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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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gewahrt worden. Dies wäre, bei der grossen Zahl wahllos zu-
gelassener Theilnehmer, ein wahres Wunder, wenn das geheim
zu Haltende die Form einer in Begriffe und Worte gefassten
und in Worten weiter mittheilbaren Belehrung gehabt hätte.
Seit Lobecks, in dem Wust der Meinungen gewaltig auf-
räumender Arbeit nimmt kein Verständiger dies mehr an. Es
war nicht leicht, das "Mysterium" auszuplaudern, denn eigent-
lich auszuplaudern gab es nichts. Die Profanirung konnte nur
geschehen durch Handlungen, dadurch dass man "die Mysterien
agirte" 1), wie es im J. 415 im Hause des Pulytion geschah.
Das Mysterium war eine dramatische Handlung, genauer ein
religiöser Pantomimus, begleitet von heiligen Gesängen 2) und
formelhaften Sprüchen, eine Darstellung, wie uns christliche
Autoren verrathen, der heiligen Geschichte vom Raub der
Kore, den Irren der Demeter, der Wiedervereinigung der
Göttinnen. Dies wäre an sich nichts Singuläres, eine derartige
dramatische Vergegenwärtigung der Göttererlebnisse, die zur
Stiftung der gerade begangenen Feier geführt hatten, war eine
sehr verbreitete Art griechischer Cultübung: solche kannten
auch Feste des Zeus, der Hera, des Apollo, der Artemis, des
Dionys, vor Allem auch andere Feiern zu Ehren der Demeter
selbst. Aber von allen ähnlichen Begehungen, auch den ebenso
geheim gehaltenen Demeterfesten der Thesmophorien und Ha-
loen, unterschied das eleusinische Fest sich durch die Hoff-
nungen, die es den an ihm Geweiheten eröffnete. Nach dem

nach Sopater, diair. zetem. (Walz, Rhet. gr. 8, 118, 24 f.) demosia epi-
tattei ten siopen, beim Beginn der heiligen Handlungen.
1) ta musteria poiein: Andocides de myst. 11. 12. -- Der deutlicher
bezeichnende Ausdruck exorkheisthai ta musteria scheint nicht vor Aristides,
Lucian und dessen Nachahmer Alciphron nachweisbar zu sein. -- Pseu-
dolysias adv. Andoc. 51: outos endus stolen, mimoumenos ta iera epedeiknue
tois amuetois kai eipe te phone ta aporreta. Die ausgesprochenen apor-
reta sind wohl die vom Hierophanten zu sprechenden heiligen Formeln.
2) Wenigstens in späterer Zeit gab es viel zu hören: eis ephamillon
kateste tais akoais ta oromena. Aristid. Eleusin. I 415 Dind. Mehrfach
ist von den schönen Stimmen der Hierophanten die Rede, von umnoi, die
erschallten u. s. w.

gewahrt worden. Dies wäre, bei der grossen Zahl wahllos zu-
gelassener Theilnehmer, ein wahres Wunder, wenn das geheim
zu Haltende die Form einer in Begriffe und Worte gefassten
und in Worten weiter mittheilbaren Belehrung gehabt hätte.
Seit Lobecks, in dem Wust der Meinungen gewaltig auf-
räumender Arbeit nimmt kein Verständiger dies mehr an. Es
war nicht leicht, das „Mysterium“ auszuplaudern, denn eigent-
lich auszuplaudern gab es nichts. Die Profanirung konnte nur
geschehen durch Handlungen, dadurch dass man „die Mysterien
agirte“ 1), wie es im J. 415 im Hause des Pulytion geschah.
Das Mysterium war eine dramatische Handlung, genauer ein
religiöser Pantomimus, begleitet von heiligen Gesängen 2) und
formelhaften Sprüchen, eine Darstellung, wie uns christliche
Autoren verrathen, der heiligen Geschichte vom Raub der
Kore, den Irren der Demeter, der Wiedervereinigung der
Göttinnen. Dies wäre an sich nichts Singuläres, eine derartige
dramatische Vergegenwärtigung der Göttererlebnisse, die zur
Stiftung der gerade begangenen Feier geführt hatten, war eine
sehr verbreitete Art griechischer Cultübung: solche kannten
auch Feste des Zeus, der Hera, des Apollo, der Artemis, des
Dionys, vor Allem auch andere Feiern zu Ehren der Demeter
selbst. Aber von allen ähnlichen Begehungen, auch den ebenso
geheim gehaltenen Demeterfesten der Thesmophorien und Ha-
loën, unterschied das eleusinische Fest sich durch die Hoff-
nungen, die es den an ihm Geweiheten eröffnete. Nach dem

