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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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Sagen von dem Verschwinden des Gottes in eine andere Welt
und seiner Wiederkehr zu den Menschen 1). Jedes zweite Jahr

Dionusou. (Herbeirufung des Stiergottes in dem alterthümlichen Liede der
Elischen Weiber: Plut. Q. Gr. 36. Is. et Os. 35. Wo dann die Eleer
glauben ton theon sphisin epiphoitan es ton Thuion ten eorten: Paus. 6, 26, 1).
-- Bakchos inmitten der Tanzenden: Eurip. Bacch. 145 ff., 306 f. u. ö.
An den trieterischen Festen zu Delphi Dionusos-Parnasson kata peda
khoreuei parthenois sun Delphisin. Eurip. Hypsip., fr. 752. Dichterisch oft
so: s. Nauck zu Soph. O. R. 213. Antig. 1126 ff. -- Thrakische trieteri-
sche Feiern: tuo motae proles Semeleia thyrso Ismariae celebrant repetita
triennia bacchae. Ovid. Met
. 9, 641 f. Tempus erat, quo sacra solent trie-
terica Baccho Sithoniae celebrare nurus. nox conscia sacris
etc. Met.
6, 587.
1) aphanismos und dann wieder epiphaneia des Dionys, das sind, wie
mehrfach bestimmt gesagt wird, die wechselnden und sich periodisch
wiederholenden entgegengesetzten Verhältnisse des Gottes zu den Men-
schen, nach denen sich die trieterischen Festzeiten gliedern. In diesem
Verschwinden und Wiederkehren des Gottes, wie es üblich ist, allegorische
Versinnbildlichung der Vernichtung und Wiederherstellung der Vegetation
zu sehen, besteht, ausser in den ein für allemal feststehenden Axiomen
der Lehre von der griechischen "Naturreligion", keinerlei Veranlassung.
Der Gott gilt im eigentlichen und wörtlichen Sinne für zeitweilig der
Menschheit fern, im Geisterreiche weilend. So ist Apollo, nach delphi-
scher Legende, für Zeiten der Menschenwelt entrückt; er ist dann im
Lande der Hyperboreer, unzugänglich menschlichem Fusse oder Schiffe.
Man braucht sich nicht zu scheuen, ähnliche Sagen von zeitweiligem
Verschwinden (oder Schlafen, Gebundensein: Plut. de Is. et Osir. 69 extr.)
des Gottes bei uncivilisirten Völkern zur Erläuterung heranzuziehen. Etwa
was bei Dobrizhoffer, Geschichte der Abip. II p. 88 (der Uebers.) von dem
Glauben der Abiponen in Paraguay berichtet wird. Oder was von Neger-
stämmen in Westafrika erzählt wird, nach deren Glauben der Gott ge-
wöhnlich im Innern der Erde wohnt, zu regelmässig wiederkehrenden Zeiten
aber zu den Menschen heraufkommt, wo ihm dann die Mitglieder eines
mystischen Bundes ein Haus bauen, seine Orakel empfangen u. s. w.
(Reville, Rel. des peuples noncivil. 1, 110. 111). Auch Dionysos ist zeit-
weilig in der Unterwelt, im Reiche der Geister und Seelen. Deutlich
ist dies die Voraussetzung an dem Feste in Lerna, an welchem Dionys
"heraufgerufen" wird aus der unergründlichen Quelle Alkyonia, durch die
ein Eingang in den Hades führte. Daher auch als Opfer ein Lamm to
pulaokho, d. h. dem Hades selbst, in die Quelle geworfen wurde (Plut. Is. et
Os
. 35 nach Sokrates peri ton Osion; Sympos. 4, 6, 2. Pausan. 2, 36, 7; 37,
5. 6). Weil er im Reiche der Todten ist, lässt pragmatisirende Sage ihn
(von Perseus) getödtet und in den lernäischen Quell geworfen werden
(Lobeck, Agl. 574). So wusste man ja auch in Delphi vom Tode und
Rohde, Seelencult. 20

Sagen von dem Verschwinden des Gottes in eine andere Welt
und seiner Wiederkehr zu den Menschen 1). Jedes zweite Jahr

Διονύσου. (Herbeirufung des Stiergottes in dem alterthümlichen Liede der
Elischen Weiber: Plut. Q. Gr. 36. Is. et Os. 35. Wo dann die Eleer
glauben τὸν ϑεόν σφισιν ἐπιφοιτᾶν ἐς τῶν Θυίων τὴν ἑορτήν: Paus. 6, 26, 1).
