Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876.diesen Umständen trat das gewöhnliche Treiben und Leben dieſen Umſtänden trat das gewöhnliche Treiben und Leben <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0164" n="150"/> dieſen Umſtänden trat das gewöhnliche Treiben und Leben<lb/> wieder in den Vordergrund, und mit ihm der Wettlauf um<lb/> die grade damals zahlreich erledigten Ämter und Würden.<lb/> Den durch den Tod des Fürſten Michael Radzivil (Mai) er-<lb/> ledigten lithauiſchen Feldherrnſtab trug, dem geſetzlichen Her-<lb/> kommen nach, der bisherige Unterfeldherr Maſſalski davon,<lb/> deſſen Sohn nicht lange vorher (Februar) zum Biſchof von<lb/> Wilna ernannt worden war. Dagegen um das durch Maſ-<lb/> ſalski’s Beförderung erledigte Unterfeldherrnthum, wie um<lb/> das Palatinat Wilna u. a. wurde der Streit der Perſonen<lb/> und Partheien außerordentlich lebhaft. Um beide Ämter be-<lb/> warb ſich zunächſt der Sohn des verſtorbenen Radzivil, der<lb/> ſpäter unter dem Namen des „Herrchen liebes“ (<hi rendition="#aq">panie<lb/> Kochanku</hi>) ſo bekannt gewordene Fürſt Karl, aber er fand in<lb/> Bezug auf das eine wie das andre an zwei Sapiehas Con-<lb/> currenten, deren Familie ſeit undenklichen Zeiten den Radzivil<lb/> in Lithauen ſtets das Widerpart hielt. Michael Alexander<lb/> Sapieha, Palatin von Poloczk, ſtrebte nach dem niedern Feld-<lb/> herrnſtabe; Paul Peter Sapieha nach dem Palatinat von<lb/> Wilna, welches er durch die Protection Friedrich <hi rendition="#aq">II.</hi> und<lb/> Peter <hi rendition="#aq">III.</hi> zu erreichen hoffte. Außer dieſen traten als Be-<lb/> werber noch ein Pocieji, ein Potocki und ein Schwiegerſohn<lb/> des lithauiſchen Kanzlers, Michael Oginski, auf. Brühl hatte,<lb/> ſo lange der Krieg dauerte, die Ämter größtentheils an den<lb/> Meiſtbietenden verkauft, und die Polen waren hieran ſo ge-<lb/> wöhnt, daß niemand Anſtoß daran nahm; ſie betrachteten es<lb/> als eine Art von <hi rendition="#aq">generosité,</hi> dem Könige dieſe Einnahmequelle,<lb/> ſo lange der Krieg dauere, zu laſſen. So bei denn auch jetzt<lb/> der junge Radzivil 40000 Dukaten für den kleinen Feldherrn-<lb/> ſtab, wohl in der Hoffnung, die Gegner, die an Reichthum weit<lb/> hinter ihm ſtanden, dadurch zu beſiegen. Im Juni ward nun<lb/> auch noch durch den Tod des Kronkanzles Jan Malachowski<lb/> († 18.. Juni) das Unterkanzleramt der Krone erledigt, welches<lb/> ebenſo wie das gleichfalls erledigte litauiſche von nicht ge-<lb/> ringer politiſcher Bedeutung war. Um das erſtere bewarb ſich<lb/> der Palatin von Braclaw, Fürſt Jablo<supplied>no</supplied>wski und bat in einem<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [150/0164]
dieſen Umſtänden trat das gewöhnliche Treiben und Leben
wieder in den Vordergrund, und mit ihm der Wettlauf um
die grade damals zahlreich erledigten Ämter und Würden.
Den durch den Tod des Fürſten Michael Radzivil (Mai) er-
ledigten lithauiſchen Feldherrnſtab trug, dem geſetzlichen Her-
kommen nach, der bisherige Unterfeldherr Maſſalski davon,
deſſen Sohn nicht lange vorher (Februar) zum Biſchof von
Wilna ernannt worden war. Dagegen um das durch Maſ-
ſalski’s Beförderung erledigte Unterfeldherrnthum, wie um
das Palatinat Wilna u. a. wurde der Streit der Perſonen
und Partheien außerordentlich lebhaft. Um beide Ämter be-
warb ſich zunächſt der Sohn des verſtorbenen Radzivil, der
ſpäter unter dem Namen des „Herrchen liebes“ (panie
Kochanku) ſo bekannt gewordene Fürſt Karl, aber er fand in
Bezug auf das eine wie das andre an zwei Sapiehas Con-
currenten, deren Familie ſeit undenklichen Zeiten den Radzivil
in Lithauen ſtets das Widerpart hielt. Michael Alexander
Sapieha, Palatin von Poloczk, ſtrebte nach dem niedern Feld-
herrnſtabe; Paul Peter Sapieha nach dem Palatinat von
Wilna, welches er durch die Protection Friedrich II. und
Peter III. zu erreichen hoffte. Außer dieſen traten als Be-
werber noch ein Pocieji, ein Potocki und ein Schwiegerſohn
des lithauiſchen Kanzlers, Michael Oginski, auf. Brühl hatte,
ſo lange der Krieg dauerte, die Ämter größtentheils an den
Meiſtbietenden verkauft, und die Polen waren hieran ſo ge-
wöhnt, daß niemand Anſtoß daran nahm; ſie betrachteten es
als eine Art von generosité, dem Könige dieſe Einnahmequelle,
ſo lange der Krieg dauere, zu laſſen. So bei denn auch jetzt
der junge Radzivil 40000 Dukaten für den kleinen Feldherrn-
ſtab, wohl in der Hoffnung, die Gegner, die an Reichthum weit
hinter ihm ſtanden, dadurch zu beſiegen. Im Juni ward nun
auch noch durch den Tod des Kronkanzles Jan Malachowski
(† 18.. Juni) das Unterkanzleramt der Krone erledigt, welches
ebenſo wie das gleichfalls erledigte litauiſche von nicht ge-
ringer politiſcher Bedeutung war. Um das erſtere bewarb ſich
der Palatin von Braclaw, Fürſt Jablonowski und bat in einem
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