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Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 1. Leipzig, 1781.

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Aber es war nichts ganzes und anhaltendes. Man
betrieb die Oekonomie blos aus Bedürfniß, Ei-
gennutz, Zwang und Gewohnheit.

Selbst den Klöstern, die ihre Lieferungen von
den Ländereyen erhielten, und den Geistlichen, die
ihren Zehnden so eifrig suchten, mußte daran ge-
legen seyn, daß der Landmann sein Feld baue.
Und oft suchte dieser ein verdienstliches Werk dar-
innen, an den Ländereyen eines Klosters und ih-
rem Baue und Bestellung zu arbeiten, und trat
gern unter den Krumstab des Bischofs und den
Schutz des Klosters, je mehr bürgerliche Vor-
theile er dadurch erhielt. Und so beförderten die
Klöster häufig die Cultur, so daß der Satz des
Thomasius, daß die Clerisey den Landbau aus
Politik unterdrückt, sie nicht ganz trifft. Ich
kann kaum glauben, daß die Politik der Clerisey
sich bis dahin erstreckt, daß sie die Wichtigkeit
des Landbaues für den Staat ganz eingesehen,
und ihn deswegen durch Verachtung zu unter-
drücken gesucht, damit sie die weltlichen Herren
immer in einer gewissen Schwäche erhielten; son-
dern es geschahe wohl meistentheils aus Unwissen-
heit wegen der unrichtigen und schlechten Idee,
die ihnen die aristotelische Philosophie davon ge-
geben, und aus Vorurtheilen gegen den minder
freyen Stand, der ihn trieb, aus Bosheit und
Stolz, sich und ihre Geschäffte allein zu erheben,
da er denn das nämliche Schicksal mit andern
weltlichen Beschäfftigungen hatte. Einen großen
Antheil daran hatte, wie ich schon oben erinnert

habe,

Aber es war nichts ganzes und anhaltendes. Man
betrieb die Oekonomie blos aus Beduͤrfniß, Ei-
gennutz, Zwang und Gewohnheit.

Selbſt den Kloͤſtern, die ihre Lieferungen von
den Laͤndereyen erhielten, und den Geiſtlichen, die
ihren Zehnden ſo eifrig ſuchten, mußte daran ge-
legen ſeyn, daß der Landmann ſein Feld baue.
Und oft ſuchte dieſer ein verdienſtliches Werk dar-
innen, an den Laͤndereyen eines Kloſters und ih-
rem Baue und Beſtellung zu arbeiten, und trat
gern unter den Krumſtab des Biſchofs und den
Schutz des Kloſters, je mehr buͤrgerliche Vor-
theile er dadurch erhielt. Und ſo befoͤrderten die
Kloͤſter haͤufig die Cultur, ſo daß der Satz des
Thomaſius, daß die Cleriſey den Landbau aus
Politik unterdruͤckt, ſie nicht ganz trifft. Ich
kann kaum glauben, daß die Politik der Cleriſey
ſich bis dahin erſtreckt, daß ſie die Wichtigkeit
des Landbaues fuͤr den Staat ganz eingeſehen,
und ihn deswegen durch Verachtung zu unter-
druͤcken geſucht, damit ſie die weltlichen Herren
immer in einer gewiſſen Schwaͤche erhielten; ſon-
dern es geſchahe wohl meiſtentheils aus Unwiſſen-
heit wegen der unrichtigen und ſchlechten Idee,
die ihnen die ariſtoteliſche Philoſophie davon ge-
geben, und aus Vorurtheilen gegen den minder
freyen Stand, der ihn trieb, aus Bosheit und
Stolz, ſich und ihre Geſchaͤffte allein zu erheben,
da er denn das naͤmliche Schickſal mit andern
weltlichen Beſchaͤfftigungen hatte. Einen großen
Antheil daran hatte, wie ich ſchon oben erinnert

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[8/0034] Aber es war nichts ganzes und anhaltendes. Man betrieb die Oekonomie blos aus Beduͤrfniß, Ei- gennutz, Zwang und Gewohnheit. Selbſt den Kloͤſtern, die ihre Lieferungen von den Laͤndereyen erhielten, und den Geiſtlichen, die ihren Zehnden ſo eifrig ſuchten, mußte daran ge- legen ſeyn, daß der Landmann ſein Feld baue. Und oft ſuchte dieſer ein verdienſtliches Werk dar- innen, an den Laͤndereyen eines Kloſters und ih- rem Baue und Beſtellung zu arbeiten, und trat gern unter den Krumſtab des Biſchofs und den Schutz des Kloſters, je mehr buͤrgerliche Vor- theile er dadurch erhielt. Und ſo befoͤrderten die Kloͤſter haͤufig die Cultur, ſo daß der Satz des Thomaſius, daß die Cleriſey den Landbau aus Politik unterdruͤckt, ſie nicht ganz trifft. Ich kann kaum glauben, daß die Politik der Cleriſey ſich bis dahin erſtreckt, daß ſie die Wichtigkeit des Landbaues fuͤr den Staat ganz eingeſehen, und ihn deswegen durch Verachtung zu unter- druͤcken geſucht, damit ſie die weltlichen Herren immer in einer gewiſſen Schwaͤche erhielten; ſon- dern es geſchahe wohl meiſtentheils aus Unwiſſen- heit wegen der unrichtigen und ſchlechten Idee, die ihnen die ariſtoteliſche Philoſophie davon ge- geben, und aus Vorurtheilen gegen den minder freyen Stand, der ihn trieb, aus Bosheit und Stolz, ſich und ihre Geſchaͤffte allein zu erheben, da er denn das naͤmliche Schickſal mit andern weltlichen Beſchaͤfftigungen hatte. Einen großen Antheil daran hatte, wie ich ſchon oben erinnert habe,

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Zitationshilfe: Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 1. Leipzig, 1781, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie01_1781/34>, abgerufen am 23.11.2024.