Bey Umstadt wurde in dem Jahre 1777 auch ein Anfang mit dergleichen Pflanzungen gemacht. Eine besonders dazu verbundene Ge- sellschaft, die sich die Bereitung und den Ver- trieb der Krappfarbe zum Zweck gemacht, schoß auf jeden Morgen 60 Fl. vor, um die Anbauer zu unterstützen, und die Beamten bemüheten sich diese Anstalt zu befördern. Die Krappwur- zeln gediehen daselbst in dem ersten Jahre zu der Dicke eines Fingers, und waren viele Loth schwer. Anfänglich verlachte man diese Unter- nehmungen aus Vorurtheilen; allein man fieng bald an, anders zu denken und den Beyspielen nach zu ahmen. Man suchte durch Versuche den Anbau des Krapps, der nach der gewöhnli- chen und vorgeschriebenen Methode etwas kostbar ist, zu erleichtern. Man versuchte zum Bey- spiel den Acker, der mit Wurzeln besetzt wer- den soll, statt ihn mühsam mit dem Spaten zu graben, doppelt zu pflügen. Man läßt den Pflug jede Furche doppelt ausheben, wodurch die Erde eben so tief, ja noch tiefer aufgelokert wird, als durch Roden.
Um Darmstadt herum, wo viel sandige Län- dereyen sind, bauet man den Krapp stark. Er wächst daselbst viel besser, und hat Vorzüge vor demjenigen, welcher in den besten Gegenden ge- bauet wird. Daher ließen sich Kaufleute aus entfernten Gegenden mit ihnen auf Contracte ein, errichteten eine Fabrik mit weitläuftigen Gebäuden, und gaben dem Unterthan, sobald
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Bey Umſtadt wurde in dem Jahre 1777 auch ein Anfang mit dergleichen Pflanzungen gemacht. Eine beſonders dazu verbundene Ge- ſellſchaft, die ſich die Bereitung und den Ver- trieb der Krappfarbe zum Zweck gemacht, ſchoß auf jeden Morgen 60 Fl. vor, um die Anbauer zu unterſtuͤtzen, und die Beamten bemuͤheten ſich dieſe Anſtalt zu befoͤrdern. Die Krappwur- zeln gediehen daſelbſt in dem erſten Jahre zu der Dicke eines Fingers, und waren viele Loth ſchwer. Anfaͤnglich verlachte man dieſe Unter- nehmungen aus Vorurtheilen; allein man fieng bald an, anders zu denken und den Beyſpielen nach zu ahmen. Man ſuchte durch Verſuche den Anbau des Krapps, der nach der gewoͤhnli- chen und vorgeſchriebenen Methode etwas koſtbar iſt, zu erleichtern. Man verſuchte zum Bey- ſpiel den Acker, der mit Wurzeln beſetzt wer- den ſoll, ſtatt ihn muͤhſam mit dem Spaten zu graben, doppelt zu pfluͤgen. Man laͤßt den Pflug jede Furche doppelt ausheben, wodurch die Erde eben ſo tief, ja noch tiefer aufgelokert wird, als durch Roden.
Um Darmſtadt herum, wo viel ſandige Laͤn- dereyen ſind, bauet man den Krapp ſtark. Er waͤchſt daſelbſt viel beſſer, und hat Vorzuͤge vor demjenigen, welcher in den beſten Gegenden ge- bauet wird. Daher ließen ſich Kaufleute aus entfernten Gegenden mit ihnen auf Contracte ein, errichteten eine Fabrik mit weitlaͤuftigen Gebaͤuden, und gaben dem Unterthan, ſobald
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Bey Umſtadt wurde in dem Jahre 1777
auch ein Anfang mit dergleichen Pflanzungen
gemacht. Eine beſonders dazu verbundene Ge-
ſellſchaft, die ſich die Bereitung und den Ver-
trieb der Krappfarbe zum Zweck gemacht, ſchoß
auf jeden Morgen 60 Fl. vor, um die Anbauer
zu unterſtuͤtzen, und die Beamten bemuͤheten ſich
dieſe Anſtalt zu befoͤrdern. Die Krappwur-
zeln gediehen daſelbſt in dem erſten Jahre zu
der Dicke eines Fingers, und waren viele Loth
ſchwer. Anfaͤnglich verlachte man dieſe Unter-
nehmungen aus Vorurtheilen; allein man fieng
bald an, anders zu denken und den Beyſpielen
nach zu ahmen. Man ſuchte durch Verſuche
den Anbau des Krapps, der nach der gewoͤhnli-
chen und vorgeſchriebenen Methode etwas koſtbar
iſt, zu erleichtern. Man verſuchte zum Bey-
ſpiel den Acker, der mit Wurzeln beſetzt wer-
den ſoll, ſtatt ihn muͤhſam mit dem Spaten zu
graben, doppelt zu pfluͤgen. Man laͤßt den
Pflug jede Furche doppelt ausheben, wodurch
die Erde eben ſo tief, ja noch tiefer aufgelokert
wird, als durch Roden.
Um Darmſtadt herum, wo viel ſandige Laͤn-
dereyen ſind, bauet man den Krapp ſtark. Er
waͤchſt daſelbſt viel beſſer, und hat Vorzuͤge vor
demjenigen, welcher in den beſten Gegenden ge-
bauet wird. Daher ließen ſich Kaufleute aus
entfernten Gegenden mit ihnen auf Contracte
ein, errichteten eine Fabrik mit weitlaͤuftigen
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Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 1. Leipzig, 1781, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie01_1781/189>, abgerufen am 21.11.2024.
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