Von dort scheint der ältere sofort nach Polen zurückgekehrt zu sein; der jüngere aber trat in den Orden der Malteser ein und begann auf dessen Galeeren seine Laufbahn. Nach ein paar Jahren jedoch ging er in die Dienste Östreichs, in welchen er an mehreren Feldzügen, unter anderen an der be- rühmten Schlacht bei Belgrad unter der Führung des Prinzen Eugen Theil nahm (1717). Dennoch brachte er es nicht bis zum Obersten, angeblich, weil er mit den Gegnern Eugens, den Generalen Guido Stahrenberg, de Mercy und Bonnechose in freundschaftlichem Verkehr stand. Trotzdem aber hätte er den östreichischen Dienst schwerlich verlassen, wenn ihn nicht bei einem Besuch im Vaterlande die schöne, liebenswürdige Wittwe des Woiwoden Dehnhof von Poloczk, geb. Sieniawa, angezogen hätte, die einzige Erbin des sehr bedeutenden Ver- mögens ihrer alten Familie. Eben daher bewarben sich auch gar viele aus den reichsten Familien des Landes, unter anderen Franz Salesi Potocki, der spätere Woiwode von Kiew, Michael Kasimir Radzivil, Jan Clemens Branicki, der nachherige Kron- großfeldherr und Schwager des Königs Stanislaw Poniatowski, Adam Tarlo, Woiwode von Lublin, um ihre Hand. Erst nach dreijähriger Bemühung erreichte der Fürst das Ziel seiner Wünsche: ein Erfolg von der weittragendsten Bedeutung für seine gesamte Familie. Denn bisher waren die Czartoryski, wenn auch nicht grade arm, so doch auch nicht reich gewesen. In dieser Beziehung konnten sie mit den Radzivil, Potocki, Sanguszko, Sapieha u. a. nicht rivalisiren; erst diese Heirath (1731, 11. Juni) gab ihnen die finanziellen Mittel, deren sie, wie einmal die socialen und politischen Verhältnisse in Polen waren, bei ihrem Emporsteigen zu Einfluß und Macht nicht entbehren konnten.
Inzwischen hatte der ältere Bruder, Michael, bereits im Dienst der Republik eine angesehene Stellung erworben. Zwar hatte der Vater, wie dies bei der ganzen in der Familie herr- schenden Richtung nicht anders zu erwarten war, nach dem Tode Sobieski's, sich mit seinem Schwager Bielinski der fran- zösischen Parthei des Prinzen Conti, und auch später, als
Roepell, Polen im 18. Jahrhundert. 3
Von dort ſcheint der ältere ſofort nach Polen zurückgekehrt zu ſein; der jüngere aber trat in den Orden der Malteſer ein und begann auf deſſen Galeeren ſeine Laufbahn. Nach ein paar Jahren jedoch ging er in die Dienſte Öſtreichs, in welchen er an mehreren Feldzügen, unter anderen an der be- rühmten Schlacht bei Belgrad unter der Führung des Prinzen Eugen Theil nahm (1717). Dennoch brachte er es nicht bis zum Oberſten, angeblich, weil er mit den Gegnern Eugens, den Generalen Guido Stahrenberg, de Mercy und Bonnechoſe in freundſchaftlichem Verkehr ſtand. Trotzdem aber hätte er den öſtreichiſchen Dienſt ſchwerlich verlaſſen, wenn ihn nicht bei einem Beſuch im Vaterlande die ſchöne, liebenswürdige Wittwe des Woiwoden Dehnhof von Poloczk, geb. Sieniawa, angezogen hätte, die einzige Erbin des ſehr bedeutenden Ver- mögens ihrer alten Familie. Eben daher bewarben ſich auch gar viele aus den reichſten Familien des Landes, unter anderen Franz Saleſi Potocki, der ſpätere Woiwode von Kiew, Michael Kaſimir Radzivil, Jan Clemens Branicki, der nachherige Kron- großfeldherr und Schwager des Königs Stanislaw Poniatowski, Adam Tarlo, Woiwode von Lublin, um ihre Hand. Erſt nach dreijähriger Bemühung erreichte der Fürſt das Ziel ſeiner Wünſche: ein Erfolg von der weittragendſten Bedeutung für ſeine geſamte Familie. Denn bisher waren die Czartoryski, wenn auch nicht grade arm, ſo doch auch nicht reich geweſen. In dieſer Beziehung konnten ſie mit den Radzivil, Potocki, Sanguszko, Sapieha u. a. nicht rivaliſiren; erſt dieſe Heirath (1731, 11. Juni) gab ihnen die finanziellen Mittel, deren ſie, wie einmal die ſocialen und politiſchen Verhältniſſe in Polen waren, bei ihrem Emporſteigen zu Einfluß und Macht nicht entbehren konnten.
