ten möchten, was der Autor der so genandten Ga- lanten Frauenzimmer-Morale, bey der I. Maxime, ihnen vorschreibet: daß sie nemlich bey inbrünsti- gem Gebet bitten solten, (1) um ein in Unschuld und Reinigkeit geschmücktes Hertz, (2) um Christliche ihnen wohl-anständige Tugenden, und (3) um Schutz wider Fleisch, Welt, Sünde und Teuffel. s. pag. 11.
§. 20. So weit hat es Satan unter der Chri- stenheit gebracht, daß er den größten Theil der Schein- und Maul-Christen überredet, es sey eine vor der Welt gantz wohl erlaubte Sache, von GOtt und den göttlichen Wahrheiten auf eine ver- kleinerliche Weise zu reden, und hingegen wider den Wohlstand und wider das Ceremoniel, zu GOt- tes Ehre, und zu unserer Seelen Heyl gereichende Discourse vorzubringen. Es darff ein jeder nach Gefallen in den meisten weltlichen Gesellschafften indifferentistische Reden vorbringen, daß man in allen Religionen selig werden könte, man darf kühn- lich behaupten, daß es gar keine Gespenster gebe, man darff an der Wahrheit der Christlichen Reli- gion zweiffeln und unnöthige Scrupel erregen, man darff die Prediger durchziehen, und sich über ihre Predigten aufhalten, u. s. w.; es fange aber einer einen Discours an, und ob es auch schon die Con- nexion des Discourses und die Gelegenheit der Materie geben solte, von den Vollkommenheiten GOttes, von seiner liebreichen und allweisen Re- gierung vor die Welt, von der erstaunens-würdi-
gen
Vom Gottesdienſt.
ten moͤchten, was der Autor der ſo genandten Ga- lanten Frauenzimmer-Morale, bey der I. Maxime, ihnen vorſchreibet: daß ſie nemlich bey inbruͤnſti- gem Gebet bitten ſolten, (1) um ein in Unſchuld und Reinigkeit geſchmuͤcktes Hertz, (2) um Chriſtliche ihnen wohl-anſtaͤndige Tugenden, und (3) um Schutz wider Fleiſch, Welt, Suͤnde und Teuffel. ſ. pag. 11.
§. 20. So weit hat es Satan unter der Chri- ſtenheit gebracht, daß er den groͤßten Theil der Schein- und Maul-Chriſten uͤberredet, es ſey eine vor der Welt gantz wohl erlaubte Sache, von GOtt und den goͤttlichen Wahrheiten auf eine ver- kleinerliche Weiſe zu reden, und hingegen wider den Wohlſtand und wider das Ceremoniel, zu GOt- tes Ehre, und zu unſerer Seelen Heyl gereichende Diſcourſe vorzubringen. Es darff ein jeder nach Gefallen in den meiſten weltlichen Geſellſchafften indifferentiſtiſche Reden vorbringen, daß man in allen Religionen ſelig werden koͤnte, man darf kuͤhn- lich behaupten, daß es gar keine Geſpenſter gebe, man darff an der Wahrheit der Chriſtlichen Reli- gion zweiffeln und unnoͤthige Scrupel erregen, man darff die Prediger durchziehen, und ſich uͤber ihre Predigten aufhalten, u. ſ. w.; es fange aber einer einen Diſcours an, und ob es auch ſchon die Con- nexion des Diſcourſes und die Gelegenheit der Materie geben ſolte, von den Vollkommenheiten GOttes, von ſeiner liebreichen und allweiſen Re- gierung vor die Welt, von der erſtaunens-wuͤrdi-
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Vom Gottesdienſt.
ten moͤchten, was der Autor der ſo genandten Ga-
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ihnen vorſchreibet: daß ſie nemlich bey inbruͤnſti-
gem Gebet bitten ſolten, (1) um ein in Unſchuld und
Reinigkeit geſchmuͤcktes Hertz, (2) um Chriſtliche
ihnen wohl-anſtaͤndige Tugenden, und (3) um
Schutz wider Fleiſch, Welt, Suͤnde und Teuffel.
ſ. pag. 11.
§. 20. So weit hat es Satan unter der Chri-
ſtenheit gebracht, daß er den groͤßten Theil der
Schein- und Maul-Chriſten uͤberredet, es ſey eine
vor der Welt gantz wohl erlaubte Sache, von
GOtt und den goͤttlichen Wahrheiten auf eine ver-
kleinerliche Weiſe zu reden, und hingegen wider den
Wohlſtand und wider das Ceremoniel, zu GOt-
tes Ehre, und zu unſerer Seelen Heyl gereichende
Diſcourſe vorzubringen. Es darff ein jeder nach
Gefallen in den meiſten weltlichen Geſellſchafften
indifferentiſtiſche Reden vorbringen, daß man in
allen Religionen ſelig werden koͤnte, man darf kuͤhn-
lich behaupten, daß es gar keine Geſpenſter gebe,
man darff an der Wahrheit der Chriſtlichen Reli-
gion zweiffeln und unnoͤthige Scrupel erregen, man
darff die Prediger durchziehen, und ſich uͤber ihre
Predigten aufhalten, u. ſ. w.; es fange aber einer
einen Diſcours an, und ob es auch ſchon die Con-
nexion des Diſcourſes und die Gelegenheit der
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/287>, abgerufen am 21.11.2024.
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