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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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5.

Die ionische Physiologie, den Blick auf das Ganze der
Natur und die Erscheinungen des Lebens in allen Tiefen und
Fernen des Weltalls gerichtet, hatte den Menschen, eine kleine
Welle in diesem Ocean des Werdens und Gestaltens, fast aus
dem Auge verloren. Eine Philosophie, welche Erkenntniss des
Wesens menschlicher Natur zu einer ihrer Hauptaufgaben
machen, und mehr als dieses, dem Menschen aus der Ein-
gebung ihrer Weisheit Gang und Ziel des Lebens bestimmen
wollte, musste andere Wege einschlagen.

So that es Pythagoras von Samos. Was dieser seine
"Philosophie" nannte 1), hatte im Wesentlichen ein praktisches
Ziel. Weil er einen bestimmten Weg der Lebensführung
wies, darum wurde Pythagoras so ausnehmend verehrt, sagt
Plato 2). Eine eigenthümliche Gestaltung des Lebens, auf
ethisch-religiöser Grundlage, bildete er aus. Wie weit seine
"Vielwisserei" 3), die ohne Zweifel den Keim pythagoreischer

wie es scheint, ebenfalls eines Pythagoreers: Sotion bei Laert. 9, 21. Zu
den Pythagoreern zählt ihn die damit freilich sehr freigiebige Ueber-
lieferung: Kallimach. fr. 100 d, 17; Strabo 6, p. 252; Vit. Pythag. bei
Photius cod. 249 p. 439 a, 37; Jamblich. V. P. 267 (mit Scholion, p. 190 N.).
Der pythagoreische Einfluss auf P. mag wesentlich ethischer Art ge-
wesen sein. eis esukhian proetrape upo Ameiniou: Laert. a. O. Parmenideios
kai Puthagoreios bios als gleichbedeutend neben einander: Cebes tab. 2 extr.
Die gute Staatsordnung von Elea bringt Strabo a. O. mit dem Pytha-
goreerthum des P. (und Zeno) in Zusammenhang. P. Gesetzgeber von
Elea: Speusippos p. philosophon bei Laert. D. 9, 23.
1) philosophian de protos onomase Puthagoras, kai eauton philosophon.
Laert. D. prooem. 12. (Die Ausführung freilich aus dem fingirten Dialog
des Heraklides Pont. Cic. Tusc. 5 § 8. 9.)
2) Plat. Republ. 10, 600 A. B.
3) polumathie, istorie des Pythagoras: Heraklit fr. 16. 17. pantoion
ta malista sophon epieranos ergon heisst P. bei Empedokles v. 429. --
Die Construction des Weltgebäudes nach Pythagoreischer Darstellung ist
schon, am Anfang des 5. Jahrhunderts, dem Parmenides bekannt, und
wird von ihm in einzelnen Punkten nachgeahmt (s. Krische, Theol. Lehren
d. gr. D.
102 ff. Wie weit Parm. im übrigen pythagoreische Lehren
polemisch berücksichtigt habe -- wie neuerdings angenommen wird --
5.

Die ionische Physiologie, den Blick auf das Ganze der
Natur und die Erscheinungen des Lebens in allen Tiefen und
Fernen des Weltalls gerichtet, hatte den Menschen, eine kleine
Welle in diesem Ocean des Werdens und Gestaltens, fast aus
dem Auge verloren. Eine Philosophie, welche Erkenntniss des
Wesens menschlicher Natur zu einer ihrer Hauptaufgaben
machen, und mehr als dieses, dem Menschen aus der Ein-
gebung ihrer Weisheit Gang und Ziel des Lebens bestimmen
wollte, musste andere Wege einschlagen.

So that es Pythagoras von Samos. Was dieser seine
„Philosophie“ nannte 1), hatte im Wesentlichen ein praktisches
Ziel. Weil er einen bestimmten Weg der Lebensführung
wies, darum wurde Pythagoras so ausnehmend verehrt, sagt
Plato 2). Eine eigenthümliche Gestaltung des Lebens, auf
ethisch-religiöser Grundlage, bildete er aus. Wie weit seine
„Vielwisserei“ 3), die ohne Zweifel den Keim pythagoreischer

