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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Von dem Hof-Leben.

§. 5. Christliche Hof-Leute suchen und finden
auch bey Hofe, und mitten unter dem Schwarm
der Welt, Gelegenheit, ihrem GOtt zu dienen.
Jhr Leib ist bey Hof, ihr Hertz aber bey GOTT.
Die Worte: Wandele vor mir, und sey fromm,
erschallen stets in ihrer Seele. Sie enthalten sich
zwar bey dem rohen Hauffen der gottseligen Dis-
course,
denn sie wissen wohl, daß man das Heilig-
thum nicht vor die Hunde, und die Perlen nicht vor
Säue werffen soll, machen sich aber dasjenige
Tempo, da sie bey ihren Cameraden einmahl ei-
nen guten Zug zur Gottseligkeit spühren, wohl zu
Nutze. Sie können sich auch bey Hofe in dem
Wort GOttes erbauen: Jch habe selbst einige
Christliche Hof-Leute und Cavaliers gekandt, die
allezeit ein Frantzösisch oder Teutsch geistreich Tra-
ct
ätgen zum Heyl ihrer Seelen bey sich führten,
und zu der Zeit, wenn die Durchlauchtigste Herr-
schafft ihrer persönlichen Aufwartung und Gegen-
wart nicht nöthig hatte, in dem Vorgemach darin-
nen lasen, sich daraus erbaueten, und es hingegen,
wenn ihre Aufwartung sich wieder anfieng, ein-
steckten.

§. 6. Sie bemühen sich auch, ihre Sonn- und
Feyertage zu heiligen, und wenn sie schon mit ihren
Cörpern mitten unter dem Welt-Getümmel seyn
müssen. Sie sehen vornemlich auf den Sabbath
ihrer Seelen. Sie entziehen sich bey diesen Ta-
gen allen Eitelkeiten und Thorheiten, wo sie wissen
und können. Da sie aber Zuschauer dabey mit

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Von dem Hof-Leben.

§. 5. Chriſtliche Hof-Leute ſuchen und finden
auch bey Hofe, und mitten unter dem Schwarm
der Welt, Gelegenheit, ihrem GOtt zu dienen.
Jhr Leib iſt bey Hof, ihr Hertz aber bey GOTT.
Die Worte: Wandele vor mir, und ſey fromm,
erſchallen ſtets in ihrer Seele. Sie enthalten ſich
zwar bey dem rohen Hauffen der gottſeligen Dis-
courſe,
denn ſie wiſſen wohl, daß man das Heilig-
thum nicht vor die Hunde, und die Perlen nicht vor
Saͤue werffen ſoll, machen ſich aber dasjenige
Tempo, da ſie bey ihren Cameraden einmahl ei-
nen guten Zug zur Gottſeligkeit ſpuͤhren, wohl zu
Nutze. Sie koͤnnen ſich auch bey Hofe in dem
Wort GOttes erbauen: Jch habe ſelbſt einige
Chriſtliche Hof-Leute und Cavaliers gekandt, die
allezeit ein Frantzoͤſiſch oder Teutſch geiſtreich Tra-
ct
aͤtgen zum Heyl ihrer Seelen bey ſich fuͤhrten,
und zu der Zeit, wenn die Durchlauchtigſte Herr-
ſchafft ihrer perſoͤnlichen Aufwartung und Gegen-
wart nicht noͤthig hatte, in dem Vorgemach darin-
nen laſen, ſich daraus erbaueten, und es hingegen,
wenn ihre Aufwartung ſich wieder anfieng, ein-
ſteckten.

§. 6. Sie bemuͤhen ſich auch, ihre Sonn- und
Feyertage zu heiligen, und wenn ſie ſchon mit ihren
Coͤrpern mitten unter dem Welt-Getuͤmmel ſeyn
muͤſſen. Sie ſehen vornemlich auf den Sabbath
ihrer Seelen. Sie entziehen ſich bey dieſen Ta-
gen allen Eitelkeiten und Thorheiten, wo ſie wiſſen
und koͤnnen. Da ſie aber Zuſchauer dabey mit

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[227/0247] Von dem Hof-Leben. §. 5. Chriſtliche Hof-Leute ſuchen und finden auch bey Hofe, und mitten unter dem Schwarm der Welt, Gelegenheit, ihrem GOtt zu dienen. Jhr Leib iſt bey Hof, ihr Hertz aber bey GOTT. Die Worte: Wandele vor mir, und ſey fromm, erſchallen ſtets in ihrer Seele. Sie enthalten ſich zwar bey dem rohen Hauffen der gottſeligen Dis- courſe, denn ſie wiſſen wohl, daß man das Heilig- thum nicht vor die Hunde, und die Perlen nicht vor Saͤue werffen ſoll, machen ſich aber dasjenige Tempo, da ſie bey ihren Cameraden einmahl ei- nen guten Zug zur Gottſeligkeit ſpuͤhren, wohl zu Nutze. Sie koͤnnen ſich auch bey Hofe in dem Wort GOttes erbauen: Jch habe ſelbſt einige Chriſtliche Hof-Leute und Cavaliers gekandt, die allezeit ein Frantzoͤſiſch oder Teutſch geiſtreich Tra- ctaͤtgen zum Heyl ihrer Seelen bey ſich fuͤhrten, und zu der Zeit, wenn die Durchlauchtigſte Herr- ſchafft ihrer perſoͤnlichen Aufwartung und Gegen- wart nicht noͤthig hatte, in dem Vorgemach darin- nen laſen, ſich daraus erbaueten, und es hingegen, wenn ihre Aufwartung ſich wieder anfieng, ein- ſteckten. §. 6. Sie bemuͤhen ſich auch, ihre Sonn- und Feyertage zu heiligen, und wenn ſie ſchon mit ihren Coͤrpern mitten unter dem Welt-Getuͤmmel ſeyn muͤſſen. Sie ſehen vornemlich auf den Sabbath ihrer Seelen. Sie entziehen ſich bey dieſen Ta- gen allen Eitelkeiten und Thorheiten, wo ſie wiſſen und koͤnnen. Da ſie aber Zuſchauer dabey mit abge- P 2

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/247>, abgerufen am 09.11.2024.