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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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verbürgen uns das einstige Vorhandensein eben der mit diesen
Namen zu bezeichnenden Gattungen. Das Auftreten solcher,
von der Gottheit inspirirten Propheten in manchen Landschaften
des griechischen Kleinasiens und des alten Griechenlands ge-
hört zu den bezeichnenden Erscheinungen des Religionslebens
einer wohl bestimmbaren Zeit, jener verheissungsvollen Zeit,
welche dem philosophischen Zeitalter der Griechen unmittelbar

(resp. eine beliebige gerade fungirende Vertreterin der Gattung) zu ver-
stehen ist. Es ist also keineswegs gewiss, dass Heraklit u. s. w., wenn
sie von e Sibulla, Herodot u. A., wenn sie von Bakis schlechtweg reden,
der Meinung waren, es habe nur Eine Sib., Einen B. gegeben. Der genaue
Sinn der appellativen Benennungen Bakis, Sibulla ist freilich, da die
Etymologie der Worte ganz dunkel ist, nicht erkennbar. Ob in den Be-
nennungen schon das Ekstatische dieser Propheten ausgedrückt ist? sibul-
lainein soll zwar sein = entheazein (Diodor. 4, 66, 7), aber das Verbum ist
ja natürlich erst abgeleitet vom Namen Sibulla (wie bakizein von Bakis,
erinuein von Erinus und nicht umgekehrt). Wie weit an den persönlichen
Benennungen einzelner Sibyllen (Herophile, Demophile oder abgekürzt
Demo, Phuto oder wohl eher [nach Lachmann Tibull. 2, 5, 68] Phoito [phoitas
agurtria Aesch. Ag. 1273] u. s. w.) und Bakiden (der arkadische B. soll
Kydas oder Aletes [vgl. Phoito] gehiessen haben: Philetas Eph. in Schol.
Ar. Pac. 1071) irgend etwas auf geschichtlicher Erinnerung beruhen mag,
ist ganz unbestimmbar. Wir haben kaum irgend eine Handhabe, um aus
den ja keineswegs spärlichen Erzählungen von einzelnen Sibyllen einen
Kern von historischer Zuverlässigkeit zu gewinnen. Am verdächtigsten
ist, wie alles was auf diesem Gebiete dieser Mann berichtet, was Herakli-
des Pont. von der phrygischen (oder troischen) Sibylle erzählt hatte; am
ersten möchte man noch dem vertrauen, was von einer samischen Sibylle
Eratosthenes nach den antiquis annalibus Samiorum berichtet hatte (Varro
bei Lactant. inst. 1, 6, 9), wenn nur nicht etwa damit auf eine so nichts-
nutzige Geschichte, wie die bei Val. Max. 1, 5, 9 erhaltene, angespielt
wird. -- Hinter Bakis nennt noch einen ganzen Schwarm von khresmologoi
mit Namen Clemens Alex. Strom. I 333 C. D., offenbar nur zum Theil
rein der Sage angehörige, aber uns fast sämmtlich sonst nicht bekannt.
Möglicher Weise wirkliche Personen aus dem Prophetenzeitalter sind
Melesagoras von Eleusis (der, wie ein anderer Bakis, ek numphon kato-
khos, in Athen weissagte: Max. Tyr. 38, 3; mit Amelesagoras, dem Ver-
fasser einer angeblich uralten Atthis, ihn zu identificiren [mit Müller
F. H. G. 2, 21 u. A.], besteht nicht die geringste Veranlassung) und Euklos
der Kyprier (dessen, in altkyprischer Sprache geschriebene khresmoi [s.
M. Schmidt Kuhns Ztschr. IX [1860] p. 361 ff.] einiges Vertrauen er-
wecken; allerdings sollte er vor Homer geschrieben haben [Paus. 10, 24, 3;
Tatian ad Gr. 41], wodurch seine Person wieder fraglich wird).

