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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Vom Range.
die uns in den Lebens-Jahren, ein zwantzig, dreyßig
und mehr Jahre vorangegangen, einen Schritt an
diesem oder jenem Ort auch zuvorgehen. Ein graues
Haupt wird auch, nach der Vorschrifft göttlicher
Rechte, vor venerabel geachtet. (II.) Wenn wir
mit denen zu thun haben, die uns jederzeit alle Höf-
lichkeit erweisen, die im geringsten nicht ehrgeitzig,
die die Oberstelle nicht mit Gewalt behaupten wol-
len, sondern sich nichts draus machen, und zum al-
torni
ren, und allem übrigen, was wir nur verlan-
gen können/ gantz bereit und willig sind.

§. 23. Bey den Regeln findet man immer auch
Ausnahmen. Jn dem vorigen habe ich die Fälle
angeführet, bey denen man, zu Vermeidung aller
Rang-Streitigkeiten, nachgeben soll. Jetzund
will ich gedencken, daß sich einige Umstände ereig-
nen können, da ein vernünfftiger Mensch, den Leh-
ren der Welt-Weißheit nach, bey dem Range und
der Oberstelle nicht weichen soll, und da es ihm zur
besondern Ehre gereicht, wenn er sein ihm hierunter
zustehend Recht behauptet, so gut er kan. Solches
geschiehet hauptsächlich bey denjenigen Handlun-
gen, da es nicht auf seine eigene Ehre und Caprice
ankömmt, daß er mit der Oberstelle und der Vor-
hand prahlet, sondern, da es der Respect seines
Herrn erfordert, dessen Ehre er, als ein treuer und
redlicher Diener behaupten und retten muß; So
einfältig es ist, wenn eine Privat-Person in Ver-
fechtung ihres Ranges allzu hitzig, so rühmlich ist es
hingegen um einen Diener, wenn er zum Nutzen

und

Vom Range.
die uns in den Lebens-Jahren, ein zwantzig, dreyßig
und mehr Jahre vorangegangen, einen Schritt an
dieſem oder jenem Ort auch zuvorgehen. Ein graues
Haupt wird auch, nach der Vorſchrifft goͤttlicher
Rechte, vor venerabel geachtet. (II.) Wenn wir
mit denen zu thun haben, die uns jederzeit alle Hoͤf-
lichkeit erweiſen, die im geringſten nicht ehrgeitzig,
die die Oberſtelle nicht mit Gewalt behaupten wol-
len, ſondern ſich nichts draus machen, und zum al-
torni
ren, und allem uͤbrigen, was wir nur verlan-
gen koͤnnen/ gantz bereit und willig ſind.

§. 23. Bey den Regeln findet man immer auch
Ausnahmen. Jn dem vorigen habe ich die Faͤlle
angefuͤhret, bey denen man, zu Vermeidung aller
Rang-Streitigkeiten, nachgeben ſoll. Jetzund
will ich gedencken, daß ſich einige Umſtaͤnde ereig-
nen koͤnnen, da ein vernuͤnfftiger Menſch, den Leh-
ren der Welt-Weißheit nach, bey dem Range und
der Oberſtelle nicht weichen ſoll, und da es ihm zur
beſondern Ehre gereicht, wenn er ſein ihm hierunter
zuſtehend Recht behauptet, ſo gut er kan. Solches
geſchiehet hauptſaͤchlich bey denjenigen Handlun-
gen, da es nicht auf ſeine eigene Ehre und Caprice
ankoͤmmt, daß er mit der Oberſtelle und der Vor-
hand prahlet, ſondern, da es der Reſpect ſeines
Herrn erfordert, deſſen Ehre er, als ein treuer und
redlicher Diener behaupten und retten muß; So
einfaͤltig es iſt, wenn eine Privat-Perſon in Ver-
fechtung ihres Ranges allzu hitzig, ſo ruͤhmlich iſt es
hingegen um einen Diener, wenn er zum Nutzen

und
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[123/0143] Vom Range. die uns in den Lebens-Jahren, ein zwantzig, dreyßig und mehr Jahre vorangegangen, einen Schritt an dieſem oder jenem Ort auch zuvorgehen. Ein graues Haupt wird auch, nach der Vorſchrifft goͤttlicher Rechte, vor venerabel geachtet. (II.) Wenn wir mit denen zu thun haben, die uns jederzeit alle Hoͤf- lichkeit erweiſen, die im geringſten nicht ehrgeitzig, die die Oberſtelle nicht mit Gewalt behaupten wol- len, ſondern ſich nichts draus machen, und zum al- torniren, und allem uͤbrigen, was wir nur verlan- gen koͤnnen/ gantz bereit und willig ſind. §. 23. Bey den Regeln findet man immer auch Ausnahmen. Jn dem vorigen habe ich die Faͤlle angefuͤhret, bey denen man, zu Vermeidung aller Rang-Streitigkeiten, nachgeben ſoll. Jetzund will ich gedencken, daß ſich einige Umſtaͤnde ereig- nen koͤnnen, da ein vernuͤnfftiger Menſch, den Leh- ren der Welt-Weißheit nach, bey dem Range und der Oberſtelle nicht weichen ſoll, und da es ihm zur beſondern Ehre gereicht, wenn er ſein ihm hierunter zuſtehend Recht behauptet, ſo gut er kan. Solches geſchiehet hauptſaͤchlich bey denjenigen Handlun- gen, da es nicht auf ſeine eigene Ehre und Caprice ankoͤmmt, daß er mit der Oberſtelle und der Vor- hand prahlet, ſondern, da es der Reſpect ſeines Herrn erfordert, deſſen Ehre er, als ein treuer und redlicher Diener behaupten und retten muß; So einfaͤltig es iſt, wenn eine Privat-Perſon in Ver- fechtung ihres Ranges allzu hitzig, ſo ruͤhmlich iſt es hingegen um einen Diener, wenn er zum Nutzen und

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/143>, abgerufen am 21.11.2024.