le hinderten noch zu sehr die weitern Fortschrit- te. In der Art den Weinstock fortzupflan- zen, kannte man meist nur das Sänken, da man die Reben des alten Stockes in die Erde bringt, und bis sie sich bewurzelt, an dem al- ten Stocke läßt; oder auch die schon abgelös- te Rebe in die Erde setzt. Sie kannten die verschiedenen Arten zu pfropfen nicht, nicht die Erfindungen eines Knechts und Gauppens, Weinberge mit Würzlingen und Schnittlin- gen anzulegen; wie sie überhaupt vieler Vor- theile entbehrten, die die neuern Zeiten haben.
Uebrigens scheint es, daß man im sech- zehenten Jahrhunderte noch viel mit dem Cli- ma zu kämpfen hatte; wenigstens erhellet die- ses aus den Ertragsberechnungen der Wein- berge bey Stutgart, welche sich in dem schwä- bischen Magazin befinden, da in den mei- sten Jahren sehr viel, zuweilen alles erfror, oder doch von Reifen litte; besonders schade- te die damalige Gewohnheit, die Stöcke häu- fig unbezogen zu lassen, daher fast meistens diese ganz erfroren, oder doch sehr viel litten; eben so erfror auch das niedere Feld häufiger, als das hohe. Nur die Jahre 1519, 1540, 1543, 1551, 1583 und 1599 gaben vor- züglich gute Weine; bloß reiche Herbste waren in den Jahren 1503, 1504, 1521, 1528, 1531, 1538, 1539, 1552, 1584, 1598. Gute Weine, aber doch nicht reichlich, gaben
die
le hinderten noch zu ſehr die weitern Fortſchrit- te. In der Art den Weinſtock fortzupflan- zen, kannte man meiſt nur das Saͤnken, da man die Reben des alten Stockes in die Erde bringt, und bis ſie ſich bewurzelt, an dem al- ten Stocke laͤßt; oder auch die ſchon abgeloͤs- te Rebe in die Erde ſetzt. Sie kannten die verſchiedenen Arten zu pfropfen nicht, nicht die Erfindungen eines Knechts und Gauppens, Weinberge mit Wuͤrzlingen und Schnittlin- gen anzulegen; wie ſie uͤberhaupt vieler Vor- theile entbehrten, die die neuern Zeiten haben.
Uebrigens ſcheint es, daß man im ſech- zehenten Jahrhunderte noch viel mit dem Cli- ma zu kaͤmpfen hatte; wenigſtens erhellet die- ſes aus den Ertragsberechnungen der Wein- berge bey Stutgart, welche ſich in dem ſchwaͤ- biſchen Magazin befinden, da in den mei- ſten Jahren ſehr viel, zuweilen alles erfror, oder doch von Reifen litte; beſonders ſchade- te die damalige Gewohnheit, die Stoͤcke haͤu- fig unbezogen zu laſſen, daher faſt meiſtens dieſe ganz erfroren, oder doch ſehr viel litten; eben ſo erfror auch das niedere Feld haͤufiger, als das hohe. Nur die Jahre 1519, 1540, 1543, 1551, 1583 und 1599 gaben vor- zuͤglich gute Weine; bloß reiche Herbſte waren in den Jahren 1503, 1504, 1521, 1528, 1531, 1538, 1539, 1552, 1584, 1598. Gute Weine, aber doch nicht reichlich, gaben
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le hinderten noch zu ſehr die weitern Fortſchrit-
te. In der Art den Weinſtock fortzupflan-
zen, kannte man meiſt nur das Saͤnken, da
man die Reben des alten Stockes in die Erde
bringt, und bis ſie ſich bewurzelt, an dem al-
ten Stocke laͤßt; oder auch die ſchon abgeloͤs-
te Rebe in die Erde ſetzt. Sie kannten die
verſchiedenen Arten zu pfropfen nicht, nicht
die Erfindungen eines Knechts und Gauppens,
Weinberge mit Wuͤrzlingen und Schnittlin-
gen anzulegen; wie ſie uͤberhaupt vieler Vor-
theile entbehrten, die die neuern Zeiten
haben.
Uebrigens ſcheint es, daß man im ſech-
zehenten Jahrhunderte noch viel mit dem Cli-
ma zu kaͤmpfen hatte; wenigſtens erhellet die-
ſes aus den Ertragsberechnungen der Wein-
berge bey Stutgart, welche ſich in dem ſchwaͤ-
biſchen Magazin befinden, da in den mei-
ſten Jahren ſehr viel, zuweilen alles erfror,
oder doch von Reifen litte; beſonders ſchade-
te die damalige Gewohnheit, die Stoͤcke haͤu-
fig unbezogen zu laſſen, daher faſt meiſtens
dieſe ganz erfroren, oder doch ſehr viel litten;
eben ſo erfror auch das niedere Feld haͤufiger,
als das hohe. Nur die Jahre 1519, 1540,
1543, 1551, 1583 und 1599 gaben vor-
zuͤglich gute Weine; bloß reiche Herbſte waren
in den Jahren 1503, 1504, 1521, 1528,
1531, 1538, 1539, 1552, 1584, 1598.
Gute Weine, aber doch nicht reichlich, gaben
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Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 2,1. Leipzig, 1782, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie02_1782/168>, abgerufen am 30.11.2024.
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