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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Von dem Aufenthalt an Höfen.
seyn lassen, wie er das Ceremoniel bey den Zim-
mern, bey der Tafel, bey den Gesundheits-Trin-
cken, und sonderlich bey der Aufwartung der Durch-
lauchtigsten Herrschafft, erfahren möge. Wo
sich unterschiedene Fürstliche Anverwandten zu-
gleich auf dem Schloß oder in der Residentz auf-
halten, es mögen nun einige von den Hoch-Fürst-
lichen Eltern/ oder von den Hoch-Fürstlichen Ge-
schwistern, oder andern Anverwandten seyn, so
muß er gehörige Acht haben, daß er allenthalben
seine Aufwartung, nach der ihnen zustehenden
Rang-Ordnung abstatte, und keine von diesen
Fürstlichen Personen, wo eine Aufwartung erlaubt,
versehen möge.

§. 7. Es kan nicht schaden, wenn sich einer, zu-
mahl an einem gantz fremden Hofe, da er keinen
Bekandten hat, den er in etwas zu Rathe ziehen
kan, an den Hof-Fourier andressirt, und demsel-
ben einen Species-Thaler oder Ducaten in die Hän-
de drückt. Durch diese kleine Freygebigkeit kan
er mancherley Nachrichten erlangen, die ihm gute
Dienste leisten. Ob es schon andere erfahren sol-
ten, so wird es einem doch kein vernünfftiger Mensch
verdencken, sondern die meisten werden es ihm recht
sprechen, daß er hierunter so gute Behutsamkeit an-
wendet. Doch muß einer auch bey dergleichen
Fragen, Klugheit und Vorsichtigkeit gebrauchen,
damit man nicht den Schein von sich gebe, als ob
man den Hof ausspioniren wolle. Wer bey Ho-
fe sich im Nachfragen allzu neugierig erweiset, er-

fähret

Von dem Aufenthalt an Hoͤfen.
ſeyn laſſen, wie er das Ceremoniel bey den Zim-
mern, bey der Tafel, bey den Geſundheits-Trin-
cken, und ſonderlich bey der Aufwartung der Durch-
lauchtigſten Herrſchafft, erfahren moͤge. Wo
ſich unterſchiedene Fuͤrſtliche Anverwandten zu-
gleich auf dem Schloß oder in der Reſidentz auf-
halten, es moͤgen nun einige von den Hoch-Fuͤrſt-
lichen Eltern/ oder von den Hoch-Fuͤrſtlichen Ge-
ſchwiſtern, oder andern Anverwandten ſeyn, ſo
muß er gehoͤrige Acht haben, daß er allenthalben
ſeine Aufwartung, nach der ihnen zuſtehenden
Rang-Ordnung abſtatte, und keine von dieſen
Fuͤrſtlichen Perſonen, wo eine Aufwartung erlaubt,
verſehen moͤge.

§. 7. Es kan nicht ſchaden, wenn ſich einer, zu-
mahl an einem gantz fremden Hofe, da er keinen
Bekandten hat, den er in etwas zu Rathe ziehen
kan, an den Hof-Fourier andreſſirt, und demſel-
ben einen Species-Thaler oder Ducaten in die Haͤn-
de druͤckt. Durch dieſe kleine Freygebigkeit kan
er mancherley Nachrichten erlangen, die ihm gute
Dienſte leiſten. Ob es ſchon andere erfahren ſol-
ten, ſo wird es einem doch kein vernuͤnfftiger Menſch
verdencken, ſondern die meiſten werden es ihm recht
ſprechen, daß er hierunter ſo gute Behutſamkeit an-
wendet. Doch muß einer auch bey dergleichen
Fragen, Klugheit und Vorſichtigkeit gebrauchen,
damit man nicht den Schein von ſich gebe, als ob
man den Hof ausſpioniren wolle. Wer bey Ho-
fe ſich im Nachfragen allzu neugierig erweiſet, er-

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[205/0225] Von dem Aufenthalt an Hoͤfen. ſeyn laſſen, wie er das Ceremoniel bey den Zim- mern, bey der Tafel, bey den Geſundheits-Trin- cken, und ſonderlich bey der Aufwartung der Durch- lauchtigſten Herrſchafft, erfahren moͤge. Wo ſich unterſchiedene Fuͤrſtliche Anverwandten zu- gleich auf dem Schloß oder in der Reſidentz auf- halten, es moͤgen nun einige von den Hoch-Fuͤrſt- lichen Eltern/ oder von den Hoch-Fuͤrſtlichen Ge- ſchwiſtern, oder andern Anverwandten ſeyn, ſo muß er gehoͤrige Acht haben, daß er allenthalben ſeine Aufwartung, nach der ihnen zuſtehenden Rang-Ordnung abſtatte, und keine von dieſen Fuͤrſtlichen Perſonen, wo eine Aufwartung erlaubt, verſehen moͤge. §. 7. Es kan nicht ſchaden, wenn ſich einer, zu- mahl an einem gantz fremden Hofe, da er keinen Bekandten hat, den er in etwas zu Rathe ziehen kan, an den Hof-Fourier andreſſirt, und demſel- ben einen Species-Thaler oder Ducaten in die Haͤn- de druͤckt. Durch dieſe kleine Freygebigkeit kan er mancherley Nachrichten erlangen, die ihm gute Dienſte leiſten. Ob es ſchon andere erfahren ſol- ten, ſo wird es einem doch kein vernuͤnfftiger Menſch verdencken, ſondern die meiſten werden es ihm recht ſprechen, daß er hierunter ſo gute Behutſamkeit an- wendet. Doch muß einer auch bey dergleichen Fragen, Klugheit und Vorſichtigkeit gebrauchen, damit man nicht den Schein von ſich gebe, als ob man den Hof ausſpioniren wolle. Wer bey Ho- fe ſich im Nachfragen allzu neugierig erweiſet, er- faͤhret

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/225>, abgerufen am 21.11.2024.