Wir würden auch aus den geringen Resten der so bedeuten- den Litteratur, namentlich der lyrischen Dichtung des 7. und beginnenden 6. Jahrhunderts kaum eine Ahnung von dem Vorhandensein dieses, dem Epos ganz fremden Elementes des religiösen Lebens der Griechen gewinnen 1). Wo endlich der Strom der bis auf unsere Zeit gelangten Litteratur breiter fluthet, ist freilich auch von Heroen oft die Rede. Pindars Siegeslieder und Herodots Geschichtswerk vertreten die Generationen, welche die Perserkriege und die nächsten fünfzig Jahre durchlebten. Sie lassen mit überraschender Bestimmtheit erkennen, wie lebendig damals der Glaube an Dasein und Wirksamkeit der Heroen auch bei gebildeten, aber von der neumodischen Auf- klärung wenig berührten Männern war. Im Glauben des Volkes, in der Religionsübung der Stämme und Städte haben die heimischen Heroen neben den Göttern ihre unbestrittene feste Stelle. Bei den Göttern und den Heroen des Landes schwören die Vertreter der Staaten ihre Eide 2); die Götter und Heroen Griechenlands sind es, denen frommer Sinn den Sieg über die Barbaren zuschreibt 3). So anerkannt war die Gültigkeit des griechischen Heroenglaubens, dass selbst die persischen Magier im Heere des Xerxes in Troas den dort begrabenen Heroen nächtliche Trankopfer darbrachten 4).
sanias ganz zu schweigen). -- Alt war freilich der Cult der Helena und des Menelaos in Therapne: s. Ross, Arch. Aufs. 2, 341 ff. Man knüpfte in Sparta begierig an die vordorische legitime Königsherrschaft an: daher man auch die Gebeine des Orest, des Tisamenos nach Sparta gebracht hatte und beide dort heroisch verehrte. Mit der Entrückung des Mene- laos nach Elysion (Odyss. d) hat sein Cult in Therapne nichts zu thun.
1) Einen Daites, eroa timomenon para tois Trosin erwähnte Mim- nermus, fr. 18. Früher schon scheint auf heroischen Cult des Achill hin- zuweisen Alcaeus fr. 48 b: Akhilleu, o gas Skuthikas medeis (s. Wassner, de heroum cultu p. 33).
2) theoi osoi gen ten Plataiida ekhete kai eroes, xunistores este -- Thucyd. 2, 74, 2; marturas theous kai eroas egkhorious poiesomai -- Thuc. 4, 87, 2: vgl. Thuc. 5, 30, 2. 5.
3) Herodot 8, 109: tade gar ouo emeis katergasametha, alla theoi te kai eroes.
4) Herod. 7, 43.
Wir würden auch aus den geringen Resten der so bedeuten- den Litteratur, namentlich der lyrischen Dichtung des 7. und beginnenden 6. Jahrhunderts kaum eine Ahnung von dem Vorhandensein dieses, dem Epos ganz fremden Elementes des religiösen Lebens der Griechen gewinnen 1). Wo endlich der Strom der bis auf unsere Zeit gelangten Litteratur breiter fluthet, ist freilich auch von Heroen oft die Rede. Pindars Siegeslieder und Herodots Geschichtswerk vertreten die Generationen, welche die Perserkriege und die nächsten fünfzig Jahre durchlebten. Sie lassen mit überraschender Bestimmtheit erkennen, wie lebendig damals der Glaube an Dasein und Wirksamkeit der Heroen auch bei gebildeten, aber von der neumodischen Auf- klärung wenig berührten Männern war. Im Glauben des Volkes, in der Religionsübung der Stämme und Städte haben die heimischen Heroen neben den Göttern ihre unbestrittene feste Stelle. Bei den Göttern und den Heroen des Landes schwören die Vertreter der Staaten ihre Eide 2); die Götter und Heroen Griechenlands sind es, denen frommer Sinn den Sieg über die Barbaren zuschreibt 3). So anerkannt war die Gültigkeit des griechischen Heroenglaubens, dass selbst die persischen Magier im Heere des Xerxes in Troas den dort begrabenen Heroen nächtliche Trankopfer darbrachten 4).
sanias ganz zu schweigen). — Alt war freilich der Cult der Helena und des Menelaos in Therapne: s. Ross, Arch. Aufs. 2, 341 ff. Man knüpfte in Sparta begierig an die vordorische legitime Königsherrschaft an: daher man auch die Gebeine des Orest, des Tisamenos nach Sparta gebracht hatte und beide dort heroisch verehrte. Mit der Entrückung des Mene- laos nach Elysion (Odyss. δ) hat sein Cult in Therapne nichts zu thun.
