Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

Bild:
<< vorherige Seite

I. Theil. V. Capitul.
nung setzen wolte. Er muß auch bey seinen eignen
Complimens in Obacht nehmen, damit er nicht
bey solchen Handlungen, die ernsthaffte, sichere und
deutliche Worte erfordern, oder bey einfältigen
und leichtgläubigen Leuten, die Schertz- und Ehren-
Worte nicht recht verstehen, oder bey hönischen
und gefährlichen Leuten, die alles auf das schlim-
ste auslegen, dergleichen Gebräuche, die ihm auf
die eine oder andere Weise Verdruß und Unruhe
erwecken könten.

§. 44. Endlich mag sich ein junger Mensch, und
ein jedweder angelegen seyn lassen, mit der Manier-
lichkeit und Wohlanständigkeit, auch die Behut-
samkeit zu vereinigen, damit er seine Complimens
so einrichte, daß er über den vielen Complimentiren
an seinem Leibe keinen Schaden leide, oder gar des
Lebens verlustig werde. Daher muß er im Zuwill-
gehen aus ein Gemach einer Fürstlichen Person
oder eines großen Ministris, die er stets in Augen
behalten, und ihr nicht den bloßen Rücken zukehren
muß, vorher Acht haben, was ihm etwan an Ti-
schen, Stühlen, und andern Meublen bey dieser
Passage im Wege stehe, oder ein wenig seithalben
gehen; insonderheit aber sich bey den Treppen
wohl wahrnehmen, daß er nicht hinunter schmeisse,
inmaßen ja unterschiedene Exempel vorhanden, daß
einige diese Unvorsichtigkeit, da sie die Treppe
herunter gestürtzt, das Leben
gekostet.

Das

I. Theil. V. Capitul.
nung ſetzen wolte. Er muß auch bey ſeinen eignen
Complimens in Obacht nehmen, damit er nicht
bey ſolchen Handlungen, die ernſthaffte, ſichere und
deutliche Worte erfordern, oder bey einfaͤltigen
und leichtglaͤubigen Leuten, die Schertz- und Ehren-
Worte nicht recht verſtehen, oder bey hoͤniſchen
und gefaͤhrlichen Leuten, die alles auf das ſchlim-
ſte auslegen, dergleichen Gebraͤuche, die ihm auf
die eine oder andere Weiſe Verdruß und Unruhe
erwecken koͤnten.

§. 44. Endlich mag ſich ein junger Menſch, und
ein jedweder angelegen ſeyn laſſen, mit der Manier-
lichkeit und Wohlanſtaͤndigkeit, auch die Behut-
ſamkeit zu vereinigen, damit er ſeine Complimens
ſo einrichte, daß er uͤber den vielen Complimentiren
an ſeinem Leibe keinen Schaden leide, oder gar des
Lebens verluſtig werde. Daher muß er im Zuwill-
gehen aus ein Gemach einer Fuͤrſtlichen Perſon
oder eines großen Miniſtris, die er ſtets in Augen
behalten, und ihr nicht den bloßen Ruͤcken zukehren
muß, vorher Acht haben, was ihm etwan an Ti-
ſchen, Stuͤhlen, und andern Meublen bey dieſer
Paſſage im Wege ſtehe, oder ein wenig ſeithalben
gehen; inſonderheit aber ſich bey den Treppen
wohl wahrnehmen, daß er nicht hinunter ſchmeiſſe,
inmaßen ja unterſchiedene Exempel vorhanden, daß
einige dieſe Unvorſichtigkeit, da ſie die Treppe
herunter geſtuͤrtzt, das Leben
gekoſtet.

