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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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sie aus dem Zwang irdischer Wiedergeburten. Sie werden als
"Heroen" unter den Menschen verehrt 1), sie sind also in ein
höheres Geisterleben eingetreten, wie es zu Pindars Zeit der
Volksglaube nicht nur den Seelen hoher Ahnen der Vorzeit,
sondern auch schon vielen nach einem thatenreichen und ver-
dienstvollen Leben in jüngster Zeit Verstorbenen zugestand 2).
Dem Hades sind sie nun ebenso wie dem Bereich des Men-
schenlebens enthoben. Der Glaube sucht sie auf der "Insel
der Seligen", fern im Okeanos; dorthin, zur "Burg des Kro-

eschatologischen Ausführungen macht: wer den ploutos aretais dedai-
dalmenos besitze, kenne die Zukunft, nämlich eben das, was dann von dem
Schicksal der Seele im Jenseits erzählt wird -- diese Behauptung, die
dem tugendhaften Mächtigen zugleich höhere und tiefere Einsicht zuzu-
schreiben scheint, erklärt sich vielleicht aus dem, was in fr. 133 an-
gedeutet wird. Wer auf dieser höchsten Stufe irdischen Glückes angelangt
ist, muss daraus schliessen, dass ihm nunmehr, nach nochmaligem Tode,
heroisches Loos gewiss sei. Er weiss also, dass zwar -- alles das ge-
schieht, was V. 57--67 berichtet wird, im besonderen aber ihm das be-
vorsteht, was V. 68 ff. folgt, und was als der eigentlich hier gemeinte In-
halt dessen, was jener "weiss" (56) zu betrachten ist, dem das Uebrige
(56--67) nur der Vollständigkeit wegen vorausgeschickt ist. Theron also
-- denn auf den zielt ja Alles -- kann bestimmt voraus wissen, dass er
nach dem Tode zu den Heroen versammelt werden werde. Das will
Pindar hier sagen, oder (V. 83 ff.) den sunetoi zu verstehn geben. In
der That wurde Theron nach seinem Abscheiden mit eroikai timai ge-
ehrt. (Diodor 11, 53, 2).
1) fr. 133. -- Zwischen fr. 133 und Ol. 2, 68 ff. bestehe, meint Dissen,
der Widerspruch, dass hier drei Lebensläufe auf Erden vor dem letzten
Ausscheiden gefordert werden, fr. 133 nur zwei. Dieser Unterschied
wäre ausgeglichen, wenn man, Mommsens Auslegung folgend (adnot. crit.
ad Olymp.
p. 30), auch in Ol. 2 nur zwei irdische Lebensläufe und einen
einzigen Hadesaufenthalt, zwischen ihnen liegend, angesetzt finden dürfte.
Aber das es tris ekaterothi meinantes (Ol. 2, 68. 69) lässt sich doch sprach-
lich kaum anders verstehen als: je dreimal auf jeder der beiden Seiten
(nicht: auf beiden Seiten, dort einmal, hier zweimal, zusammen drei-
mal). Es hindert aber auch nichts, in fr. 133 die gleiche Anzahl von
Lebensläufen (als Minimum 3) anzunehmen: es ist dort ja gar nicht gesagt,
dass die Geburt in Königswürde u. s. w. die nächste sein müsse nach
der ersten Geburt überhaupt; es können ihr auch zwei frühere Lebens-
läufe vorausliegen.
2) S. oben p. 164 ff.

sie aus dem Zwang irdischer Wiedergeburten. Sie werden als
„Heroen“ unter den Menschen verehrt 1), sie sind also in ein
höheres Geisterleben eingetreten, wie es zu Pindars Zeit der
Volksglaube nicht nur den Seelen hoher Ahnen der Vorzeit,
sondern auch schon vielen nach einem thatenreichen und ver-
dienstvollen Leben in jüngster Zeit Verstorbenen zugestand 2).
Dem Hades sind sie nun ebenso wie dem Bereich des Men-
schenlebens enthoben. Der Glaube sucht sie auf der „Insel
der Seligen“, fern im Okeanos; dorthin, zur „Burg des Kro-