verbürgen uns das einstige Vorhandensein eben der mit diesen
Namen zu bezeichnenden Gattungen. Das Auftreten solcher,
von der Gottheit inspirirten Propheten in manchen Landschaften
des griechischen Kleinasiens und des alten Griechenlands ge-
hört zu den bezeichnenden Erscheinungen des Religionslebens
einer wohl bestimmbaren Zeit, jener verheissungsvollen Zeit,
welche dem philosophischen Zeitalter der Griechen unmittelbar

(resp. eine beliebige gerade fungirende Vertreterin der Gattung) zu ver-
stehen ist. Es ist also keineswegs gewiss, dass Heraklit u. s. w., wenn
sie von ἡ Σίβυλλα, Herodot u. A., wenn sie von Βάκις schlechtweg reden,
der Meinung waren, es habe nur Eine Sib., Einen B. gegeben. Der genaue
Sinn der appellativen Benennungen Βάκις, Σίβυλλα ist freilich, da die
Etymologie der Worte ganz dunkel ist, nicht erkennbar. Ob in den Be-
nennungen schon das Ekstatische dieser Propheten ausgedrückt ist? σιβυλ-
λαίνειν soll zwar sein = ἐνϑεάζειν (Diodor. 4, 66, 7), aber das Verbum ist
ja natürlich erst abgeleitet vom Namen Σίβυλλα (wie βακίζειν von Βάκις,
ἐρινύειν von Ἐρινύς und nicht umgekehrt). Wie weit an den persönlichen
Benennungen einzelner Sibyllen (Herophile, Demophile oder abgekürzt
Demo, Φυτώ oder wohl eher [nach Lachmann Tibull. 2, 5, 68] Φοιτώ [φοιτὰς
ἀγύρτρια Aesch. Ag. 1273] u. s. w.) und Bakiden (der arkadische B. soll
Kydas oder Aletes [vgl. Φοιτώ] gehiessen haben: Philetas Eph. in Schol.
Ar. Pac. 1071) irgend etwas auf geschichtlicher Erinnerung beruhen mag,
ist ganz unbestimmbar. Wir haben kaum irgend eine Handhabe, um aus
den ja keineswegs spärlichen Erzählungen von einzelnen Sibyllen einen
Kern von historischer Zuverlässigkeit zu gewinnen. Am verdächtigsten
ist, wie alles was auf diesem Gebiete dieser Mann berichtet, was Herakli-
des Pont. von der phrygischen (oder troischen) Sibylle erzählt hatte; am
ersten möchte man noch dem vertrauen, was von einer samischen Sibylle
Eratosthenes nach den antiquis annalibus Samiorum berichtet hatte (Varro
bei Lactant. inst. 1, 6, 9), wenn nur nicht etwa damit auf eine so nichts-
nutzige Geschichte, wie die bei Val. Max. 1, 5, 9 erhaltene, angespielt
wird. — Hinter Bakis nennt noch einen ganzen Schwarm von χρησμολόγοι
mit Namen Clemens Alex. Strom. I 333 C. D., offenbar nur zum Theil
rein der Sage angehörige, aber uns fast sämmtlich sonst nicht bekannt.
Möglicher Weise wirkliche Personen aus dem Prophetenzeitalter sind
Melesagoras von Eleusis (der, wie ein anderer Bakis, ἐκ νυμφῶν κάτο-
χος, in Athen weissagte: Max. Tyr. 38, 3; mit Amelesagoras, dem Ver-
fasser einer angeblich uralten Atthis, ihn zu identificiren [mit Müller
F. H. G. 2, 21 u. A.], besteht nicht die geringste Veranlassung) und Euklos
der Kyprier (dessen, in altkyprischer Sprache geschriebene χρησμοί [s.
M. Schmidt Kuhns Ztschr. IX [1860] p. 361 ff.] einiges Vertrauen er-
wecken; allerdings sollte er vor Homer geschrieben haben [Paus. 10, 24, 3;
Tatian ad Gr. 41], wodurch seine Person wieder fraglich wird).