— Bakchos inmitten der Tanzenden: Eurip. Bacch. 145 ff., 306 f. u. ö.
An den trieterischen Festen zu Delphi Διόνυσος-Παρνασσὸν κάτα πηδᾷ
χορεύει παρϑένοις σὺν Δελφίσιν. Eurip. Hypsip., fr. 752. Dichterisch oft
so: s. Nauck zu Soph. O. R. 213. Antig. 1126 ff. — Thrakische trieteri-
sche Feiern: tuo motae proles Semeleia thyrso Ismariae celebrant repetita
triennia bacchae. Ovid. Met
. 9, 641 f. Tempus erat, quo sacra solent trie-
terica Baccho Sithoniae celebrare nurus. nox conscia sacris
etc. Met.
6, 587.
1) ἀφανισμός und dann wieder ἐπιφάνεια des Dionys, das sind, wie
mehrfach bestimmt gesagt wird, die wechselnden und sich periodisch
wiederholenden entgegengesetzten Verhältnisse des Gottes zu den Men-
schen, nach denen sich die trieterischen Festzeiten gliedern. In diesem
Verschwinden und Wiederkehren des Gottes, wie es üblich ist, allegorische
Versinnbildlichung der Vernichtung und Wiederherstellung der Vegetation
zu sehen, besteht, ausser in den ein für allemal feststehenden Axiomen
der Lehre von der griechischen „Naturreligion“, keinerlei Veranlassung.
Der Gott gilt im eigentlichen und wörtlichen Sinne für zeitweilig der
Menschheit fern, im Geisterreiche weilend. So ist Apollo, nach delphi-
scher Legende, für Zeiten der Menschenwelt entrückt; er ist dann im
Lande der Hyperboreer, unzugänglich menschlichem Fusse oder Schiffe.
Man braucht sich nicht zu scheuen, ähnliche Sagen von zeitweiligem
Verschwinden (oder Schlafen, Gebundensein: Plut. de Is. et Osir. 69 extr.)
des Gottes bei uncivilisirten Völkern zur Erläuterung heranzuziehen. Etwa
was bei Dobrizhoffer, Geschichte der Abip. II p. 88 (der Uebers.) von dem
Glauben der Abiponen in Paraguay berichtet wird. Oder was von Neger-
stämmen in Westafrika erzählt wird, nach deren Glauben der Gott ge-
wöhnlich im Innern der Erde wohnt, zu regelmässig wiederkehrenden Zeiten
aber zu den Menschen heraufkommt, wo ihm dann die Mitglieder eines
mystischen Bundes ein Haus bauen, seine Orakel empfangen u. s. w.
