Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876.staatlichen Organismus herrühre, gelangt zu dem Schluß, es Das Königthum so gut wie völlig zu beseitigen, den Von solchem Radicalismus ist Leszczynski -- welchem Kar- Trotzdem aber haben all' diese Schriften auf die Nation ſtaatlichen Organismus herrühre, gelangt zu dem Schluß, es Das Königthum ſo gut wie völlig zu beſeitigen, den Von ſolchem Radicalismus iſt Leszczynski — welchem Kar- Trotzdem aber haben all’ dieſe Schriften auf die Nation <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0042" n="28"/> ſtaatlichen Organismus herrühre, gelangt zu dem Schluß, es<lb/> ſei daher für Polen kein Heil zu hoffen, ſofern die Nation<lb/> nicht entweder die reine Monarchie oder die reine Republik<lb/> herſtelle. Zwar erkennt er an, daß die Monarchie die beſte<lb/> Staatsform, zumal in der Gegenwart, ſei; aber er entſcheidet<lb/> ſich doch für die reine Republik, weil für jeden Staat diejenige<lb/> Regierungsform die beſte ſei, welche die dem Genius der Nation<lb/> angemeſſenſte wäre, und dies ſei für die Polen ihrem Character<lb/> und ihrer Geſchichte gemäß die Republik.</p><lb/> <p>Das Königthum ſo gut wie völlig zu beſeitigen, den<lb/> Einfluß und die Macht der Ariſtokratie zu brechen und der<lb/> Maſſe des Adels die unbeſtrittene Herrſchaft in die Hand zu<lb/> geben: auf dieſes Ziel gehen alle ſeine Vorſchläge zur Reform<lb/> ſchließlich hinaus, wenn er auch einſichtig genug iſt, zugleich<lb/> Mittel und Wege anzugeben, geeignet, das Umſchlagen der<lb/> Demokratie in eine Ochlokratie zu verhindern.</p><lb/> <p>Von ſolchem Radicalismus iſt Leszczynski — welchem Kar-<lb/> wicki’s Schrift offenbar bekannt war — weit entfernt. Er<lb/> findet den Grund aller Übel nicht in der Unmöglichkeit des<lb/> Nebeneinanderbeſtehens von „Majeſtät und Freiheit“, ſondern<lb/> darin, daß ſie beide in Polen nicht in das richtige Gleichgewicht<lb/> gebracht wären. Ihm ſchwebt im gewiſſen Sinne die Ver-<lb/> faſſung Englands als Ideal vor. Da er aber ſeine Schrift<lb/> während des Interregnums nach dem Tode Auguſt <hi rendition="#aq">II.</hi> als Wahl-<lb/> manifeſt herausgab, um die Polen für ſeine Wahl zu gewinnen,<lb/> vermeidet er es ſichtlich durch ſeine Reformvorſchläge ihrem<lb/> Freiheitsbegriff und Freiheitsſinn etwa zu ſchroff entgegenzu-<lb/> treten. Immer aber iſt ſein letztes Ziel nicht nur die Krone,<lb/> ſondern auch die Freiheit des Adels in feſte Schranken einzu-<lb/> ſchließen, und hiedurch beide in das richtige Gleichgewicht zu<lb/> einander zu ſetzen. Allerdings ſind ſeine Rathſchläge ſowohl<lb/> wie die Karwicki’s ab und zu nicht frei von einem abſtract-<lb/> theoretiſchen, zur politiſchen Künſtelei neigendem Zuge; allein<lb/> im Großen und Ganzen ſchließen ſie ſich ſoweit als irgend<lb/> möglich an die beſtehenden Einrichtungen und Zuſtände an.</p><lb/> <p>Trotzdem aber haben all’ dieſe Schriften auf die Nation<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [28/0042]
ſtaatlichen Organismus herrühre, gelangt zu dem Schluß, es
ſei daher für Polen kein Heil zu hoffen, ſofern die Nation
nicht entweder die reine Monarchie oder die reine Republik
herſtelle. Zwar erkennt er an, daß die Monarchie die beſte
Staatsform, zumal in der Gegenwart, ſei; aber er entſcheidet
ſich doch für die reine Republik, weil für jeden Staat diejenige
Regierungsform die beſte ſei, welche die dem Genius der Nation
angemeſſenſte wäre, und dies ſei für die Polen ihrem Character
und ihrer Geſchichte gemäß die Republik.
Das Königthum ſo gut wie völlig zu beſeitigen, den
Einfluß und die Macht der Ariſtokratie zu brechen und der
Maſſe des Adels die unbeſtrittene Herrſchaft in die Hand zu
geben: auf dieſes Ziel gehen alle ſeine Vorſchläge zur Reform
ſchließlich hinaus, wenn er auch einſichtig genug iſt, zugleich
Mittel und Wege anzugeben, geeignet, das Umſchlagen der
Demokratie in eine Ochlokratie zu verhindern.
Von ſolchem Radicalismus iſt Leszczynski — welchem Kar-
wicki’s Schrift offenbar bekannt war — weit entfernt. Er
findet den Grund aller Übel nicht in der Unmöglichkeit des
Nebeneinanderbeſtehens von „Majeſtät und Freiheit“, ſondern
darin, daß ſie beide in Polen nicht in das richtige Gleichgewicht
gebracht wären. Ihm ſchwebt im gewiſſen Sinne die Ver-
faſſung Englands als Ideal vor. Da er aber ſeine Schrift
während des Interregnums nach dem Tode Auguſt II. als Wahl-
manifeſt herausgab, um die Polen für ſeine Wahl zu gewinnen,
vermeidet er es ſichtlich durch ſeine Reformvorſchläge ihrem
Freiheitsbegriff und Freiheitsſinn etwa zu ſchroff entgegenzu-
treten. Immer aber iſt ſein letztes Ziel nicht nur die Krone,
ſondern auch die Freiheit des Adels in feſte Schranken einzu-
ſchließen, und hiedurch beide in das richtige Gleichgewicht zu
einander zu ſetzen. Allerdings ſind ſeine Rathſchläge ſowohl
wie die Karwicki’s ab und zu nicht frei von einem abſtract-
theoretiſchen, zur politiſchen Künſtelei neigendem Zuge; allein
im Großen und Ganzen ſchließen ſie ſich ſoweit als irgend
möglich an die beſtehenden Einrichtungen und Zuſtände an.
Trotzdem aber haben all’ dieſe Schriften auf die Nation
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