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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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Tode soll doch wohl anerkannt werden, wo so nachdrücklich
der Verstorbene von Todten im gewöhnlichen Sinne unter-
schieden wird, ganz gewiss ja da, wo etwa der Todte, in my-
stische Gemeinschaft mit höheren Lebensgestaltungen gesetzt,
seinen Namen verliert, und den Namen eines seit langem ver-
ehrten Heros, oder gar eines Gottes annimmt 1).

In allen uns erkennbaren Fällen scheint jetzt die Heroi-
sirung eines Verstorbenen, durch die Stadt, oder die Genossen-
schaft oder die Familie, der er angehört hat, aus eigener
Machtvollkommenheit vollzogen zu werden: das delphische
Orakel, ohne dessen Wahrspruch ehemals nicht leicht ein neuer
Heros zu der Schaar der Auserwählten Zutritt fand 2), wird
in diesen Zeiten, in denen sein Ansehen auf allen Gebieten
tief gesunken war, nicht mehr um seine Bestätigung ange-
gangen. Es konnte nicht ausbleiben, dass, so auf sich selbst
gestellt, das Belieben der Corporationen und der Familien die
Schranken der Heroenwelt immer weiter hinausschob. Zuletzt

ebendort noch mehrfaches apheroIzein von Familienmitgliedern: 2472 b. c. d.;
2473. -- Androsthenen Philonos neon eroa -- -- e meter. Macedonien:
Arch. des miss. scientif. III (1876) 295 (n. 130). So ist es wohl zu ver-
stehen, wenn in Grabepigrammen ein Familienmitglied das andere als eros
anredet oder bezeichnet. Kaib. ep. lap. 483; 510; 552, 674. -- eros sug-
geneias C. I. A. III 1460 hat jedenfalls auch einen volleren Sinn als das
sonst übliche eros.
1) Gleichsetzung des Todten mit einem schon vorher verehrten
Heros anderen Namens ist freilich kaum sicher nachzuweisen. Von den
mancherlei Fällen, die man hierher rechnet, kommt höchstens die spar-
tanische Ins. Aristokles o kai Zethos (Ath. Mitth. 4 Taf. 8, 2) vielleicht
in Betracht. Gleichsetzung mit einem Gott (vermuthlich mit Anspielung
auf orgiastischen Cult dieses Gottes) kommt öfter vor. Imagines de-
functi, quas ad habitum dei Liberi formaverat (uxor), divinis percolens
honoribus
-- Apuleius Met. 8, 7. (Vgl. Lobeck. Aglaoph. 1002, der auch
an das, doch nur entfernt anklingende Vorbild in dem Protesilaos des
Euripides erinnert). Der Todte als Bakkhos (Kaib. ep. lap. 821), Dionusou
agalma (ibid. 705. So der Todte C. I. Gr. 6731: agalma eimi Eliou).
Und so mehrfach Abbildungen der Verstorbenen nach dem Typus des
Dionys, Asklepios, Hermes. Ross Archäol. Aufs. 1, 51. Deneken in
Roscher's Mythol. Lex. 1, 2588.
2) S. oben p. 166 ff.

Tode soll doch wohl anerkannt werden, wo so nachdrücklich
der Verstorbene von Todten im gewöhnlichen Sinne unter-
schieden wird, ganz gewiss ja da, wo etwa der Todte, in my-
stische Gemeinschaft mit höheren Lebensgestaltungen gesetzt,
seinen Namen verliert, und den Namen eines seit langem ver-
ehrten Heros, oder gar eines Gottes annimmt 1).

In allen uns erkennbaren Fällen scheint jetzt die Heroi-
sirung eines Verstorbenen, durch die Stadt, oder die Genossen-
schaft oder die Familie, der er angehört hat, aus eigener
Machtvollkommenheit vollzogen zu werden: das delphische
Orakel, ohne dessen Wahrspruch ehemals nicht leicht ein neuer
Heros zu der Schaar der Auserwählten Zutritt fand 2), wird
in diesen Zeiten, in denen sein Ansehen auf allen Gebieten
tief gesunken war, nicht mehr um seine Bestätigung ange-
gangen. Es konnte nicht ausbleiben, dass, so auf sich selbst
gestellt, das Belieben der Corporationen und der Familien die
Schranken der Heroenwelt immer weiter hinausschob. Zuletzt