1) Einen Daites, ἥρωα τιμώμενον παρὰ τοῖς Τρωσίν erwähnte Mim- nermus, fr. 18. Früher schon scheint auf heroischen Cult des Achill hin- zuweisen Alcaeus fr. 48 b: Ἀχίλλευ, ὂ γᾶς Σκυϑίκας μέδεις (s. Wassner, de heroum cultu p. 33).
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Wir würden auch aus den geringen Resten der so bedeuten-
den Litteratur, namentlich der lyrischen Dichtung des 7. und
beginnenden 6. Jahrhunderts kaum eine Ahnung von dem
Vorhandensein dieses, dem Epos ganz fremden Elementes des
religiösen Lebens der Griechen gewinnen 1). Wo endlich der
Strom der bis auf unsere Zeit gelangten Litteratur breiter fluthet,
ist freilich auch von Heroen oft die Rede. Pindars Siegeslieder
und Herodots Geschichtswerk vertreten die Generationen, welche
die Perserkriege und die nächsten fünfzig Jahre durchlebten.
Sie lassen mit überraschender Bestimmtheit erkennen, wie
lebendig damals der Glaube an Dasein und Wirksamkeit der
Heroen auch bei gebildeten, aber von der neumodischen Auf-
klärung wenig berührten Männern war. Im Glauben des
Volkes, in der Religionsübung der Stämme und Städte haben
die heimischen Heroen neben den Göttern ihre unbestrittene
feste Stelle. Bei den Göttern und den Heroen des Landes
schwören die Vertreter der Staaten ihre Eide 2); die Götter
und Heroen Griechenlands sind es, denen frommer Sinn den
Sieg über die Barbaren zuschreibt 3). So anerkannt war die
Gültigkeit des griechischen Heroenglaubens, dass selbst die
persischen Magier im Heere des Xerxes in Troas den dort
begrabenen Heroen nächtliche Trankopfer darbrachten 4).
2)
1) Einen Daites, ἥρωα τιμώμενον παρὰ τοῖς Τρωσίν erwähnte Mim-
nermus, fr. 18. Früher schon scheint auf heroischen Cult des Achill hin-
zuweisen Alcaeus fr. 48 b: Ἀχίλλευ, ὂ γᾶς Σκυϑίκας μέδεις (s. Wassner, de
heroum cultu p. 33).
2) ϑεοὶ ὅσοι γῆν τὴν Πλαταιΐδα ἔχετε καὶ ἥρωες, ξυνίστορές ἐστε —
Thucyd. 2, 74, 2; μάρτυρας ϑεοὺς καὶ ἥρωας ἐγχωρίους ποιήσομαι —
Thuc. 4, 87, 2: vgl. Thuc. 5, 30, 2. 5.
3) Herodot 8, 109: τάδε γὰρ οὐο ἡμεῖς κατεργασάμεϑα, ἀλλὰ ϑεοί τε
καὶ ἥρωες.
4) Herod. 7, 43.
2) sanias ganz zu schweigen). — Alt war freilich der Cult der Helena und
des Menelaos in Therapne: s. Ross, Arch. Aufs. 2, 341 ff. Man knüpfte in
Sparta begierig an die vordorische legitime Königsherrschaft an: daher
man auch die Gebeine des Orest, des Tisamenos nach Sparta gebracht
hatte und beide dort heroisch verehrte. Mit der Entrückung des Mene-
laos nach Elysion (Odyss. δ) hat sein Cult in Therapne nichts zu thun.
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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/154>, abgerufen am 16.02.2025.
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