wie es scheint, ebenfalls eines Pythagoreers: Sotion bei Laert. 9, 21. Zu
den Pythagoreern zählt ihn die damit freilich sehr freigiebige Ueber-
lieferung: Kallimach. fr. 100 d, 17; Strabo 6, p. 252; Vit. Pythag. bei
Photius cod. 249 p. 439 a, 37; Jamblich. V. P. 267 (mit Scholion, p. 190 N.).
Der pythagoreische Einfluss auf P. mag wesentlich ethischer Art ge-
wesen sein. εἰς ἡσυχίαν προετράπη ὑπὸ Ἀμεινίου: Laert. a. O. Παρμενίδειος
καὶ Πυϑαγόρειος βίος als gleichbedeutend neben einander: Cebes tab. 2 extr.
Die gute Staatsordnung von Elea bringt Strabo a. O. mit dem Pytha-
goreerthum des P. (und Zeno) in Zusammenhang. P. Gesetzgeber von
Elea: Speusippos π. φιλοσόφων bei Laert. D. 9, 23.
1) φιλοσοφίαν δὲ πρῶτος ὠνόμασε Πυϑαγόρας, καὶ ἑαυτὸν φιλόσοφον.
Laert. D. prooem. 12. (Die Ausführung freilich aus dem fingirten Dialog
des Heraklides Pont. Cic. Tusc. 5 § 8. 9.)
2) Plat. Republ. 10, 600 A. B.
3) πολυμαϑίη, ἱστορίη des Pythagoras: Heraklit fr. 16. 17. παντοίων
τὰ μάλιστα σοφῶν ἐπιήρανος ἔργων heisst P. bei Empedokles v. 429. —
Die Construction des Weltgebäudes nach Pythagoreischer Darstellung ist
schon, am Anfang des 5. Jahrhunderts, dem Parmenides bekannt, und
wird von ihm in einzelnen Punkten nachgeahmt (s. Krische, Theol. Lehren
d. gr. D.
102 ff. Wie weit Parm. im übrigen pythagoreische Lehren
polemisch berücksichtigt habe — wie neuerdings angenommen wird —
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[450/0466] 5. Die ionische Physiologie, den Blick auf das Ganze der Natur und die Erscheinungen des Lebens in allen Tiefen und Fernen des Weltalls gerichtet, hatte den Menschen, eine kleine Welle in diesem Ocean des Werdens und Gestaltens, fast aus dem Auge verloren. Eine Philosophie, welche Erkenntniss des Wesens menschlicher Natur zu einer ihrer Hauptaufgaben machen, und mehr als dieses, dem Menschen aus der Ein- gebung ihrer Weisheit Gang und Ziel des Lebens bestimmen wollte, musste andere Wege einschlagen. So that es Pythagoras von Samos. Was dieser seine „Philosophie“ nannte 1), hatte im Wesentlichen ein praktisches Ziel. Weil er einen bestimmten Weg der Lebensführung wies, darum wurde Pythagoras so ausnehmend verehrt, sagt Plato 2). Eine eigenthümliche Gestaltung des Lebens, auf ethisch-religiöser Grundlage, bildete er aus. Wie weit seine „Vielwisserei“ 3), die ohne Zweifel den Keim pythagoreischer 2) 1) φιλοσοφίαν δὲ πρῶτος ὠνόμασε Πυϑαγόρας, καὶ ἑαυτὸν φιλόσοφον. Laert. D. prooem. 12. (Die Ausführung freilich aus dem fingirten Dialog des Heraklides Pont. Cic. Tusc. 5 § 8. 9.) 2) Plat. Republ. 10, 600 A. B. 3) πολυμαϑίη, ἱστορίη des Pythagoras: Heraklit fr. 16. 17. παντοίων τὰ μάλιστα σοφῶν ἐπιήρανος ἔργων heisst P. bei Empedokles v. 429. — Die Construction des Weltgebäudes nach Pythagoreischer Darstellung ist schon, am Anfang des 5. Jahrhunderts, dem Parmenides bekannt, und wird von ihm in einzelnen Punkten nachgeahmt (s. Krische, Theol. Lehren d. gr. D. 102 ff. Wie weit Parm. im übrigen pythagoreische Lehren polemisch berücksichtigt habe — wie neuerdings angenommen wird — 2) wie es scheint, ebenfalls eines Pythagoreers: Sotion bei Laert. 9, 21. Zu den Pythagoreern zählt ihn die damit freilich sehr freigiebige Ueber- lieferung: Kallimach. fr. 100 d, 17; Strabo 6, p. 252; Vit. Pythag. bei Photius cod. 249 p. 439 a, 37; Jamblich. V. P. 267 (mit Scholion, p. 190 N.). Der pythagoreische Einfluss auf P. mag wesentlich ethischer Art ge- wesen sein. εἰς ἡσυχίαν προετράπη ὑπὸ Ἀμεινίου: Laert. a. O. Παρμενίδειος καὶ Πυϑαγόρειος βίος als gleichbedeutend neben einander: Cebes tab. 2 extr. Die gute Staatsordnung von Elea bringt Strabo a. O. mit dem Pytha- goreerthum des P. (und Zeno) in Zusammenhang. P. Gesetzgeber von Elea: Speusippos π. φιλοσόφων bei Laert. D. 9, 23.

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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 450. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/466>, abgerufen am 22.11.2024.