ebendort noch mehrfaches ἀφηρωΐζειν von Familienmitgliedern: 2472 b. c. d.;
2473. — Ἀνδροσϑένην Φίλωνος νέον ἥρωα — — ἡ μήτηρ. Macedonien:
Arch. des miss. scientif. III (1876) 295 (n. 130). So ist es wohl zu ver-
stehen, wenn in Grabepigrammen ein Familienmitglied das andere als ἥρως
anredet oder bezeichnet. Kaib. ep. lap. 483; 510; 552, 674. — ἥρως συγ-
γενείας C. I. A. III 1460 hat jedenfalls auch einen volleren Sinn als das
sonst übliche ἥρως.
1) Gleichsetzung des Todten mit einem schon vorher verehrten
Heros anderen Namens ist freilich kaum sicher nachzuweisen. Von den
mancherlei Fällen, die man hierher rechnet, kommt höchstens die spar-
tanische Ins. Ἀριστοκλῆς ὁ καὶ Ζῆϑος (Ath. Mitth. 4 Taf. 8, 2) vielleicht
in Betracht. Gleichsetzung mit einem Gott (vermuthlich mit Anspielung
auf orgiastischen Cult dieses Gottes) kommt öfter vor. Imagines de-
functi, quas ad habitum dei Liberi formaverat (uxor), divinis percolens
honoribus
— Apuleius Met. 8, 7. (Vgl. Lobeck. Aglaoph. 1002, der auch
an das, doch nur entfernt anklingende Vorbild in dem Πρωτεσίλαος des
Euripides erinnert). Der Todte als Βάκχος (Kaib. ep. lap. 821), Διονύσου
ἄγαλμα (ibid. 705. So der Todte C. I. Gr. 6731: ἄγαλμά εἰμι Ἡλίου).
Und so mehrfach Abbildungen der Verstorbenen nach dem Typus des
Dionys, Asklepios, Hermes. Ross Archäol. Aufs. 1, 51. Deneken in
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2) S. oben p. 166 ff.
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[648/0664] Tode soll doch wohl anerkannt werden, wo so nachdrücklich der Verstorbene von Todten im gewöhnlichen Sinne unter- schieden wird, ganz gewiss ja da, wo etwa der Todte, in my- stische Gemeinschaft mit höheren Lebensgestaltungen gesetzt, seinen Namen verliert, und den Namen eines seit langem ver- ehrten Heros, oder gar eines Gottes annimmt 1). In allen uns erkennbaren Fällen scheint jetzt die Heroi- sirung eines Verstorbenen, durch die Stadt, oder die Genossen- schaft oder die Familie, der er angehört hat, aus eigener Machtvollkommenheit vollzogen zu werden: das delphische Orakel, ohne dessen Wahrspruch ehemals nicht leicht ein neuer Heros zu der Schaar der Auserwählten Zutritt fand 2), wird in diesen Zeiten, in denen sein Ansehen auf allen Gebieten tief gesunken war, nicht mehr um seine Bestätigung ange- gangen. Es konnte nicht ausbleiben, dass, so auf sich selbst gestellt, das Belieben der Corporationen und der Familien die Schranken der Heroenwelt immer weiter hinausschob. Zuletzt 4) 1) Gleichsetzung des Todten mit einem schon vorher verehrten Heros anderen Namens ist freilich kaum sicher nachzuweisen. Von den mancherlei Fällen, die man hierher rechnet, kommt höchstens die spar- tanische Ins. Ἀριστοκλῆς ὁ καὶ Ζῆϑος (Ath. Mitth. 4 Taf. 8, 2) vielleicht in Betracht. Gleichsetzung mit einem Gott (vermuthlich mit Anspielung auf orgiastischen Cult dieses Gottes) kommt öfter vor. Imagines de- functi, quas ad habitum dei Liberi formaverat (uxor), divinis percolens honoribus — Apuleius Met. 8, 7. (Vgl. Lobeck. Aglaoph. 1002, der auch an das, doch nur entfernt anklingende Vorbild in dem Πρωτεσίλαος des Euripides erinnert). Der Todte als Βάκχος (Kaib. ep. lap. 821), Διονύσου ἄγαλμα (ibid. 705. So der Todte C. I. Gr. 6731: ἄγαλμά εἰμι Ἡλίου). Und so mehrfach Abbildungen der Verstorbenen nach dem Typus des Dionys, Asklepios, Hermes. Ross Archäol. Aufs. 1, 51. Deneken in Roscher’s Mythol. Lex. 1, 2588. 2) S. oben p. 166 ff. 4) ebendort noch mehrfaches ἀφηρωΐζειν von Familienmitgliedern: 2472 b. c. d.; 2473. — Ἀνδροσϑένην Φίλωνος νέον ἥρωα — — ἡ μήτηρ. Macedonien: Arch. des miss. scientif. III (1876) 295 (n. 130). So ist es wohl zu ver- stehen, wenn in Grabepigrammen ein Familienmitglied das andere als ἥρως anredet oder bezeichnet. Kaib. ep. lap. 483; 510; 552, 674. — ἥρως συγ- γενείας C. I. A. III 1460 hat jedenfalls auch einen volleren Sinn als das sonst übliche ἥρως.

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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 648. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/664>, abgerufen am 24.11.2024.