eschatologischen Ausführungen macht: wer den πλοῦτος ἀρεταῖς δεδαι-
δαλμένος besitze, kenne die Zukunft, nämlich eben das, was dann von dem
Schicksal der Seele im Jenseits erzählt wird — diese Behauptung, die
dem tugendhaften Mächtigen zugleich höhere und tiefere Einsicht zuzu-
schreiben scheint, erklärt sich vielleicht aus dem, was in fr. 133 an-
gedeutet wird. Wer auf dieser höchsten Stufe irdischen Glückes angelangt
ist, muss daraus schliessen, dass ihm nunmehr, nach nochmaligem Tode,
heroisches Loos gewiss sei. Er weiss also, dass zwar — alles das ge-
schieht, was V. 57—67 berichtet wird, im besonderen aber ihm das be-
vorsteht, was V. 68 ff. folgt, und was als der eigentlich hier gemeinte In-
halt dessen, was jener „weiss“ (56) zu betrachten ist, dem das Uebrige
(56—67) nur der Vollständigkeit wegen vorausgeschickt ist. Theron also
— denn auf den zielt ja Alles — kann bestimmt voraus wissen, dass er
nach dem Tode zu den Heroen versammelt werden werde. Das will
Pindar hier sagen, oder (V. 83 ff.) den συνετοί zu verstehn geben. In
der That wurde Theron nach seinem Abscheiden mit ἡρωϊκαὶ τιμαί ge-
ehrt. (Diodor 11, 53, 2).
1) fr. 133. — Zwischen fr. 133 und Ol. 2, 68 ff. bestehe, meint Dissen,
der Widerspruch, dass hier drei Lebensläufe auf Erden vor dem letzten
Ausscheiden gefordert werden, fr. 133 nur zwei. Dieser Unterschied
wäre ausgeglichen, wenn man, Mommsens Auslegung folgend (adnot. crit.
ad Olymp.
p. 30), auch in Ol. 2 nur zwei irdische Lebensläufe und einen
einzigen Hadesaufenthalt, zwischen ihnen liegend, angesetzt finden dürfte.
Aber das ἐς τρὶς ἑκατέρωϑι μείναντες (Ol. 2, 68. 69) lässt sich doch sprach-
lich kaum anders verstehen als: je dreimal auf jeder der beiden Seiten
(nicht: auf beiden Seiten, dort einmal, hier zweimal, zusammen drei-
mal). Es hindert aber auch nichts, in fr. 133 die gleiche Anzahl von
Lebensläufen (als Minimum 3) anzunehmen: es ist dort ja gar nicht gesagt,
dass die Geburt in Königswürde u. s. w. die nächste sein müsse nach
der ersten Geburt überhaupt; es können ihr auch zwei frühere Lebens-
läufe vorausliegen.
2) S. oben p. 164 ff.
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[504/0520] sie aus dem Zwang irdischer Wiedergeburten. Sie werden als „Heroen“ unter den Menschen verehrt 1), sie sind also in ein höheres Geisterleben eingetreten, wie es zu Pindars Zeit der Volksglaube nicht nur den Seelen hoher Ahnen der Vorzeit, sondern auch schon vielen nach einem thatenreichen und ver- dienstvollen Leben in jüngster Zeit Verstorbenen zugestand 2). Dem Hades sind sie nun ebenso wie dem Bereich des Men- schenlebens enthoben. Der Glaube sucht sie auf der „Insel der Seligen“, fern im Okeanos; dorthin, zur „Burg des Kro- 2) 1) fr. 133. — Zwischen fr. 133 und Ol. 2, 68 ff. bestehe, meint Dissen, der Widerspruch, dass hier drei Lebensläufe auf Erden vor dem letzten Ausscheiden gefordert werden, fr. 133 nur zwei. Dieser Unterschied wäre ausgeglichen, wenn man, Mommsens Auslegung folgend (adnot. crit. ad Olymp. p. 30), auch in Ol. 2 nur zwei irdische Lebensläufe und einen einzigen Hadesaufenthalt, zwischen ihnen liegend, angesetzt finden dürfte. Aber das ἐς τρὶς ἑκατέρωϑι μείναντες (Ol. 2, 68. 69) lässt sich doch sprach- lich kaum anders verstehen als: je dreimal auf jeder der beiden Seiten (nicht: auf beiden Seiten, dort einmal, hier zweimal, zusammen drei- mal). Es hindert aber auch nichts, in fr. 133 die gleiche Anzahl von Lebensläufen (als Minimum 3) anzunehmen: es ist dort ja gar nicht gesagt, dass die Geburt in Königswürde u. s. w. die nächste sein müsse nach der ersten Geburt überhaupt; es können ihr auch zwei frühere Lebens- läufe vorausliegen. 2) S. oben p. 164 ff. 2) eschatologischen Ausführungen macht: wer den πλοῦτος ἀρεταῖς δεδαι- δαλμένος besitze, kenne die Zukunft, nämlich eben das, was dann von dem Schicksal der Seele im Jenseits erzählt wird — diese Behauptung, die dem tugendhaften Mächtigen zugleich höhere und tiefere Einsicht zuzu- schreiben scheint, erklärt sich vielleicht aus dem, was in fr. 133 an- gedeutet wird. Wer auf dieser höchsten Stufe irdischen Glückes angelangt ist, muss daraus schliessen, dass ihm nunmehr, nach nochmaligem Tode, heroisches Loos gewiss sei. Er weiss also, dass zwar — alles das ge- schieht, was V. 57—67 berichtet wird, im besonderen aber ihm das be- vorsteht, was V. 68 ff. folgt, und was als der eigentlich hier gemeinte In- halt dessen, was jener „weiss“ (56) zu betrachten ist, dem das Uebrige (56—67) nur der Vollständigkeit wegen vorausgeschickt ist. Theron also — denn auf den zielt ja Alles — kann bestimmt voraus wissen, dass er nach dem Tode zu den Heroen versammelt werden werde. Das will Pindar hier sagen, oder (V. 83 ff.) den συνετοί zu verstehn geben. In der That wurde Theron nach seinem Abscheiden mit ἡρωϊκαὶ τιμαί ge- ehrt. (Diodor 11, 53, 2).

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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 504. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/520>, abgerufen am 22.11.2024.