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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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I. Theil. III. Capitul.
nem seiner Schrifften: Kan dir der andere etwas
helffen, so nenn ihn allmächtig, wiewohl dieses ein
etwas zu leichtsinnig ertheiltes Consilium. Jst
er aber nicht zum Ehrgeitz geneigt, so schreite man
hierbey nicht aus den Schrancken.

§. 42. Bey einigen Umständen, die ich oben an-
geführt, wenn z. E. der ander entweder die diesem
Praedicat zugehörigen und eigenthümlichen Dien-
ste würcklich versiehet, oder versehen hat, oder
wenn der Character so gut als ausgemacht ist, und
es etwan nur noch an der Notification oder Aus-
fertigung des Tituls fehlt, oder wenn der ander mit
Connivenz der Höhern durch die Observanz sich
in den Possess eines Tituls gesetzt, wie denn derglei-
chen Casus in der Welt auch bißweilen möglich, kan
man zwar den andern im Reden oder Schreiben
diesen Character beylegen, überhaupt aber ist es wi-
der den Wohlstand, wenn man den andern einen
Titul oder Praedicat giebt, den er nicht besitzt, und
mit Recht behaupten kan. Unser Verlangen, den
andern zu ehren, kan ihm ja kein Praedicat zuwege
bringen. Dieses dependirt von der Macht und Ent-
schließung der Höhern, ja auf gewisse Maß ist es eine
Art einer Beschimpfung, die man ihm erzeiget, wenn
man glaubt, daß der ander den, von einer Privat-
Person, ihm zugeschriebenen Titul annehmen wer-
de. Jst er eines gewissen Praedicats würdig, so
wird er auch an seinem Ort und zu seiner Zeit schon
Mittel und Wege finden, dasselbe zu überkommen,
oder ohne dieses Ceremoniel geruhig, und als ein
geehrter Mann in der Welt leben. Der Titul

giebt

I. Theil. III. Capitul.
nem ſeiner Schrifften: Kan dir der andere etwas
helffen, ſo nenn ihn allmaͤchtig, wiewohl dieſes ein
etwas zu leichtſinnig ertheiltes Conſilium. Jſt
er aber nicht zum Ehrgeitz geneigt, ſo ſchreite man
hierbey nicht aus den Schrancken.

§. 42. Bey einigen Umſtaͤnden, die ich oben an-
gefuͤhrt, wenn z. E. der ander entweder die dieſem
Prædicat zugehoͤrigen und eigenthuͤmlichen Dien-
ſte wuͤrcklich verſiehet, oder verſehen hat, oder
wenn der Character ſo gut als ausgemacht iſt, und
es etwan nur noch an der Notification oder Aus-
fertigung des Tituls fehlt, oder wenn der ander mit
Connivenz der Hoͤhern durch die Obſervanz ſich
in den Poſſeſs eines Tituls geſetzt, wie denn derglei-
chen Caſus in der Welt auch bißweilen moͤglich, kan
man zwar den andern im Reden oder Schreiben
dieſen Character beylegen, uͤberhaupt aber iſt es wi-
der den Wohlſtand, wenn man den andern einen
Titul oder Prædicat giebt, den er nicht beſitzt, und
mit Recht behaupten kan. Unſer Verlangen, den
andern zu ehren, kan ihm ja kein Prædicat zuwege
bringen. Dieſes dependirt von der Macht und Ent-
ſchließung der Hoͤhern, ja auf gewiſſe Maß iſt es eine
Art einer Beſchimpfung, die man ihm erzeiget, wenn
man glaubt, daß der ander den, von einer Privat-
Perſon, ihm zugeſchriebenen Titul annehmen wer-
de. Jſt er eines gewiſſen Prædicats wuͤrdig, ſo
wird er auch an ſeinem Ort und zu ſeiner Zeit ſchon
Mittel und Wege finden, daſſelbe zu uͤberkommen,
oder ohne dieſes Ceremoniel geruhig, und als ein
geehrter Mann in der Welt leben. Der Titul

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[100/0120] I. Theil. III. Capitul. nem ſeiner Schrifften: Kan dir der andere etwas helffen, ſo nenn ihn allmaͤchtig, wiewohl dieſes ein etwas zu leichtſinnig ertheiltes Conſilium. Jſt er aber nicht zum Ehrgeitz geneigt, ſo ſchreite man hierbey nicht aus den Schrancken. §. 42. Bey einigen Umſtaͤnden, die ich oben an- gefuͤhrt, wenn z. E. der ander entweder die dieſem Prædicat zugehoͤrigen und eigenthuͤmlichen Dien- ſte wuͤrcklich verſiehet, oder verſehen hat, oder wenn der Character ſo gut als ausgemacht iſt, und es etwan nur noch an der Notification oder Aus- fertigung des Tituls fehlt, oder wenn der ander mit Connivenz der Hoͤhern durch die Obſervanz ſich in den Poſſeſs eines Tituls geſetzt, wie denn derglei- chen Caſus in der Welt auch bißweilen moͤglich, kan man zwar den andern im Reden oder Schreiben dieſen Character beylegen, uͤberhaupt aber iſt es wi- der den Wohlſtand, wenn man den andern einen Titul oder Prædicat giebt, den er nicht beſitzt, und mit Recht behaupten kan. Unſer Verlangen, den andern zu ehren, kan ihm ja kein Prædicat zuwege bringen. Dieſes dependirt von der Macht und Ent- ſchließung der Hoͤhern, ja auf gewiſſe Maß iſt es eine Art einer Beſchimpfung, die man ihm erzeiget, wenn man glaubt, daß der ander den, von einer Privat- Perſon, ihm zugeſchriebenen Titul annehmen wer- de. Jſt er eines gewiſſen Prædicats wuͤrdig, ſo wird er auch an ſeinem Ort und zu ſeiner Zeit ſchon Mittel und Wege finden, daſſelbe zu uͤberkommen, oder ohne dieſes Ceremoniel geruhig, und als ein geehrter Mann in der Welt leben. Der Titul giebt

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/120>, abgerufen am 21.11.2024.