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[352/0368] verbürgen uns das einstige Vorhandensein eben der mit diesen Namen zu bezeichnenden Gattungen. Das Auftreten solcher, von der Gottheit inspirirten Propheten in manchen Landschaften des griechischen Kleinasiens und des alten Griechenlands ge- hört zu den bezeichnenden Erscheinungen des Religionslebens einer wohl bestimmbaren Zeit, jener verheissungsvollen Zeit, welche dem philosophischen Zeitalter der Griechen unmittelbar 2) 2) (resp. eine beliebige gerade fungirende Vertreterin der Gattung) zu ver- stehen ist. Es ist also keineswegs gewiss, dass Heraklit u. s. w., wenn sie von ἡ Σίβυλλα, Herodot u. A., wenn sie von Βάκις schlechtweg reden, der Meinung waren, es habe nur Eine Sib., Einen B. gegeben. Der genaue Sinn der appellativen Benennungen Βάκις, Σίβυλλα ist freilich, da die Etymologie der Worte ganz dunkel ist, nicht erkennbar. Ob in den Be- nennungen schon das Ekstatische dieser Propheten ausgedrückt ist? σιβυλ- λαίνειν soll zwar sein = ἐνϑεάζειν (Diodor. 4, 66, 7), aber das Verbum ist ja natürlich erst abgeleitet vom Namen Σίβυλλα (wie βακίζειν von Βάκις, ἐρινύειν von Ἐρινύς und nicht umgekehrt). Wie weit an den persönlichen Benennungen einzelner Sibyllen (Herophile, Demophile oder abgekürzt Demo, Φυτώ oder wohl eher [nach Lachmann Tibull. 2, 5, 68] Φοιτώ [φοιτὰς ἀγύρτρια Aesch. Ag. 1273] u. s. w.) und Bakiden (der arkadische B. soll Kydas oder Aletes [vgl. Φοιτώ] gehiessen haben: Philetas Eph. in Schol. Ar. Pac. 1071) irgend etwas auf geschichtlicher Erinnerung beruhen mag, ist ganz unbestimmbar. Wir haben kaum irgend eine Handhabe, um aus den ja keineswegs spärlichen Erzählungen von einzelnen Sibyllen einen Kern von historischer Zuverlässigkeit zu gewinnen. Am verdächtigsten ist, wie alles was auf diesem Gebiete dieser Mann berichtet, was Herakli- des Pont. von der phrygischen (oder troischen) Sibylle erzählt hatte; am ersten möchte man noch dem vertrauen, was von einer samischen Sibylle Eratosthenes nach den antiquis annalibus Samiorum berichtet hatte (Varro bei Lactant. inst. 1, 6, 9), wenn nur nicht etwa damit auf eine so nichts- nutzige Geschichte, wie die bei Val. Max. 1, 5, 9 erhaltene, angespielt wird. — Hinter Bakis nennt noch einen ganzen Schwarm von χρησμολόγοι mit Namen Clemens Alex. Strom. I 333 C. D., offenbar nur zum Theil rein der Sage angehörige, aber uns fast sämmtlich sonst nicht bekannt. Möglicher Weise wirkliche Personen aus dem Prophetenzeitalter sind Melesagoras von Eleusis (der, wie ein anderer Bakis, ἐκ νυμφῶν κάτο- χος, in Athen weissagte: Max. Tyr. 38, 3; mit Amelesagoras, dem Ver- fasser einer angeblich uralten Atthis, ihn zu identificiren [mit Müller F. H. G. 2, 21 u. A.], besteht nicht die geringste Veranlassung) und Euklos der Kyprier (dessen, in altkyprischer Sprache geschriebene χρησμοί [s. M. Schmidt Kuhns Ztschr. IX [1860] p. 361 ff.] einiges Vertrauen er- wecken; allerdings sollte er vor Homer geschrieben haben [Paus. 10, 24, 3; Tatian ad Gr. 41], wodurch seine Person wieder fraglich wird).

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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/368>, abgerufen am 22.11.2024.