würcken, und nach seinem allein guten Willen und Wohlgefallen das alte Babel zustöhren, hingegen das neue Jerusalem aufrichten, und einen neuen ge- wissen Geist iu demselben schaffen läst.
§. 5. Der Hoch-Fürstlich Waldeckische Hof- Rath Nemitz, der sich ebenfalls in der Welt umge- sehen, läst sich p. 20. von dieser Materie folgender gestalt vernehmen: Leute, die keine Religion ha- ben, gedencke ich nicht zu instruiren, und die können nur sicher glauben, daß sie niemahls ihr Glück in der Welt machen werden. Also muß nun unser Reisender eine Fundamental-Wissenschafft von seiner Religion haben, dergestalt, daß er den Glau- ben, darzu er sich bekennet, nicht nur gründlich und wohl in thesi verstehe, sondern auch denselben in Fall der Noth geschickt zu vertheidigen wisse. Dieses aber ist nicht genung, sondern weil er mit unterschiedenen Religions-Verwandten zusammen kommt, so muß er auch einige Kundschafft von ih- ren Sentimens haben, daher läst er sich zu Hause so wohl informiren in Theologia Thetica, das ist, in dem Glauben, darinne er erzogen und geboh- ren, in was Puncten derselbe bestehe, als auch in Theologia Polemica, oder in den Articuln, wor- innen andere Religionen von uns abgehen, damit er selbige bey Begebenheiten desto gründlicher wi- derlegen könne, und durch ihre specieusen Raisons sich nicht verführen läst.
§. 6. Gleichwie diejenigen, die andere entweder an Stande, Ehren-Stellen, Macht und Ansehen,
oder
Q 5
Vom Gottesdienſte.
wuͤrcken, und nach ſeinem allein guten Willen und Wohlgefallen das alte Babel zuſtoͤhren, hingegen das neue Jeruſalem aufrichten, und einen neuen ge- wiſſen Geiſt iu demſelben ſchaffen laͤſt.
§. 5. Der Hoch-Fuͤrſtlich Waldeckiſche Hof- Rath Nemitz, der ſich ebenfalls in der Welt umge- ſehen, laͤſt ſich p. 20. von dieſer Materie folgender geſtalt vernehmen: Leute, die keine Religion ha- ben, gedencke ich nicht zu inſtruiren, und die koͤnnen nur ſicher glauben, daß ſie niemahls ihr Gluͤck in der Welt machen werden. Alſo muß nun unſer Reiſender eine Fundamental-Wiſſenſchafft von ſeiner Religion haben, dergeſtalt, daß er den Glau- ben, darzu er ſich bekennet, nicht nur gruͤndlich und wohl in theſi verſtehe, ſondern auch denſelben in Fall der Noth geſchickt zu vertheidigen wiſſe. Dieſes aber iſt nicht genung, ſondern weil er mit unterſchiedenen Religions-Verwandten zuſammen kommt, ſo muß er auch einige Kundſchafft von ih- ren Sentimens haben, daher laͤſt er ſich zu Hauſe ſo wohl informiren in Theologia Thetica, das iſt, in dem Glauben, darinne er erzogen und geboh- ren, in was Puncten derſelbe beſtehe, als auch in Theologia Polemica, oder in den Articuln, wor- innen andere Religionen von uns abgehen, damit er ſelbige bey Begebenheiten deſto gruͤndlicher wi- derlegen koͤnne, und durch ihre ſpecieuſen Raiſons ſich nicht verfuͤhren laͤſt.
§. 6. Gleichwie diejenigen, die andere entweder an Stande, Ehren-Stellen, Macht und Anſehen,
oder
Q 5
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Vom Gottesdienſte.
wuͤrcken, und nach ſeinem allein guten Willen und
Wohlgefallen das alte Babel zuſtoͤhren, hingegen
das neue Jeruſalem aufrichten, und einen neuen ge-
wiſſen Geiſt iu demſelben ſchaffen laͤſt.
§. 5. Der Hoch-Fuͤrſtlich Waldeckiſche Hof-
Rath Nemitz, der ſich ebenfalls in der Welt umge-
ſehen, laͤſt ſich p. 20. von dieſer Materie folgender
geſtalt vernehmen: Leute, die keine Religion ha-
ben, gedencke ich nicht zu inſtruiren, und die koͤnnen
nur ſicher glauben, daß ſie niemahls ihr Gluͤck in
der Welt machen werden. Alſo muß nun unſer
Reiſender eine Fundamental-Wiſſenſchafft von
ſeiner Religion haben, dergeſtalt, daß er den Glau-
ben, darzu er ſich bekennet, nicht nur gruͤndlich und
wohl in theſi verſtehe, ſondern auch denſelben in
Fall der Noth geſchickt zu vertheidigen wiſſe.
Dieſes aber iſt nicht genung, ſondern weil er mit
unterſchiedenen Religions-Verwandten zuſammen
kommt, ſo muß er auch einige Kundſchafft von ih-
ren Sentimens haben, daher laͤſt er ſich zu Hauſe
ſo wohl informiren in Theologia Thetica, das iſt,
in dem Glauben, darinne er erzogen und geboh-
ren, in was Puncten derſelbe beſtehe, als auch in
Theologia Polemica, oder in den Articuln, wor-
innen andere Religionen von uns abgehen, damit
er ſelbige bey Begebenheiten deſto gruͤndlicher wi-
derlegen koͤnne, und durch ihre ſpecieuſen Raiſons
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/269>, abgerufen am 21.11.2024.
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