fern im Meere wohnenden Helden sind vom menschlichen Leben weit abgerückt, auch menschlichen Bitten und Wünschen un- erreichbar, keine Einwirkung auf das Diesseits ist ihnen ge- stattet, und so wird ihnen kein Cult gewidmet: nie hat ein Cult der Bewohner des Elysiums als solcher bestanden. Sie schweben in der Ferne wie Bilder dichterischer Phantasie, von denen Niemand ein thätiges Eingreifen in die Wirklich- keit erwartet. Anders diese Höhlenentrückten. Sie hausen ja lebendig unter der Erdoberfläche, nicht im unerreichbaren Nebel- reiche des Hades, sondern mitten in Griechenland; Fragen und Bitten werden zu ihnen hinab, ihre Hülfe wird zu den Bitten- den herauf dringen können. Ihnen widmet man denn auch, als mächtigen und wirksamen Geistern, einen Cult.
Wir wissen Genaueres über die Art, in der man den Amphiaraos verehrte, namentlich aus der späteren Zeit, als neben dem Orte bei Theben, an welchem die Sage von seiner Niederfahrt ursprünglich heimisch war, auch, und mit über- wiegendem Erfolg, Oropos, der Grenzort von Böotien und Attika, eine Stelle seines Gebietes als den Ort der Erdentrückung des Amphiaraos bezeichnete 1). Von dem Cult des Trophonios haben wir ebenfalls aus späterer Zeit einige Kunde. Unter der im Laufe der Zeit angesammelten Mannichfaltigkeit der Begehungen treten einige besonders charakteristisch hervor, aus denen sich die zu Grunde liegende religiöse Vorstellung erkennen lässt. Man brachte dem Amphiaraos und dem Trophonios solche Opfer dar, wie sonst den chthonischen, d. h. in der Erdtiefe wohnenden Göttern 2). Man erwartete
1) S. Anhang 13.
2) Dem Trophonios opfert man, vor der Hinabfahrt, nachts, in eine Grube (bothros) einen Widder: Paus. 9, 39, 6; dem Amphiaraos, nach längerem Fasten (Philostr. v. Ap. 2, 37, p. 79, 19 ff.) und nach Darbringung eines katharsion, einen Widder, auf dessen Fell sich dann der das Orakel Befragende zum Schlaf niederlegt (Paus. 1, 34, 5). -- Cleanthem, cum pede terram percussisset, versum ex Epigonis (wohl des Sophokles) ferunt dixisse: Audisne haec Amphiarae, sub terram abdite? Cic. Tusc. II § 60. Auch der Gestus wird der betreffenden Scene der Epigonoi entlehnt sein. Man schlug also auf die Erde, wenn man den Amphiaraos anrief, wie bei
fern im Meere wohnenden Helden sind vom menschlichen Leben weit abgerückt, auch menschlichen Bitten und Wünschen un- erreichbar, keine Einwirkung auf das Diesseits ist ihnen ge- stattet, und so wird ihnen kein Cult gewidmet: nie hat ein Cult der Bewohner des Elysiums als solcher bestanden. Sie schweben in der Ferne wie Bilder dichterischer Phantasie, von denen Niemand ein thätiges Eingreifen in die Wirklich- keit erwartet. Anders diese Höhlenentrückten. Sie hausen ja lebendig unter der Erdoberfläche, nicht im unerreichbaren Nebel- reiche des Hades, sondern mitten in Griechenland; Fragen und Bitten werden zu ihnen hinab, ihre Hülfe wird zu den Bitten- den herauf dringen können. Ihnen widmet man denn auch, als mächtigen und wirksamen Geistern, einen Cult.
Wir wissen Genaueres über die Art, in der man den Amphiaraos verehrte, namentlich aus der späteren Zeit, als neben dem Orte bei Theben, an welchem die Sage von seiner Niederfahrt ursprünglich heimisch war, auch, und mit über- wiegendem Erfolg, Oropos, der Grenzort von Böotien und Attika, eine Stelle seines Gebietes als den Ort der Erdentrückung des Amphiaraos bezeichnete 1). Von dem Cult des Trophonios haben wir ebenfalls aus späterer Zeit einige Kunde. Unter der im Laufe der Zeit angesammelten Mannichfaltigkeit der Begehungen treten einige besonders charakteristisch hervor, aus denen sich die zu Grunde liegende religiöse Vorstellung erkennen lässt. Man brachte dem Amphiaraos und dem Trophonios solche Opfer dar, wie sonst den chthonischen, d. h. in der Erdtiefe wohnenden Göttern 2). Man erwartete
1) S. Anhang 13.
2) Dem Trophonios opfert man, vor der Hinabfahrt, nachts, in eine Grube (βόϑρος) einen Widder: Paus. 9, 39, 6; dem Amphiaraos, nach längerem Fasten (Philostr. v. Ap. 2, 37, p. 79, 19 ff.) und nach Darbringung eines καϑάρσιον, einen Widder, auf dessen Fell sich dann der das Orakel Befragende zum Schlaf niederlegt (Paus. 1, 34, 5). — Cleanthem, cum pede terram percussisset, versum ex Epigonis (wohl des Sophokles) ferunt dixisse: Audisne haec Amphiaraë, sub terram abdite? Cic. Tusc. II § 60. Auch der Gestus wird der betreffenden Scene der Ἐπίγονοι entlehnt sein. Man schlug also auf die Erde, wenn man den Amphiaraos anrief, wie bei
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Cult der Bewohner des Elysiums als solcher bestanden.
Sie schweben in der Ferne wie Bilder dichterischer Phantasie,
von denen Niemand ein thätiges Eingreifen in die Wirklich-
keit erwartet. Anders diese Höhlenentrückten. Sie hausen ja
lebendig unter der Erdoberfläche, nicht im unerreichbaren Nebel-
reiche des Hades, sondern mitten in Griechenland; Fragen und
Bitten werden zu ihnen hinab, ihre Hülfe wird zu den Bitten-
den herauf dringen können. Ihnen widmet man denn auch,
als mächtigen und wirksamen Geistern, einen Cult.
Wir wissen Genaueres über die Art, in der man den
Amphiaraos verehrte, namentlich aus der späteren Zeit, als
neben dem Orte bei Theben, an welchem die Sage von seiner
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wiegendem Erfolg, Oropos, der Grenzort von Böotien und Attika,
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haben wir ebenfalls aus späterer Zeit einige Kunde. Unter
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Begehungen treten einige besonders charakteristisch hervor,
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erkennen lässt. Man brachte dem Amphiaraos und dem
Trophonios solche Opfer dar, wie sonst den chthonischen,
d. h. in der Erdtiefe wohnenden Göttern 2). Man erwartete
1) S. Anhang 13.
2) Dem Trophonios opfert man, vor der Hinabfahrt, nachts, in eine
Grube (βόϑρος) einen Widder: Paus. 9, 39, 6; dem Amphiaraos, nach
längerem Fasten (Philostr. v. Ap. 2, 37, p. 79, 19 ff.) und nach Darbringung
eines καϑάρσιον, einen Widder, auf dessen Fell sich dann der das Orakel
Befragende zum Schlaf niederlegt (Paus. 1, 34, 5). — Cleanthem, cum pede
terram percussisset, versum ex Epigonis (wohl des Sophokles) ferunt
dixisse: Audisne haec Amphiaraë, sub terram abdite? Cic. Tusc. II § 60.
Auch der Gestus wird der betreffenden Scene der Ἐπίγονοι entlehnt sein.
Man schlug also auf die Erde, wenn man den Amphiaraos anrief, wie bei
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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/127>, abgerufen am 21.11.2024.
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