchen ſich die Darſtellung Rulhiere’s von dieſem Vorgange nicht
aufrecht erhalten läßt.
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