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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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Testament macht. Selbst der Unglaube hielt sich eben an
den Cult, wie an anderes Herkömmliche, und der Cult er-
zeugte doch immer wieder bei Vielen den Glauben, der ihn
allein rechtfertigte.

III.
Elemente des Seelencultes in der Blutrache und
Mordsühne.

Auf die Neubelebung und Ausbildung des Seelencultes
hat auch jene priesterliche Genossenschaft, welcher bei der
Ordnung der Verehrung unsichtbarer Mächte die griechischen
Staaten höchste Entscheidung zugestanden, die Priesterschaft
des delphischen Orakels, ihren Einfluss geübt. Auf Anfrage des
Staates bei bedrohlichen Himmelserscheinungen gab wohl der
Gott die Anweisung, neben den Opfern für Götter und Heroen
auch "den Todten an den richtigen Tagen durch ihre An-
gehörigen opfern zu lassen nach Brauch und Herkommen"1).
Was im einzelnen Falle bei Verehrung einer abgeschiedenen
Seele das heilige Recht fordere, lehrte zu Athen den Zweifeln-
den einer der "Exegeten", vermuthlich aus demjenigen Exegeten-
collegium, das unter dem Einflusse des delphischen Orakels
eingesetzt war2). Auch das Recht der Todten schirmte der

scheint auch Theophrast eine Bestimmung über regelmässige Feier seines
Gedächtnisses (durch die Genossen des Peripatos?) getroffen zu haben.
Harpocr. 139, 4 ff: mepote de usteron nenomistai to epi time tinas ton apo-
thanonton
sunienai kai orgeonas omoios onomasthai ; os esti sunidein ek
ton
Theophrastou diathekon. Das bei Laert. Diog. erhaltene Testament des
Th. schweigt hiervon.
1) Orakel bei Demosth. 43, 66 (vgl. 67): tois apophthimenois en iknou-
mena amera (en tais kathekousais emerais § 67) telein tous kathekontas katta
agemena. -- ta agemena = ta nomizomena "das Gebräuchliche" (Buttmann,
Ausf. Gramm. § 113 A. 7, 2 p. 84 Lob.).
2) Befragung, bei Todtenopfern, des exegetes: Isaeus 8, 39; der

Testament macht. Selbst der Unglaube hielt sich eben an
den Cult, wie an anderes Herkömmliche, und der Cult er-
zeugte doch immer wieder bei Vielen den Glauben, der ihn
allein rechtfertigte.

III.
Elemente des Seelencultes in der Blutrache und
Mordsühne.

Auf die Neubelebung und Ausbildung des Seelencultes
hat auch jene priesterliche Genossenschaft, welcher bei der
Ordnung der Verehrung unsichtbarer Mächte die griechischen
Staaten höchste Entscheidung zugestanden, die Priesterschaft
des delphischen Orakels, ihren Einfluss geübt. Auf Anfrage des
Staates bei bedrohlichen Himmelserscheinungen gab wohl der
Gott die Anweisung, neben den Opfern für Götter und Heroen
auch „den Todten an den richtigen Tagen durch ihre An-
gehörigen opfern zu lassen nach Brauch und Herkommen“1).
Was im einzelnen Falle bei Verehrung einer abgeschiedenen
Seele das heilige Recht fordere, lehrte zu Athen den Zweifeln-
den einer der „Exegeten“, vermuthlich aus demjenigen Exegeten-
collegium, das unter dem Einflusse des delphischen Orakels
eingesetzt war2). Auch das Recht der Todten schirmte der

scheint auch Theophrast eine Bestimmung über regelmässige Feier seines
Gedächtnisses (durch die Genossen des Peripatos?) getroffen zu haben.
Harpocr. 139, 4 ff: μήποτε δὲ ὕστερον νενόμισται τὸ ἐπὶ τιμῇ τινὰς τῶν ἀπο-
ϑανόντων
συνιέναι καὶ ὀργεῶνας ὁμοίως ὠνομάσϑαι · ὡς ἔστι συνιδεῖν ἐκ
τῶν
Θεοφράστου διαϑηκῶν. Das bei Laert. Diog. erhaltene Testament des
Th. schweigt hiervon.
1) Orakel bei Demosth. 43, 66 (vgl. 67): τοῖς ἀποφϑιμένοις ἐν ἱκνου-
μένᾳ ἁμέρᾳ (ἐν ταῖς καϑηκούσαις ἡμέραις § 67) τελεῖν τοὺς καϑήκοντας καττἀ
ἁγημένα. — τὰ ἁγημένα = τὰ νομιζόμενα „das Gebräuchliche“ (Buttmann,
Ausf. Gramm. § 113 A. 7, 2 p. 84 Lob.).
2) Befragung, bei Todtenopfern, des ἐξηγητής: Isaeus 8, 39; der
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[236/0252] Testament macht. Selbst der Unglaube hielt sich eben an den Cult, wie an anderes Herkömmliche, und der Cult er- zeugte doch immer wieder bei Vielen den Glauben, der ihn allein rechtfertigte. III. Elemente des Seelencultes in der Blutrache und Mordsühne. Auf die Neubelebung und Ausbildung des Seelencultes hat auch jene priesterliche Genossenschaft, welcher bei der Ordnung der Verehrung unsichtbarer Mächte die griechischen Staaten höchste Entscheidung zugestanden, die Priesterschaft des delphischen Orakels, ihren Einfluss geübt. Auf Anfrage des Staates bei bedrohlichen Himmelserscheinungen gab wohl der Gott die Anweisung, neben den Opfern für Götter und Heroen auch „den Todten an den richtigen Tagen durch ihre An- gehörigen opfern zu lassen nach Brauch und Herkommen“ 1). Was im einzelnen Falle bei Verehrung einer abgeschiedenen Seele das heilige Recht fordere, lehrte zu Athen den Zweifeln- den einer der „Exegeten“, vermuthlich aus demjenigen Exegeten- collegium, das unter dem Einflusse des delphischen Orakels eingesetzt war 2). Auch das Recht der Todten schirmte der 2) 1) Orakel bei Demosth. 43, 66 (vgl. 67): τοῖς ἀποφϑιμένοις ἐν ἱκνου- μένᾳ ἁμέρᾳ (ἐν ταῖς καϑηκούσαις ἡμέραις § 67) τελεῖν τοὺς καϑήκοντας καττἀ ἁγημένα. — τὰ ἁγημένα = τὰ νομιζόμενα „das Gebräuchliche“ (Buttmann, Ausf. Gramm. § 113 A. 7, 2 p. 84 Lob.). 2) Befragung, bei Todtenopfern, des ἐξηγητής: Isaeus 8, 39; der 2) scheint auch Theophrast eine Bestimmung über regelmässige Feier seines Gedächtnisses (durch die Genossen des Peripatos?) getroffen zu haben. Harpocr. 139, 4 ff: μήποτε δὲ ὕστερον νενόμισται τὸ ἐπὶ τιμῇ τινὰς τῶν ἀπο- ϑανόντων συνιέναι καὶ ὀργεῶνας ὁμοίως ὠνομάσϑαι · ὡς ἔστι συνιδεῖν ἐκ τῶν Θεοφράστου διαϑηκῶν. Das bei Laert. Diog. erhaltene Testament des Th. schweigt hiervon.

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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/252>, abgerufen am 24.11.2024.