Inzwiſchen hatte der ältere Bruder, Michael, bereits im Dienſt der Republik eine angeſehene Stellung erworben. Zwar hatte der Vater, wie dies bei der ganzen in der Familie herr- ſchenden Richtung nicht anders zu erwarten war, nach dem Tode Sobieski’s, ſich mit ſeinem Schwager Bielinski der fran- zöſiſchen Parthei des Prinzen Conti, und auch ſpäter, als
Roepell, Polen im 18. Jahrhundert. 3
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Von dort ſcheint der ältere ſofort nach Polen zurückgekehrt
zu ſein; der jüngere aber trat in den Orden der Malteſer ein
und begann auf deſſen Galeeren ſeine Laufbahn. Nach ein
paar Jahren jedoch ging er in die Dienſte Öſtreichs, in
welchen er an mehreren Feldzügen, unter anderen an der be-
rühmten Schlacht bei Belgrad unter der Führung des Prinzen
Eugen Theil nahm (1717). Dennoch brachte er es nicht bis
zum Oberſten, angeblich, weil er mit den Gegnern Eugens,
den Generalen Guido Stahrenberg, de Mercy und Bonnechoſe
in freundſchaftlichem Verkehr ſtand. Trotzdem aber hätte er
den öſtreichiſchen Dienſt ſchwerlich verlaſſen, wenn ihn nicht
bei einem Beſuch im Vaterlande die ſchöne, liebenswürdige
Wittwe des Woiwoden Dehnhof von Poloczk, geb. Sieniawa,
angezogen hätte, die einzige Erbin des ſehr bedeutenden Ver-
mögens ihrer alten Familie. Eben daher bewarben ſich auch
gar viele aus den reichſten Familien des Landes, unter anderen
Franz Saleſi Potocki, der ſpätere Woiwode von Kiew, Michael
Kaſimir Radzivil, Jan Clemens Branicki, der nachherige Kron-
großfeldherr und Schwager des Königs Stanislaw Poniatowski,
Adam Tarlo, Woiwode von Lublin, um ihre Hand. Erſt nach
dreijähriger Bemühung erreichte der Fürſt das Ziel ſeiner
Wünſche: ein Erfolg von der weittragendſten Bedeutung für
ſeine geſamte Familie. Denn bisher waren die Czartoryski,
wenn auch nicht grade arm, ſo doch auch nicht reich geweſen.
In dieſer Beziehung konnten ſie mit den Radzivil, Potocki,
Sanguszko, Sapieha u. a. nicht rivaliſiren; erſt dieſe Heirath
(1731, 11. Juni) gab ihnen die finanziellen Mittel, deren ſie,
wie einmal die ſocialen und politiſchen Verhältniſſe in Polen
waren, bei ihrem Emporſteigen zu Einfluß und Macht nicht
entbehren konnten.
Inzwiſchen hatte der ältere Bruder, Michael, bereits im
Dienſt der Republik eine angeſehene Stellung erworben. Zwar
hatte der Vater, wie dies bei der ganzen in der Familie herr-
ſchenden Richtung nicht anders zu erwarten war, nach dem
Tode Sobieski’s, ſich mit ſeinem Schwager Bielinski der fran-
zöſiſchen Parthei des Prinzen Conti, und auch ſpäter, als
Roepell, Polen im 18. Jahrhundert. 3
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Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roepell_polen_1876/47>, abgerufen am 16.07.2024.
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