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Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876.

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Sicherheit der Landboten in ihrem Heiligthum durch Waffen
gefährdet, und die Freiheit der Republik durch die im Lande
stehenden russischen Truppen und deren Excesse verletzt sei. Als
dies in der Versammlung bekannt ward, blieb dem Marschall
nichts übrig, als die Sitzung auf den folgenden Tag zur Ver-
abschiedung zu vertagen 1).

Während dieser tumultuarischen Auftritte geriethen der alte
Brühl und der Kanzler Czartoryski persönlich auf das heftigste
aneinander. Zur Feier des Krönungsfestes des Königs gab

1) Kitowicz, welcher, ein Partheigänger des Hofes, selbst im Saale
war und von seinem Sitz aus den ganzen Raum übersehen konnte, ge-
steht S. 53, daß der erste blinkende Säbel ein lithauischer mit einem
Stichblatt war, in einer Hand, welche in einem Handschuh von Elends-
haut steckte, dessen oberes Ende bis an den Ellbogen mit eisernen Schienen
versehen war. "Der Kopf des Raufboldes war bis an die Augen mit
einer dicken aus Draht und Seide zusammengearbeiteten Mütze bedeckt, wie
solcher sich die Lithauer bei ihren Schlägereien zu bedienen pflegen, daher
ich wohl schließen kann, daß man zuerst von Seiten der Parthei Radzivils,
(d. i. auch der Hofparthei) zum Säbel gegriffen hat." Seine weitere
Schilderung der Vorgänge ist noch detaillirter als die des Journals und
weicht von diesem im wesentlichen davon ab, daß er den Tumult gleich
in die erste Sitzung verlegt. Außerdem sagt er ausdrücklich, daß der
Marschall Malachowski, als der Hofparthei angehörig, ganz genau wußte,
wer den Reichstag zu zerreißen befohlen, wer den Dienst geleistet, und
daß dieser sofort mit seinen Dukaten Warschau verlassen hatte; trotzdem
aber habe Malachowski ihn zum Schein suchen lassen und ihn in seiner
Schlußrede verflucht. Nach Kitowicz' Überzeugung (S. 56) war der ganze
Tumult nicht zufällig, sondern vorbereitet. Er führt dafür an, daß die
Landboten nicht in ihrer Ordnung, sondern nach Partheien Platz ge-
nommen hätten, daß sie eben so partheiweise den Saal verließen, daß
denen, welche französisch gekleidet waren, beim ersten Blinken der Säbel
statt ihrer Degen Dragonersäbel gereicht wurden, und daß die Land-
boten, die zur Sitzung gefahren waren, sich am Schluß zu Pferde setzten,
weil sie einen Straßenkampf erwarteten. -- Daß die Zerreißung als vom
Hofe ausgegangen betrachtet wurde, sagt auch der Nuntius in seinem
Bericht vom 13. October 1762: "Il tumulto nato nella seconda ses-
sione della dieta, e l'apprensione di piu funeste conseguenze fece pren-
dere il partito di romperla, e si crede che la corte medesima abbia
cio procurato."
Bei Theiner, Monumenta Poloniae IV, 2. p. 23.
Daß der Hof schon vorher diese Absicht hatte, wissen wir durch Benoit.

Sicherheit der Landboten in ihrem Heiligthum durch Waffen
gefährdet, und die Freiheit der Republik durch die im Lande
ſtehenden ruſſiſchen Truppen und deren Exceſſe verletzt ſei. Als
dies in der Verſammlung bekannt ward, blieb dem Marſchall
nichts übrig, als die Sitzung auf den folgenden Tag zur Ver-
abſchiedung zu vertagen 1).

Während dieſer tumultuariſchen Auftritte geriethen der alte
Brühl und der Kanzler Czartoryski perſönlich auf das heftigſte
aneinander. Zur Feier des Krönungsfeſtes des Königs gab

