die obere Erde, welche getragen hat, hinunter zur Ruhe, die untere herauf, und den Dünger in die Mitte zu bringen. Der Gärtner rigolt das Land; er gräbt in Ermangelung des häufigen Düngers alle 2 bis 3 Jahr den Boden um, ihn fruchtbar zu machen. Hierdurch wird der Theil verändert, wo die Pflanze gestanden; die vorige Oberfläche kommt hinunter, und eine ausgeruhete Erde her- auf, die so lange zur Nahrung der Pflanzen und zum Bau derselben dient, bis die untere wieder an ihre Stelle kommt. Hierauf gründete sich die Kretschmarische neue Bauart bey dem doppelfur- chigen Pflügen, wo die obere Furche hinunter braach gelegt wird, daß die Oberfläche des Ackers alle Jahr ruhen kann. Er trat mit seinem Sy- siem zuerst 1748 zu Leipzig auf, und gab sein neu erfundenes Ackerbaurätzel heraus, welches er auch selbst in seiner ökonomischen Praktik 1749 erklärte. Zwar war diese Erfindung in Ansehung des Pflu- ges nicht ganz neu, und schon zu Anfange dieses Jahrhunderts in Vorschlag gekommen; allein oh- ne ihm den Ruhm der eigenen Erfindung abzu- läugnen oder zuzusprechen kann man doch so viel behaupten, daß er diese Erfindung mehr zu einem System benutzt und in das seinige verwebt, und sie also wenigstens in Ansehung des davon gemach- ten Gebrauchs als etwas Neues angesehen wer- den konnte. Sein System fand bald Gegner und Vertheidiger, die wechselseitigen Streitschrif- ten finden sich in den Leipziger Sammlungen, den ökonomischen Nachrichten, und in seiner ökono-
mischen
die obere Erde, welche getragen hat, hinunter zur Ruhe, die untere herauf, und den Duͤnger in die Mitte zu bringen. Der Gaͤrtner rigolt das Land; er graͤbt in Ermangelung des haͤufigen Duͤngers alle 2 bis 3 Jahr den Boden um, ihn fruchtbar zu machen. Hierdurch wird der Theil veraͤndert, wo die Pflanze geſtanden; die vorige Oberflaͤche kommt hinunter, und eine ausgeruhete Erde her- auf, die ſo lange zur Nahrung der Pflanzen und zum Bau derſelben dient, bis die untere wieder an ihre Stelle kommt. Hierauf gruͤndete ſich die Kretſchmariſche neue Bauart bey dem doppelfur- chigen Pfluͤgen, wo die obere Furche hinunter braach gelegt wird, daß die Oberflaͤche des Ackers alle Jahr ruhen kann. Er trat mit ſeinem Sy- ſiem zuerſt 1748 zu Leipzig auf, und gab ſein neu erfundenes Ackerbauraͤtzel heraus, welches er auch ſelbſt in ſeiner oͤkonomiſchen Praktik 1749 erklaͤrte. Zwar war dieſe Erfindung in Anſehung des Pflu- ges nicht ganz neu, und ſchon zu Anfange dieſes Jahrhunderts in Vorſchlag gekommen; allein oh- ne ihm den Ruhm der eigenen Erfindung abzu- laͤugnen oder zuzuſprechen kann man doch ſo viel behaupten, daß er dieſe Erfindung mehr zu einem Syſtem benutzt und in das ſeinige verwebt, und ſie alſo wenigſtens in Anſehung des davon gemach- ten Gebrauchs als etwas Neues angeſehen wer- den konnte. Sein Syſtem fand bald Gegner und Vertheidiger, die wechſelſeitigen Streitſchrif- ten finden ſich in den Leipziger Sammlungen, den oͤkonomiſchen Nachrichten, und in ſeiner oͤkono-
miſchen
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die obere Erde, welche getragen hat, hinunter zur
Ruhe, die untere herauf, und den Duͤnger in die
Mitte zu bringen. Der Gaͤrtner rigolt das Land;
er graͤbt in Ermangelung des haͤufigen Duͤngers
alle 2 bis 3 Jahr den Boden um, ihn fruchtbar
zu machen. Hierdurch wird der Theil veraͤndert,
wo die Pflanze geſtanden; die vorige Oberflaͤche
kommt hinunter, und eine ausgeruhete Erde her-
auf, die ſo lange zur Nahrung der Pflanzen und
zum Bau derſelben dient, bis die untere wieder
an ihre Stelle kommt. Hierauf gruͤndete ſich die
Kretſchmariſche neue Bauart bey dem doppelfur-
chigen Pfluͤgen, wo die obere Furche hinunter
braach gelegt wird, daß die Oberflaͤche des Ackers
alle Jahr ruhen kann. Er trat mit ſeinem Sy-
ſiem zuerſt 1748 zu Leipzig auf, und gab ſein neu
erfundenes Ackerbauraͤtzel heraus, welches er auch
ſelbſt in ſeiner oͤkonomiſchen Praktik 1749 erklaͤrte.
Zwar war dieſe Erfindung in Anſehung des Pflu-
ges nicht ganz neu, und ſchon zu Anfange dieſes
Jahrhunderts in Vorſchlag gekommen; allein oh-
ne ihm den Ruhm der eigenen Erfindung abzu-
laͤugnen oder zuzuſprechen kann man doch ſo viel
behaupten, daß er dieſe Erfindung mehr zu einem
Syſtem benutzt und in das ſeinige verwebt, und
ſie alſo wenigſtens in Anſehung des davon gemach-
ten Gebrauchs als etwas Neues angeſehen wer-
den konnte. Sein Syſtem fand bald Gegner
und Vertheidiger, die wechſelſeitigen Streitſchrif-
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Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 1. Leipzig, 1781, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie01_1781/133>, abgerufen am 26.11.2024.
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