Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876.stände eben so characteristisch als folgenschwer. Denn Frie- Und wie der Anfang, war auch der Fortgang. Dieselben Die Folge war, daß der Einfluß Rußlands in Polen je 1) Connor, History of Poland (London 1698), p. 208.
ſtände eben ſo characteriſtiſch als folgenſchwer. Denn Frie- Und wie der Anfang, war auch der Fortgang. Dieſelben Die Folge war, daß der Einfluß Rußlands in Polen je 1) Connor, History of Poland (London 1698), p. 208.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0016" n="2"/> ſtände eben ſo characteriſtiſch als folgenſchwer. Denn Frie-<lb/> drich Auguſt erreichte ſeine Erhebung auf den Thron im weſent-<lb/> lichen dadurch, daß er kein Gold zur Beſtechung ſparte, mit<lb/> mehreren tauſend Mann tüchtiger ſächſiſcher Truppen ſofort<lb/> ins Land rückte und die Unterſtützung Öſtreichs, Rußlands<lb/> und Roms für ſich hatte.</p><lb/> <p>Und wie der Anfang, war auch der Fortgang. Dieſelben<lb/> Mächte, welche ihn auf den Thron geſetzt, mußten ihn<lb/> auch auf demſelben erhalten. Ohne die Siege Peters<lb/> des Großen über Karl <hi rendition="#aq">XII.</hi> wäre er, nach ſeiner ſchon er-<lb/> folgten Abdankung zu Gunſten Stanislaw Leszczynski’s, ſchwer-<lb/> lich jemals wieder als Herrſcher nach Polen zurückgekehrt.<lb/> Und als er ſtarb (1733), waren es wiederum Öſtreich und<lb/> Rußland, vornämlich aber des letzteren Waffen, welche für<lb/> ſeinen Sohn die Entſcheidung gaben. Die Nation ſelbſt hatte<lb/> ſich in ihrer überwiegenden Mehrzahl für Stanislaw Leszczynski<lb/> erklärt, ließ ihn aber nach kurzem und kraftloſem Wider-<lb/> ſtande wieder fallen, weil ſie einmal keine Armee hatte,<lb/> welche den waffengeübten, disciplinirten ruſſiſchen und ſäch-<lb/> ſiſchen Truppen Stand zu halten vermochte, und weil zum<lb/> andern das alte allgemeine Aufgebot des Adels (<hi rendition="#aq">Pospolite<lb/> ruszenie</hi>) bei dieſem keinen hinreichenden Anklang mehr<lb/> fand. Hatte man doch bereits zur Zeit der Wahl des<lb/> erſten Sachſen vielfach die Rede gehört: „ſie könnten Könige<lb/> genug haben, ohne für irgend einen ihr Blut zu vergießen“ <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Connor</hi>, History of Poland (London 1698), p.</hi> 208.</note>.</p><lb/> <p>Die Folge war, daß der Einfluß Rußlands in Polen je<lb/> länger, je höher ſtieg, die Selbſtſtändigkeit und Unabhängigkeit<lb/> der Republik je länger, je tiefer ſank. Alle Verhältniſſe, die<lb/> Conſtellation der allgemeinen europäiſchen Politik, wie die in-<lb/> neren Zuſtände Polens waren günſtig für Rußland. Öſtreich,<lb/> in den nächſten Jahrzehnten faſt ſtets mit Rußland enge ver-<lb/> bündet, hatte eben daher keinen Grund, ihm in Warſchau ent-<lb/> gegen zu ſein; Frankreich aber vermochte es anfangs nicht, und<lb/> durfte ſpäter ſelbſt es nicht wollen, ſeitdem Ludwig <hi rendition="#aq">XV.</hi> in<lb/> die öſtreichiſch-ruſſiſche Alliance gegen Friedrich <hi rendition="#aq">II.</hi> getreten war.<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [2/0016]
ſtände eben ſo characteriſtiſch als folgenſchwer. Denn Frie-
drich Auguſt erreichte ſeine Erhebung auf den Thron im weſent-
lichen dadurch, daß er kein Gold zur Beſtechung ſparte, mit
mehreren tauſend Mann tüchtiger ſächſiſcher Truppen ſofort
ins Land rückte und die Unterſtützung Öſtreichs, Rußlands
und Roms für ſich hatte.
Und wie der Anfang, war auch der Fortgang. Dieſelben
Mächte, welche ihn auf den Thron geſetzt, mußten ihn
auch auf demſelben erhalten. Ohne die Siege Peters
des Großen über Karl XII. wäre er, nach ſeiner ſchon er-
folgten Abdankung zu Gunſten Stanislaw Leszczynski’s, ſchwer-
lich jemals wieder als Herrſcher nach Polen zurückgekehrt.
Und als er ſtarb (1733), waren es wiederum Öſtreich und
Rußland, vornämlich aber des letzteren Waffen, welche für
ſeinen Sohn die Entſcheidung gaben. Die Nation ſelbſt hatte
ſich in ihrer überwiegenden Mehrzahl für Stanislaw Leszczynski
erklärt, ließ ihn aber nach kurzem und kraftloſem Wider-
ſtande wieder fallen, weil ſie einmal keine Armee hatte,
welche den waffengeübten, disciplinirten ruſſiſchen und ſäch-
ſiſchen Truppen Stand zu halten vermochte, und weil zum
andern das alte allgemeine Aufgebot des Adels (Pospolite
ruszenie) bei dieſem keinen hinreichenden Anklang mehr
fand. Hatte man doch bereits zur Zeit der Wahl des
erſten Sachſen vielfach die Rede gehört: „ſie könnten Könige
genug haben, ohne für irgend einen ihr Blut zu vergießen“ 1).
Die Folge war, daß der Einfluß Rußlands in Polen je
länger, je höher ſtieg, die Selbſtſtändigkeit und Unabhängigkeit
der Republik je länger, je tiefer ſank. Alle Verhältniſſe, die
Conſtellation der allgemeinen europäiſchen Politik, wie die in-
neren Zuſtände Polens waren günſtig für Rußland. Öſtreich,
in den nächſten Jahrzehnten faſt ſtets mit Rußland enge ver-
bündet, hatte eben daher keinen Grund, ihm in Warſchau ent-
gegen zu ſein; Frankreich aber vermochte es anfangs nicht, und
durfte ſpäter ſelbſt es nicht wollen, ſeitdem Ludwig XV. in
die öſtreichiſch-ruſſiſche Alliance gegen Friedrich II. getreten war.
1) Connor, History of Poland (London 1698), p. 208.
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