Das
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0198" n="178"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi> Theil. <hi rendition="#aq">V.</hi> Capitul.</hi></fw><lb/>
nung &#x017F;etzen wolte. Er muß auch bey &#x017F;einen eignen<lb/><hi rendition="#aq">Complimens</hi> in Obacht nehmen, damit er nicht<lb/>
bey &#x017F;olchen Handlungen, die ern&#x017F;thaffte, &#x017F;ichere und<lb/>
deutliche Worte erfordern, oder bey einfa&#x0364;ltigen<lb/>
und leichtgla&#x0364;ubigen Leuten, die Schertz- und Ehren-<lb/>
Worte nicht recht ver&#x017F;tehen, oder bey ho&#x0364;ni&#x017F;chen<lb/>
und gefa&#x0364;hrlichen Leuten, die alles auf das &#x017F;chlim-<lb/>
&#x017F;te auslegen, dergleichen Gebra&#x0364;uche, die ihm auf<lb/>
die eine oder andere Wei&#x017F;e Verdruß und Unruhe<lb/>
erwecken ko&#x0364;nten.</p><lb/>
        <p>§. 44. Endlich mag &#x017F;ich ein junger Men&#x017F;ch, und<lb/>
ein jedweder angelegen &#x017F;eyn la&#x017F;&#x017F;en, mit der Manier-<lb/>
lichkeit und Wohlan&#x017F;ta&#x0364;ndigkeit, auch die Behut-<lb/>
&#x017F;amkeit zu vereinigen, damit er &#x017F;eine <hi rendition="#aq">Complimens</hi><lb/>
&#x017F;o einrichte, daß er u&#x0364;ber den vielen <hi rendition="#aq">Complimenti</hi>ren<lb/>
an &#x017F;einem Leibe keinen Schaden leide, oder gar des<lb/>
Lebens verlu&#x017F;tig werde. Daher muß er im Zuwill-<lb/>
gehen aus ein Gemach einer Fu&#x0364;r&#x017F;tlichen Per&#x017F;on<lb/>
oder eines großen <hi rendition="#aq">Mini&#x017F;tris,</hi> die er &#x017F;tets in Augen<lb/>
behalten, und ihr nicht den bloßen Ru&#x0364;cken zukehren<lb/>
muß, vorher Acht haben, was ihm etwan an Ti-<lb/>
&#x017F;chen, Stu&#x0364;hlen, und andern <hi rendition="#aq">Meubl</hi>en bey die&#x017F;er<lb/><hi rendition="#aq">Pa&#x017F;&#x017F;age</hi> im Wege &#x017F;tehe, oder ein wenig &#x017F;eithalben<lb/>
gehen; in&#x017F;onderheit aber &#x017F;ich bey den Treppen<lb/>
wohl wahrnehmen, daß er nicht hinunter &#x017F;chmei&#x017F;&#x017F;e,<lb/>
inmaßen ja unter&#x017F;chiedene Exempel vorhanden, daß<lb/><hi rendition="#c">einige die&#x017F;e Unvor&#x017F;ichtigkeit, da &#x017F;ie die Treppe<lb/>
herunter ge&#x017F;tu&#x0364;rtzt, das Leben<lb/>
geko&#x017F;tet.</hi></p>
      </div><lb/>
      <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Das</hi> </fw><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[178/0198] I. Theil. V. Capitul. nung ſetzen wolte. Er muß auch bey ſeinen eignen Complimens in Obacht nehmen, damit er nicht bey ſolchen Handlungen, die ernſthaffte, ſichere und deutliche Worte erfordern, oder bey einfaͤltigen und leichtglaͤubigen Leuten, die Schertz- und Ehren- Worte nicht recht verſtehen, oder bey hoͤniſchen und gefaͤhrlichen Leuten, die alles auf das ſchlim- ſte auslegen, dergleichen Gebraͤuche, die ihm auf die eine oder andere Weiſe Verdruß und Unruhe erwecken koͤnten. §. 44. Endlich mag ſich ein junger Menſch, und ein jedweder angelegen ſeyn laſſen, mit der Manier- lichkeit und Wohlanſtaͤndigkeit, auch die Behut- ſamkeit zu vereinigen, damit er ſeine Complimens ſo einrichte, daß er uͤber den vielen Complimentiren an ſeinem Leibe keinen Schaden leide, oder gar des Lebens verluſtig werde. Daher muß er im Zuwill- gehen aus ein Gemach einer Fuͤrſtlichen Perſon oder eines großen Miniſtris, die er ſtets in Augen behalten, und ihr nicht den bloßen Ruͤcken zukehren muß, vorher Acht haben, was ihm etwan an Ti- ſchen, Stuͤhlen, und andern Meublen bey dieſer Paſſage im Wege ſtehe, oder ein wenig ſeithalben gehen; inſonderheit aber ſich bey den Treppen wohl wahrnehmen, daß er nicht hinunter ſchmeiſſe, inmaßen ja unterſchiedene Exempel vorhanden, daß einige dieſe Unvorſichtigkeit, da ſie die Treppe herunter geſtuͤrtzt, das Leben gekoſtet. Das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/198
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/198>, abgerufen am 09.11.2024.