nach Sopater, διαίρ. ζητημ. (Walz, Rhet. gr. 8, 118, 24 f.) δημοσίᾳ ἐπι-
τάττει τὴν σιωπήν, beim Beginn der heiligen Handlungen.
1) τὰ μυστήρια ποιεῖν: Andocides de myst. 11. 12. — Der deutlicher
bezeichnende Ausdruck ἐξορχεῖσϑαι τὰ μυστήρια scheint nicht vor Aristides,
Lucian und dessen Nachahmer Alciphron nachweisbar zu sein. — Pseu-
dolysias adv. Andoc. 51: οὗτος ἐνδὺς στολήν, μιμούμενος τὰ ἱερὰ ἐπεδείκνυε
τοῖς ἀμυήτοις καὶ εἶπε τῇ φωνῇ τὰ ἀπόρρητα. Die ausgesprochenen ἀπόρ-
ρητα sind wohl die vom Hierophanten zu sprechenden heiligen Formeln.
2) Wenigstens in späterer Zeit gab es viel zu hören: εἰς ἐφάμιλλον
κατέστη ταῖς ἀκοαῖς τὰ ὁρώμενα. Aristid. Eleusin. I 415 Dind. Mehrfach
ist von den schönen Stimmen der Hierophanten die Rede, von ὕμνοι, die
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[266/0282] gewahrt worden. Dies wäre, bei der grossen Zahl wahllos zu- gelassener Theilnehmer, ein wahres Wunder, wenn das geheim zu Haltende die Form einer in Begriffe und Worte gefassten und in Worten weiter mittheilbaren Belehrung gehabt hätte. Seit Lobecks, in dem Wust der Meinungen gewaltig auf- räumender Arbeit nimmt kein Verständiger dies mehr an. Es war nicht leicht, das „Mysterium“ auszuplaudern, denn eigent- lich auszuplaudern gab es nichts. Die Profanirung konnte nur geschehen durch Handlungen, dadurch dass man „die Mysterien agirte“ 1), wie es im J. 415 im Hause des Pulytion geschah. Das Mysterium war eine dramatische Handlung, genauer ein religiöser Pantomimus, begleitet von heiligen Gesängen 2) und formelhaften Sprüchen, eine Darstellung, wie uns christliche Autoren verrathen, der heiligen Geschichte vom Raub der Kore, den Irren der Demeter, der Wiedervereinigung der Göttinnen. Dies wäre an sich nichts Singuläres, eine derartige dramatische Vergegenwärtigung der Göttererlebnisse, die zur Stiftung der gerade begangenen Feier geführt hatten, war eine sehr verbreitete Art griechischer Cultübung: solche kannten auch Feste des Zeus, der Hera, des Apollo, der Artemis, des Dionys, vor Allem auch andere Feiern zu Ehren der Demeter selbst. Aber von allen ähnlichen Begehungen, auch den ebenso geheim gehaltenen Demeterfesten der Thesmophorien und Ha- loën, unterschied das eleusinische Fest sich durch die Hoff- nungen, die es den an ihm Geweiheten eröffnete. Nach dem 3) 1) τὰ μυστήρια ποιεῖν: Andocides de myst. 11. 12. — Der deutlicher bezeichnende Ausdruck ἐξορχεῖσϑαι τὰ μυστήρια scheint nicht vor Aristides, Lucian und dessen Nachahmer Alciphron nachweisbar zu sein. — Pseu- dolysias adv. Andoc. 51: οὗτος ἐνδὺς στολήν, μιμούμενος τὰ ἱερὰ ἐπεδείκνυε τοῖς ἀμυήτοις καὶ εἶπε τῇ φωνῇ τὰ ἀπόρρητα. Die ausgesprochenen ἀπόρ- ρητα sind wohl die vom Hierophanten zu sprechenden heiligen Formeln. 2) Wenigstens in späterer Zeit gab es viel zu hören: εἰς ἐφάμιλλον κατέστη ταῖς ἀκοαῖς τὰ ὁρώμενα. Aristid. Eleusin. I 415 Dind. Mehrfach ist von den schönen Stimmen der Hierophanten die Rede, von ὕμνοι, die erschallten u. s. w. 3) nach Sopater, διαίρ. ζητημ. (Walz, Rhet. gr. 8, 118, 24 f.) δημοσίᾳ ἐπι- τάττει τὴν σιωπήν, beim Beginn der heiligen Handlungen.

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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/282>, abgerufen am 24.11.2024.