(Réville, Rel. des peuples noncivil. 1, 110. 111). Auch Dionysos ist zeit-
weilig in der Unterwelt, im Reiche der Geister und Seelen. Deutlich
ist dies die Voraussetzung an dem Feste in Lerna, an welchem Dionys
„heraufgerufen“ wird aus der unergründlichen Quelle Alkyonia, durch die
ein Eingang in den Hades führte. Daher auch als Opfer ein Lamm τῷ
πυλαόχῳ, d. h. dem Hades selbst, in die Quelle geworfen wurde (Plut. Is. et
Os
. 35 nach Sokrates περὶ τῶν Ὁσίων; Sympos. 4, 6, 2. Pausan. 2, 36, 7; 37,
5. 6). Weil er im Reiche der Todten ist, lässt pragmatisirende Sage ihn
(von Perseus) getödtet und in den lernäischen Quell geworfen werden
(Lobeck, Agl. 574). So wusste man ja auch in Delphi vom Tode und
Rohde, Seelencult. 20
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[305/0321] Sagen von dem Verschwinden des Gottes in eine andere Welt und seiner Wiederkehr zu den Menschen 1). Jedes zweite Jahr 4) 1) ἀφανισμός und dann wieder ἐπιφάνεια des Dionys, das sind, wie mehrfach bestimmt gesagt wird, die wechselnden und sich periodisch wiederholenden entgegengesetzten Verhältnisse des Gottes zu den Men- schen, nach denen sich die trieterischen Festzeiten gliedern. In diesem Verschwinden und Wiederkehren des Gottes, wie es üblich ist, allegorische Versinnbildlichung der Vernichtung und Wiederherstellung der Vegetation zu sehen, besteht, ausser in den ein für allemal feststehenden Axiomen der Lehre von der griechischen „Naturreligion“, keinerlei Veranlassung. Der Gott gilt im eigentlichen und wörtlichen Sinne für zeitweilig der Menschheit fern, im Geisterreiche weilend. So ist Apollo, nach delphi- scher Legende, für Zeiten der Menschenwelt entrückt; er ist dann im Lande der Hyperboreer, unzugänglich menschlichem Fusse oder Schiffe. Man braucht sich nicht zu scheuen, ähnliche Sagen von zeitweiligem Verschwinden (oder Schlafen, Gebundensein: Plut. de Is. et Osir. 69 extr.) des Gottes bei uncivilisirten Völkern zur Erläuterung heranzuziehen. Etwa was bei Dobrizhoffer, Geschichte der Abip. II p. 88 (der Uebers.) von dem Glauben der Abiponen in Paraguay berichtet wird. Oder was von Neger- stämmen in Westafrika erzählt wird, nach deren Glauben der Gott ge- wöhnlich im Innern der Erde wohnt, zu regelmässig wiederkehrenden Zeiten aber zu den Menschen heraufkommt, wo ihm dann die Mitglieder eines mystischen Bundes ein Haus bauen, seine Orakel empfangen u. s. w. (Réville, Rel. des peuples noncivil. 1, 110. 111). Auch Dionysos ist zeit- weilig in der Unterwelt, im Reiche der Geister und Seelen. Deutlich ist dies die Voraussetzung an dem Feste in Lerna, an welchem Dionys „heraufgerufen“ wird aus der unergründlichen Quelle Alkyonia, durch die ein Eingang in den Hades führte. Daher auch als Opfer ein Lamm τῷ πυλαόχῳ, d. h. dem Hades selbst, in die Quelle geworfen wurde (Plut. Is. et Os. 35 nach Sokrates περὶ τῶν Ὁσίων; Sympos. 4, 6, 2. Pausan. 2, 36, 7; 37, 5. 6). Weil er im Reiche der Todten ist, lässt pragmatisirende Sage ihn (von Perseus) getödtet und in den lernäischen Quell geworfen werden (Lobeck, Agl. 574). So wusste man ja auch in Delphi vom Tode und 4) Διονύσου. (Herbeirufung des Stiergottes in dem alterthümlichen Liede der Elischen Weiber: Plut. Q. Gr. 36. Is. et Os. 35. Wo dann die Eleer glauben τὸν ϑεόν σφισιν ἐπιφοιτᾶν ἐς τῶν Θυίων τὴν ἑορτήν: Paus. 6, 26, 1). — Bakchos inmitten der Tanzenden: Eurip. Bacch. 145 ff., 306 f. u. ö. An den trieterischen Festen zu Delphi Διόνυσος-Παρνασσὸν κάτα πηδᾷ χορεύει παρϑένοις σὺν Δελφίσιν. Eurip. Hypsip., fr. 752. Dichterisch oft so: s. Nauck zu Soph. O. R. 213. Antig. 1126 ff. — Thrakische trieteri- sche Feiern: tuo motae proles Semeleia thyrso Ismariae celebrant repetita triennia bacchae. Ovid. Met. 9, 641 f. Tempus erat, quo sacra solent trie- terica Baccho Sithoniae celebrare nurus. nox conscia sacris etc. Met. 6, 587. Rohde, Seelencult. 20

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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/321>, abgerufen am 22.11.2024.