Wirth des Hauses ihren Rang und Ober-Stelle nicht vor zweiffelhafft halten, sondern darinne deci- diren soll. Da man es nun unmöglich zwey strei- tigen Leuten recht machen kan, so ist am besten, daß man sich mit dergleichen Leuten unverworren läst.
§. 12. Es ist sehr abgeschmackt, wenn ein Gerin- ger mit denen, so von sehr hohen Range, wegen der Ober-Stelle complimentiren will. Thut es ein Subalterne gegen seinen hohen Vorgesetzten, so ist es noch einfältiger. Die Vornehmen haben wegen ihres hohen Standes und Characters alle- zeit die Ober-Stelle, sie mögen sich auch placiren wie sie wollen, und erwehlen den Platz, der ihnen am gefälligsten und beqvemsten. Bey derglei- chen Fall muß ein junger Cavalier die Stelle, die ihm ein großer Minister entweder anbefiehlt, oder einem jeden, es sey auch wer es wolle, ohne Cere- monie frey läst, einnehmen, es mag die unterste oder die oberste seyn, und weiter vor nichts sorgen. Wer ein wenig in der grossen Welt gewesen, weiß wohl, daß man an vielen Orten bey dem Speisen, es sey in öffentlichen Aubergen oder bey Gastereyen auf den Rang nicht siehet, man setzt sich pele mele, die Vornehmsten erwehlen insgemein die unter- sten Plätze, und gönnen den Geringsten die Ober-Stellen.
§. 13. Je schlechter der Rang bey einigen Leu- ten, je sorgfältiger sind sie in dessen Bewahrung und Vertheidigung, und je schärffer in dessen Ab-
forde-
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Vom Range.
Wirth des Hauſes ihren Rang und Ober-Stelle nicht vor zweiffelhafft halten, ſondern darinne deci- diren ſoll. Da man es nun unmoͤglich zwey ſtrei- tigen Leuten recht machen kan, ſo iſt am beſten, daß man ſich mit dergleichen Leuten unverworren laͤſt.
§. 12. Es iſt ſehr abgeſchmackt, wenn ein Gerin- ger mit denen, ſo von ſehr hohen Range, wegen der Ober-Stelle complimentiren will. Thut es ein Subalterne gegen ſeinen hohen Vorgeſetzten, ſo iſt es noch einfaͤltiger. Die Vornehmen haben wegen ihres hohen Standes und Characters alle- zeit die Ober-Stelle, ſie moͤgen ſich auch placiren wie ſie wollen, und erwehlen den Platz, der ihnen am gefaͤlligſten und beqvemſten. Bey derglei- chen Fall muß ein junger Cavalier die Stelle, die ihm ein großer Miniſter entweder anbefiehlt, oder einem jeden, es ſey auch wer es wolle, ohne Cere- monie frey laͤſt, einnehmen, es mag die unterſte oder die oberſte ſeyn, und weiter vor nichts ſorgen. Wer ein wenig in der groſſen Welt geweſen, weiß wohl, daß man an vielen Orten bey dem Speiſen, es ſey in oͤffentlichen Aubergen oder bey Gaſtereyen auf den Rang nicht ſiehet, man ſetzt ſich péle méle, die Vornehmſten erwehlen insgemein die unter- ſten Plaͤtze, und goͤnnen den Geringſten die Ober-Stellen.
§. 13. Je ſchlechter der Rang bey einigen Leu- ten, je ſorgfaͤltiger ſind ſie in deſſen Bewahrung und Vertheidigung, und je ſchaͤrffer in deſſen Ab-
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Vom Range.
Wirth des Hauſes ihren Rang und Ober-Stelle
nicht vor zweiffelhafft halten, ſondern darinne deci-
diren ſoll. Da man es nun unmoͤglich zwey ſtrei-
tigen Leuten recht machen kan, ſo iſt am beſten, daß
man ſich mit dergleichen Leuten unverworren
laͤſt.
§. 12. Es iſt ſehr abgeſchmackt, wenn ein Gerin-
ger mit denen, ſo von ſehr hohen Range, wegen der
Ober-Stelle complimentiren will. Thut es ein
Subalterne gegen ſeinen hohen Vorgeſetzten, ſo
iſt es noch einfaͤltiger. Die Vornehmen haben
wegen ihres hohen Standes und Characters alle-
zeit die Ober-Stelle, ſie moͤgen ſich auch placiren
wie ſie wollen, und erwehlen den Platz, der ihnen
am gefaͤlligſten und beqvemſten. Bey derglei-
chen Fall muß ein junger Cavalier die Stelle, die
ihm ein großer Miniſter entweder anbefiehlt, oder
einem jeden, es ſey auch wer es wolle, ohne Cere-
monie frey laͤſt, einnehmen, es mag die unterſte
oder die oberſte ſeyn, und weiter vor nichts ſorgen.
Wer ein wenig in der groſſen Welt geweſen, weiß
wohl, daß man an vielen Orten bey dem Speiſen,
es ſey in oͤffentlichen Aubergen oder bey Gaſtereyen
auf den Rang nicht ſiehet, man ſetzt ſich péle méle,
die Vornehmſten erwehlen insgemein die unter-
ſten Plaͤtze, und goͤnnen den Geringſten die
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§. 13. Je ſchlechter der Rang bey einigen Leu-
ten, je ſorgfaͤltiger ſind ſie in deſſen Bewahrung
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/135>, abgerufen am 24.11.2024.
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