Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876.Verzug müsse daher jeder Freund des Vaterlandes auf den Höchst merkwürdig sind dann die Vorschläge, welche er Verzug müſſe daher jeder Freund des Vaterlandes auf den Höchſt merkwürdig ſind dann die Vorſchläge, welche er <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0082" n="68"/> Verzug müſſe daher jeder Freund des Vaterlandes auf den<lb/> bevorſtehenden Landtagen dafür wirken, daß den Landboten die<lb/> bindendſten Inſtructionen in dieſer Richtung gegeben und ſie<lb/> angewieſen würden, keine Mühe, keine Arbeit zu ſcheuen, damit<lb/> der Reichstag endlich in dieſer Lebensfrage der Nation die<lb/> rechten Beſchlüſſe faſſe.</p><lb/> <p>Höchſt merkwürdig ſind dann die Vorſchläge, welche er<lb/> macht, um den Einwand zu entkräften, daß Polen nicht hin-<lb/> reichend bevölkert ſei, um eine große Armee zu erhalten. Man<lb/> ſolle nur, meint er, die Ehen begünſtigen und die übermäßige<lb/> Zahl der Klöſter beſchränken. Die Ehe ſei ein Sacrament,<lb/> der Verehrung würdig, ein Stand, den Gott ſelbſt eingeſetzt<lb/> habe, um die Erde mit Menſchen zu erfüllen. In die Klöſter<lb/> aber gingen alle Tage eine Menge von Menſchen rein aus<lb/> Unbedachtſamkeit, Übereilung und Faulheit, woher es dringend<lb/> nothwendig ſei, die Ablegung der Gelübde vor dem 25. Lebens-<lb/> jahre durch ein Geſetz zu verbieten. Er fragt, ob denn das<lb/> Gebet eines unwiſſenden Bauern oder eines einfachen Soldaten<lb/> Gott nicht ebenſo angenehm ſei, wie das eines Mönchs oder<lb/> einer Nonne? Aus dem Vermögen der aufzuhebenden Klöſter<lb/> könne man aber die Fonds gewinnen, ſich der Erziehung der<lb/> armen Kinder, um welche ſich bisher niemand bekümmere,<lb/> beſſer anzunehmen, Hospitäler und Invalidenhäuſer zu gründen.<lb/> Auch möge man, dem Beiſpiel anderer katholiſcher Staaten<lb/> folgend, vom päbſtlichen Stuhl die Aufhebung der übermäßig<lb/> zahlreichen kirchlichen Wochenfeſte verlangen, welche der Regel<lb/> nach ſtatt zur Frömmigkeit, zum Müßiggange und zu Aus-<lb/> ſchweifungen Anlaß gäben. Wenn man dann ſchließlich die<lb/> Städte von der Willkühr und Sclaverei, unter der ſie ſeufzten,<lb/> befreie, ihnen ihre alten Rechte zurückgäbe, die Akatholiken mit<lb/> mehr Duldung und Humanität behandle und ihnen Religions-<lb/> freiheit ſo weit allgemein gewähre, daß ſie ihren Gottesdienſt<lb/> in ihren Häuſern ungeſtört halten dürften, ſo würde man durch<lb/> all dieſes nicht nur ein raſches Anwachſen der einheimiſchen<lb/> Bevölkerung bewirken, ſondern auch zahlreiche Einwanderer her-<lb/> beiziehen.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [68/0082]
Verzug müſſe daher jeder Freund des Vaterlandes auf den
bevorſtehenden Landtagen dafür wirken, daß den Landboten die
bindendſten Inſtructionen in dieſer Richtung gegeben und ſie
angewieſen würden, keine Mühe, keine Arbeit zu ſcheuen, damit
der Reichstag endlich in dieſer Lebensfrage der Nation die
rechten Beſchlüſſe faſſe.
Höchſt merkwürdig ſind dann die Vorſchläge, welche er
macht, um den Einwand zu entkräften, daß Polen nicht hin-
reichend bevölkert ſei, um eine große Armee zu erhalten. Man
ſolle nur, meint er, die Ehen begünſtigen und die übermäßige
Zahl der Klöſter beſchränken. Die Ehe ſei ein Sacrament,
der Verehrung würdig, ein Stand, den Gott ſelbſt eingeſetzt
habe, um die Erde mit Menſchen zu erfüllen. In die Klöſter
aber gingen alle Tage eine Menge von Menſchen rein aus
Unbedachtſamkeit, Übereilung und Faulheit, woher es dringend
nothwendig ſei, die Ablegung der Gelübde vor dem 25. Lebens-
jahre durch ein Geſetz zu verbieten. Er fragt, ob denn das
Gebet eines unwiſſenden Bauern oder eines einfachen Soldaten
Gott nicht ebenſo angenehm ſei, wie das eines Mönchs oder
einer Nonne? Aus dem Vermögen der aufzuhebenden Klöſter
könne man aber die Fonds gewinnen, ſich der Erziehung der
armen Kinder, um welche ſich bisher niemand bekümmere,
beſſer anzunehmen, Hospitäler und Invalidenhäuſer zu gründen.
Auch möge man, dem Beiſpiel anderer katholiſcher Staaten
folgend, vom päbſtlichen Stuhl die Aufhebung der übermäßig
zahlreichen kirchlichen Wochenfeſte verlangen, welche der Regel
nach ſtatt zur Frömmigkeit, zum Müßiggange und zu Aus-
ſchweifungen Anlaß gäben. Wenn man dann ſchließlich die
Städte von der Willkühr und Sclaverei, unter der ſie ſeufzten,
befreie, ihnen ihre alten Rechte zurückgäbe, die Akatholiken mit
mehr Duldung und Humanität behandle und ihnen Religions-
freiheit ſo weit allgemein gewähre, daß ſie ihren Gottesdienſt
in ihren Häuſern ungeſtört halten dürften, ſo würde man durch
all dieſes nicht nur ein raſches Anwachſen der einheimiſchen
Bevölkerung bewirken, ſondern auch zahlreiche Einwanderer her-
beiziehen.
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