1) Kitowicz, welcher, ein Partheigänger des Hofes, ſelbſt im Saale
war und von ſeinem Sitz aus den ganzen Raum überſehen konnte, ge-
ſteht S. 53, daß der erſte blinkende Säbel ein lithauiſcher mit einem
Stichblatt war, in einer Hand, welche in einem Handſchuh von Elends-
haut ſteckte, deſſen oberes Ende bis an den Ellbogen mit eiſernen Schienen
verſehen war. „Der Kopf des Raufboldes war bis an die Augen mit
einer dicken aus Draht und Seide zuſammengearbeiteten Mütze bedeckt, wie
ſolcher ſich die Lithauer bei ihren Schlägereien zu bedienen pflegen, daher
ich wohl ſchließen kann, daß man zuerſt von Seiten der Parthei Radzivils,
(d. i. auch der Hofparthei) zum Säbel gegriffen hat.“ Seine weitere
Schilderung der Vorgänge iſt noch detaillirter als die des Journals und
weicht von dieſem im weſentlichen davon ab, daß er den Tumult gleich
in die erſte Sitzung verlegt. Außerdem ſagt er ausdrücklich, daß der
Marſchall Malachowski, als der Hofparthei angehörig, ganz genau wußte,
wer den Reichstag zu zerreißen befohlen, wer den Dienſt geleiſtet, und
daß dieſer ſofort mit ſeinen Dukaten Warſchau verlaſſen hatte; trotzdem
aber habe Malachowski ihn zum Schein ſuchen laſſen und ihn in ſeiner
Schlußrede verflucht. Nach Kitowicz’ Überzeugung (S. 56) war der ganze
Tumult nicht zufällig, ſondern vorbereitet. Er führt dafür an, daß die
Landboten nicht in ihrer Ordnung, ſondern nach Partheien Platz ge-
nommen hätten, daß ſie eben ſo partheiweiſe den Saal verließen, daß
denen, welche franzöſiſch gekleidet waren, beim erſten Blinken der Säbel
ſtatt ihrer Degen Dragonerſäbel gereicht wurden, und daß die Land-
boten, die zur Sitzung gefahren waren, ſich am Schluß zu Pferde ſetzten,
weil ſie einen Straßenkampf erwarteten. — Daß die Zerreißung als vom
Hofe ausgegangen betrachtet wurde, ſagt auch der Nuntius in ſeinem
Bericht vom 13. October 1762: „Il tumulto nato nella seconda ses-
sione della dieta, e l’apprensione di piú funeste conseguenze fece pren-
dere il partito di romperla, e si crede che la corte medesima abbia
cio procurato.“
Bei Theiner, Monumenta Poloniae IV, 2. p. 23.
Daß der Hof ſchon vorher dieſe Abſicht hatte, wiſſen wir durch Benoit.
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[162/0176] Sicherheit der Landboten in ihrem Heiligthum durch Waffen gefährdet, und die Freiheit der Republik durch die im Lande ſtehenden ruſſiſchen Truppen und deren Exceſſe verletzt ſei. Als dies in der Verſammlung bekannt ward, blieb dem Marſchall nichts übrig, als die Sitzung auf den folgenden Tag zur Ver- abſchiedung zu vertagen 1). Während dieſer tumultuariſchen Auftritte geriethen der alte Brühl und der Kanzler Czartoryski perſönlich auf das heftigſte aneinander. Zur Feier des Krönungsfeſtes des Königs gab 1) Kitowicz, welcher, ein Partheigänger des Hofes, ſelbſt im Saale war und von ſeinem Sitz aus den ganzen Raum überſehen konnte, ge- ſteht S. 53, daß der erſte blinkende Säbel ein lithauiſcher mit einem Stichblatt war, in einer Hand, welche in einem Handſchuh von Elends- haut ſteckte, deſſen oberes Ende bis an den Ellbogen mit eiſernen Schienen verſehen war. „Der Kopf des Raufboldes war bis an die Augen mit einer dicken aus Draht und Seide zuſammengearbeiteten Mütze bedeckt, wie ſolcher ſich die Lithauer bei ihren Schlägereien zu bedienen pflegen, daher ich wohl ſchließen kann, daß man zuerſt von Seiten der Parthei Radzivils, (d. i. auch der Hofparthei) zum Säbel gegriffen hat.“ Seine weitere Schilderung der Vorgänge iſt noch detaillirter als die des Journals und weicht von dieſem im weſentlichen davon ab, daß er den Tumult gleich in die erſte Sitzung verlegt. Außerdem ſagt er ausdrücklich, daß der Marſchall Malachowski, als der Hofparthei angehörig, ganz genau wußte, wer den Reichstag zu zerreißen befohlen, wer den Dienſt geleiſtet, und daß dieſer ſofort mit ſeinen Dukaten Warſchau verlaſſen hatte; trotzdem aber habe Malachowski ihn zum Schein ſuchen laſſen und ihn in ſeiner Schlußrede verflucht. Nach Kitowicz’ Überzeugung (S. 56) war der ganze Tumult nicht zufällig, ſondern vorbereitet. Er führt dafür an, daß die Landboten nicht in ihrer Ordnung, ſondern nach Partheien Platz ge- nommen hätten, daß ſie eben ſo partheiweiſe den Saal verließen, daß denen, welche franzöſiſch gekleidet waren, beim erſten Blinken der Säbel ſtatt ihrer Degen Dragonerſäbel gereicht wurden, und daß die Land- boten, die zur Sitzung gefahren waren, ſich am Schluß zu Pferde ſetzten, weil ſie einen Straßenkampf erwarteten. — Daß die Zerreißung als vom Hofe ausgegangen betrachtet wurde, ſagt auch der Nuntius in ſeinem Bericht vom 13. October 1762: „Il tumulto nato nella seconda ses- sione della dieta, e l’apprensione di piú funeste conseguenze fece pren- dere il partito di romperla, e si crede che la corte medesima abbia cio procurato.“ Bei Theiner, Monumenta Poloniae IV, 2. p. 23. Daß der Hof ſchon vorher dieſe Abſicht hatte, wiſſen wir durch Benoit.

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Zitationshilfe: Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roepell_polen_1876/176>, abgerufen am 21.11.2024.