Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876.einen Marschall zu wählen, und der damals gewählte Adam Kaum war die neue Sitzung am 5. October eröffnet, als 1) Die Czartoryski behaupteten damals, sie hätten im Jahre 1748
es nicht gewußt, daß die dem Tribunal für den Anspruch Brühls als indigena anerkannt zu werden vorgelegten Actenstücke gefälscht gewesen wären. S. ihre Denkschrift vom 21. August 1763 bei Schmitt I, 366. einen Marſchall zu wählen, und der damals gewählte Adam Kaum war die neue Sitzung am 5. October eröffnet, als 1) Die Czartoryski behaupteten damals, ſie hätten im Jahre 1748
es nicht gewußt, daß die dem Tribunal für den Anſpruch Brühls als indigena anerkannt zu werden vorgelegten Actenſtücke gefälſcht geweſen wären. S. ihre Denkſchrift vom 21. Auguſt 1763 bei Schmitt I, 366. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0174" n="160"/> einen Marſchall zu wählen, und der damals gewählte Adam<lb/> Malachowski übernahm daher jetzt wieder den Vorſitz. In<lb/> ſeiner Begrüßungsrede ſprach er ſich ſehr energiſch darüber<lb/> aus, daß es Zeit ſei, das Vaterland aus dem Zuſtand von<lb/> Barbarei zu erlöſen, in welchem es ſeit langen Jahren ſchmachte.<lb/> Dann ermahnte er zu einer einhelligen Wahl eines Marſchalls<lb/> zu ſchreiten und wollte darauf die Stimmen ſammeln, allein<lb/> er fand auf allen Seiten Widerſpruch. Zwar empfahl der<lb/> Landbote von Sochaczew, Wielohorski, ein Partheigänger des<lb/> Hofes, dringend die Wahl, aber der junge Poniatowski, und<lb/> ein Lubomirski, welche nicht wußten, daß Wielohorski nur des-<lb/> halb ſo warm auftrat, um das Spiel des Hofes zu verdecken,<lb/> widerſetzten ſich lebhaft. Als ſie ihrer Täuſchung inne wurden,<lb/> waren ſie verſucht, die Wahl Mokranowski’s vor ſich gehen zu<lb/> laſſen, aber ehe ſie zu einem Entſchluß kamen, ward die<lb/> Sitzung, die bis 6 Uhr fruchtlos gedauert hatte, auf den<lb/> folgenden Morgen vertagt.</p><lb/> <p>Kaum war die neue Sitzung am 5. October eröffnet, als<lb/> von allen Seiten die alten Klagen erſchollen. Mokranowski<lb/> griff den Mißbrauch an, welchen gewiſſe Perſonen von ihrer<lb/> Autorität machten, und erſt nach vielen Reden und Geſchrei<lb/> kam Poniatowski zum Wort. Alle ſchönen Reden, ſagte er,<lb/> würden nicht das Geringſte bewirken, ſo lange ſich Ausländer<lb/> in ihre Regierung miſchten; ein ſolcher ſei ſelbſt unter den<lb/> Landboten und es ſei vor allem nothwendig, dieſem Mißbrauch zu<lb/> ſteuern; perſönlich achte er den jungen Grafen Brühl, der ſich<lb/> in Warſchau zum Landboten habe wählen laſſen, er wünſche<lb/> ihm alles Gute und ſei betrübt, daß er grade gegen dieſen<lb/> auftreten müſſe, aber als Pole könne er nicht anders denken<lb/> und müſſe feierlich erklären, daß, ſo lange Graf Brühl die<lb/> Landbotenſtube nicht verlaſſen habe, er jeder Activität des<lb/> Reichstages widerſpräche <note place="foot" n="1)">Die Czartoryski behaupteten damals, ſie hätten im Jahre 1748<lb/> es nicht gewußt, daß die dem Tribunal für den Anſpruch Brühls als<lb/><hi rendition="#aq">indigena</hi> anerkannt zu werden vorgelegten Actenſtücke gefälſcht geweſen<lb/> wären. S. ihre Denkſchrift vom 21. Auguſt 1763 bei <hi rendition="#g">Schmitt</hi> <hi rendition="#aq">I,</hi> 366.</note>. Ein unbeſchreiblicher Tumult folgte<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [160/0174]
einen Marſchall zu wählen, und der damals gewählte Adam
Malachowski übernahm daher jetzt wieder den Vorſitz. In
ſeiner Begrüßungsrede ſprach er ſich ſehr energiſch darüber
aus, daß es Zeit ſei, das Vaterland aus dem Zuſtand von
Barbarei zu erlöſen, in welchem es ſeit langen Jahren ſchmachte.
Dann ermahnte er zu einer einhelligen Wahl eines Marſchalls
zu ſchreiten und wollte darauf die Stimmen ſammeln, allein
er fand auf allen Seiten Widerſpruch. Zwar empfahl der
Landbote von Sochaczew, Wielohorski, ein Partheigänger des
Hofes, dringend die Wahl, aber der junge Poniatowski, und
ein Lubomirski, welche nicht wußten, daß Wielohorski nur des-
halb ſo warm auftrat, um das Spiel des Hofes zu verdecken,
widerſetzten ſich lebhaft. Als ſie ihrer Täuſchung inne wurden,
waren ſie verſucht, die Wahl Mokranowski’s vor ſich gehen zu
laſſen, aber ehe ſie zu einem Entſchluß kamen, ward die
Sitzung, die bis 6 Uhr fruchtlos gedauert hatte, auf den
folgenden Morgen vertagt.
Kaum war die neue Sitzung am 5. October eröffnet, als
von allen Seiten die alten Klagen erſchollen. Mokranowski
griff den Mißbrauch an, welchen gewiſſe Perſonen von ihrer
Autorität machten, und erſt nach vielen Reden und Geſchrei
kam Poniatowski zum Wort. Alle ſchönen Reden, ſagte er,
würden nicht das Geringſte bewirken, ſo lange ſich Ausländer
in ihre Regierung miſchten; ein ſolcher ſei ſelbſt unter den
Landboten und es ſei vor allem nothwendig, dieſem Mißbrauch zu
ſteuern; perſönlich achte er den jungen Grafen Brühl, der ſich
in Warſchau zum Landboten habe wählen laſſen, er wünſche
ihm alles Gute und ſei betrübt, daß er grade gegen dieſen
auftreten müſſe, aber als Pole könne er nicht anders denken
und müſſe feierlich erklären, daß, ſo lange Graf Brühl die
Landbotenſtube nicht verlaſſen habe, er jeder Activität des
Reichstages widerſpräche 1). Ein unbeſchreiblicher Tumult folgte
1) Die Czartoryski behaupteten damals, ſie hätten im Jahre 1748
es nicht gewußt, daß die dem Tribunal für den Anſpruch Brühls als
indigena anerkannt zu werden vorgelegten Actenſtücke gefälſcht geweſen
wären. S. ihre Denkſchrift vom 21. Auguſt 1763 bei Schmitt I, 366.
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