gen Sätzen, dadurch ich meine Demuth oder Hoch- achtung gegen dem andern an Tag lege; die weit- läufftigen aber sind vor kleine Reden anzusehen, die aus unterschiedenen Stücken zusammen gesetzt. Die kurtzen lernt man ex usu von sich selbst; zu de- nen weitläufftigen aber braucht man einige Anlei- tung aus der Oratorie. Die gemeinen oder ge- wöhnlichen Complimens nenne ich diejenigen, die bey allerhand alltäglichen und in dem gemeinen Le- ben unter Privat-Personen vorkommenden Fällen abgestattet werden; die solennen aber, die man entweder gegen Fürstliche Personen gebraucht, oder sonst nur bey besondern Fällen Platz finden.
§. 2. Bevor ich einige Anmerckungen mittheile, was dem Wohlstande nach bey den Complimens in Obacht zu nehmen, so will ich doch nach der Christlichen und vernünfftigen Morale ein wenig untersuchen, was von denen Complimenten zu hal- ten sey. Wenn wir die Qvacker darüber befra- gen wollen, so werden sie uns alle und jede Arten der Complimens auf das schärffste verweisen. Also schreibet ihr Heer-Führer Barclajus in Theo- log. Mystic. Apolog. ad Th. XV. n. 4. wenn man es in die teutsche Sprache übersetzt, folgendes: Uber die allgemeinen Ehren-Titul, so viel als durch den Mißbrauch unter den Christen ein- geschlichen, sind auch noch andere freundliche Reden in Gebrauch, die insgemeinCompli- mensgenennt werden. Nach deren Veran- lassung nennen und schreiben sich nichr etwan
die
Von Complimens.
gen Saͤtzen, dadurch ich meine Demuth oder Hoch- achtung gegen dem andern an Tag lege; die weit- laͤufftigen aber ſind vor kleine Reden anzuſehen, die aus unterſchiedenen Stuͤcken zuſammen geſetzt. Die kurtzen lernt man ex uſu von ſich ſelbſt; zu de- nen weitlaͤufftigen aber braucht man einige Anlei- tung aus der Oratorie. Die gemeinen oder ge- woͤhnlichen Complimens nenne ich diejenigen, die bey allerhand alltaͤglichen und in dem gemeinen Le- ben unter Privat-Perſonen vorkommenden Faͤllen abgeſtattet werden; die ſolennen aber, die man entweder gegen Fuͤrſtliche Perſonen gebraucht, oder ſonſt nur bey beſondern Faͤllen Platz finden.
§. 2. Bevor ich einige Anmerckungen mittheile, was dem Wohlſtande nach bey den Complimens in Obacht zu nehmen, ſo will ich doch nach der Chriſtlichen und vernuͤnfftigen Morale ein wenig unterſuchen, was von denen Complimenten zu hal- ten ſey. Wenn wir die Qvacker daruͤber befra- gen wollen, ſo werden ſie uns alle und jede Arten der Complimens auf das ſchaͤrffſte verweiſen. Alſo ſchreibet ihr Heer-Fuͤhrer Barclajus in Theo- log. Myſtic. Apolog. ad Th. XV. n. 4. wenn man es in die teutſche Sprache uͤberſetzt, folgendes: Uber die allgemeinen Ehren-Titul, ſo viel als durch den Mißbrauch unter den Chriſten ein- geſchlichen, ſind auch noch andere freundliche Reden in Gebrauch, die insgemeinCompli- mensgenennt werden. Nach deren Veran- laſſung nennen und ſchreiben ſich nichr etwan
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Von Complimens.
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laͤufftigen aber ſind vor kleine Reden anzuſehen, die
aus unterſchiedenen Stuͤcken zuſammen geſetzt.
Die kurtzen lernt man ex uſu von ſich ſelbſt; zu de-
nen weitlaͤufftigen aber braucht man einige Anlei-
tung aus der Oratorie. Die gemeinen oder ge-
woͤhnlichen Complimens nenne ich diejenigen, die
bey allerhand alltaͤglichen und in dem gemeinen Le-
ben unter Privat-Perſonen vorkommenden Faͤllen
abgeſtattet werden; die ſolennen aber, die man
entweder gegen Fuͤrſtliche Perſonen gebraucht, oder
ſonſt nur bey beſondern Faͤllen Platz finden.
§. 2. Bevor ich einige Anmerckungen mittheile,
was dem Wohlſtande nach bey den Complimens
in Obacht zu nehmen, ſo will ich doch nach der
Chriſtlichen und vernuͤnfftigen Morale ein wenig
unterſuchen, was von denen Complimenten zu hal-
ten ſey. Wenn wir die Qvacker daruͤber befra-
gen wollen, ſo werden ſie uns alle und jede Arten
der Complimens auf das ſchaͤrffſte verweiſen.
Alſo ſchreibet ihr Heer-Fuͤhrer Barclajus in Theo-
log. Myſtic. Apolog. ad Th. XV. n. 4. wenn man
es in die teutſche Sprache uͤberſetzt, folgendes:
Uber die allgemeinen Ehren-Titul, ſo viel als
durch den Mißbrauch unter den Chriſten ein-
geſchlichen, ſind auch noch andere freundliche
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/161>, abgerufen am 23.11.2024.
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