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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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entspringt einer logischen Folgerung, metaphysischen Erwä-
gungen, nicht einer Forderung des Gemüthes. Es fehlt ihm, wie
an sinnfälliger, die Phantasie bestimmender Deutlichkeit, so an
der Kraft (aber auch an der Absicht), auf Haltung und Rich-
tung des irdischen Lebens lenkend einzuwirken. Kein Antrieb
geht von dieser Lehre aus, keiner selbst für die Philosophen,
von denen und deren Thun und Streben in der Schilderung
und begeisterten Lobpreisung des "Geistes", dieses Philosophen
im Menschen, im Grunde allein die Rede war.

Man konnte an Aristotelischer, ganz auf Erfassung und
Deutung diesseitiger Wirklichkeit gerichteter Philosophie fest-
halten, und doch das Aussenwerk der Lehre von dem, aus
göttlichem Jenseits herabgestiegenen und zu ewig göttlichem
Leben, aber kaum zur Fortsetzung individuellen Daseins nach
dem Tode des Menschen wieder ausscheidenden "Geiste"
preisgeben. An diesem Punkte am meisten erhielt sich in der
Schule freie Discussion der Lehre des Meisters; es waren nicht
die Geringsten unter den Nachfolgern des Aristoteles, die
eine Unsterblichkeit, in welcher Gestalt immer, leugneten 1).

Deutlichkeit unterscheidet von der athanasia tes psukhes nach Platonischem
Dogma und der stoischen apidiamone tes psukhes diese aristotelische Lehre
von der tou nou athanasia (oi peisthentes peri tou thurathen nou os athana-
tou
[thanatou die Ausgg.] kai monou [kainou die Ausgg.] diagogen [=bion]
exontos: so wird zu schreiben sein) als etwas ganz anderes Orig. c. Cels.
3, 80 p. 359 Lomm.
1) Theophrast discutirt, nach der Aporienmanier der Schule, die
Dunkelheiten und Schwierigkeiten der Lehre vom nous, insbesondere von
dem doppelten nous, dem poietikos und dem pathetikos, bleibt aber, seiner
Art getreu, dennoch stehn bei dem unabänderlichen Schuldogma vom
nous khoristos, der exothen on kai osper epithetos omos sumphutos mit dem
Menschen sei, und wie agennetos, so auch aphthartos. Fragm. 53 b p. 226 ff.;
53 p. 176 Wim. (Die theoria kommt dem nois thigonti kai oion apsameno,
daher ohne apate: fr. 12, § 25. Der nous ist kreitton ti meros [tes psukhes]
kai theioteron. fr. 53; von ihm und seiner theoria muss man verstehen das
kata dunamin omoiousthai theo, das auch Th. verkündete: Julian. or. 6,
p. 239, 22 ff. Hertl.) Dass ihm die Unsterblichkeit des nous für dieses Leben
und seine Führung irgend welche Bedeutung hätte, zeigt sich nirgends.
Ebensowenig in der Ethik des stark zu theologischer Betrachtung neigen-
den Eudemos. Das Ziel des Lebens, die arete teleios, welche ist

entspringt einer logischen Folgerung, metaphysischen Erwä-
gungen, nicht einer Forderung des Gemüthes. Es fehlt ihm, wie
an sinnfälliger, die Phantasie bestimmender Deutlichkeit, so an
der Kraft (aber auch an der Absicht), auf Haltung und Rich-
tung des irdischen Lebens lenkend einzuwirken. Kein Antrieb
geht von dieser Lehre aus, keiner selbst für die Philosophen,
von denen und deren Thun und Streben in der Schilderung
und begeisterten Lobpreisung des „Geistes“, dieses Philosophen
im Menschen, im Grunde allein die Rede war.

Man konnte an Aristotelischer, ganz auf Erfassung und
Deutung diesseitiger Wirklichkeit gerichteter Philosophie fest-
halten, und doch das Aussenwerk der Lehre von dem, aus
göttlichem Jenseits herabgestiegenen und zu ewig göttlichem
Leben, aber kaum zur Fortsetzung individuellen Daseins nach
dem Tode des Menschen wieder ausscheidenden „Geiste“
preisgeben. An diesem Punkte am meisten erhielt sich in der
Schule freie Discussion der Lehre des Meisters; es waren nicht
die Geringsten unter den Nachfolgern des Aristoteles, die
eine Unsterblichkeit, in welcher Gestalt immer, leugneten 1).

Deutlichkeit unterscheidet von der ἀϑανασία τῆς ψυχῆς nach Platonischem
Dogma und der stoischen ἀπιδιαμονὴ τῆς ψυχῆς diese aristotelische Lehre
von der τοῦ νοῦ ἀϑανασία (οἱ πεισϑέντες περὶ τοῦ ϑύραϑεν νοῦ ὡς ἀϑανά-
του
[ϑανάτου die Ausgg.] καὶ μόνου [καινοῦ die Ausgg.] διαγωγὴν [=βίον]
ἕξοντος: so wird zu schreiben sein) als etwas ganz anderes Orig. c. Cels.
3, 80 p. 359 Lomm.
1) Theophrast discutirt, nach der Aporienmanier der Schule, die
Dunkelheiten und Schwierigkeiten der Lehre vom νοῦς, insbesondere von
dem doppelten νοῦς, dem ποιητικός und dem παϑητικός, bleibt aber, seiner
Art getreu, dennoch stehn bei dem unabänderlichen Schuldogma vom
νοῦς χωριστός, der ἔξωϑεν ὤν καὶ ὥσπερ ἐπίϑετος ὅμως σύμφυτος mit dem
Menschen sei, und wie ἀγέννητος, so auch ἄφϑαρτος. Fragm. 53 b p. 226 ff.;
53 p. 176 Wim. (Die ϑεωρία kommt dem νοῖς ϑιγόντι καὶ οἷον ἁψαμένῳ,
daher ohne ἀπάτη: fr. 12, § 25. Der νοῦς ist κρεῖττόν τι μέρος [τῆς ψυχῆς]
καὶ ϑειότερον. fr. 53; von ihm und seiner ϑεωρία muss man verstehen das
κατὰ δύναμιν ὁμοιοῦσϑαι ϑεῷ, das auch Th. verkündete: Julian. or. 6,
p. 239, 22 ff. Hertl.) Dass ihm die Unsterblichkeit des νοῦς für dieses Leben
und seine Führung irgend welche Bedeutung hätte, zeigt sich nirgends.
Ebensowenig in der Ethik des stark zu theologischer Betrachtung neigen-
den Eudemos. Das Ziel des Lebens, die ἀρετὴ τέλειος, welche ist
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[600/0616] entspringt einer logischen Folgerung, metaphysischen Erwä- gungen, nicht einer Forderung des Gemüthes. Es fehlt ihm, wie an sinnfälliger, die Phantasie bestimmender Deutlichkeit, so an der Kraft (aber auch an der Absicht), auf Haltung und Rich- tung des irdischen Lebens lenkend einzuwirken. Kein Antrieb geht von dieser Lehre aus, keiner selbst für die Philosophen, von denen und deren Thun und Streben in der Schilderung und begeisterten Lobpreisung des „Geistes“, dieses Philosophen im Menschen, im Grunde allein die Rede war. Man konnte an Aristotelischer, ganz auf Erfassung und Deutung diesseitiger Wirklichkeit gerichteter Philosophie fest- halten, und doch das Aussenwerk der Lehre von dem, aus göttlichem Jenseits herabgestiegenen und zu ewig göttlichem Leben, aber kaum zur Fortsetzung individuellen Daseins nach dem Tode des Menschen wieder ausscheidenden „Geiste“ preisgeben. An diesem Punkte am meisten erhielt sich in der Schule freie Discussion der Lehre des Meisters; es waren nicht die Geringsten unter den Nachfolgern des Aristoteles, die eine Unsterblichkeit, in welcher Gestalt immer, leugneten 1). 1) 1) Theophrast discutirt, nach der Aporienmanier der Schule, die Dunkelheiten und Schwierigkeiten der Lehre vom νοῦς, insbesondere von dem doppelten νοῦς, dem ποιητικός und dem παϑητικός, bleibt aber, seiner Art getreu, dennoch stehn bei dem unabänderlichen Schuldogma vom νοῦς χωριστός, der ἔξωϑεν ὤν καὶ ὥσπερ ἐπίϑετος ὅμως σύμφυτος mit dem Menschen sei, und wie ἀγέννητος, so auch ἄφϑαρτος. Fragm. 53 b p. 226 ff.; 53 p. 176 Wim. (Die ϑεωρία kommt dem νοῖς ϑιγόντι καὶ οἷον ἁψαμένῳ, daher ohne ἀπάτη: fr. 12, § 25. Der νοῦς ist κρεῖττόν τι μέρος [τῆς ψυχῆς] καὶ ϑειότερον. fr. 53; von ihm und seiner ϑεωρία muss man verstehen das κατὰ δύναμιν ὁμοιοῦσϑαι ϑεῷ, das auch Th. verkündete: Julian. or. 6, p. 239, 22 ff. Hertl.) Dass ihm die Unsterblichkeit des νοῦς für dieses Leben und seine Führung irgend welche Bedeutung hätte, zeigt sich nirgends. Ebensowenig in der Ethik des stark zu theologischer Betrachtung neigen- den Eudemos. Das Ziel des Lebens, die ἀρετὴ τέλειος, welche ist 1) Deutlichkeit unterscheidet von der ἀϑανασία τῆς ψυχῆς nach Platonischem Dogma und der stoischen ἀπιδιαμονὴ τῆς ψυχῆς diese aristotelische Lehre von der τοῦ νοῦ ἀϑανασία (οἱ πεισϑέντες περὶ τοῦ ϑύραϑεν νοῦ ὡς ἀϑανά- του [ϑανάτου die Ausgg.] καὶ μόνου [καινοῦ die Ausgg.] διαγωγὴν [=βίον] ἕξοντος: so wird zu schreiben sein) als etwas ganz anderes Orig. c. Cels. 3, 80 p. 359 Lomm.

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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 600. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/616>, abgerufen am 22.11.2024.