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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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II. Theil. I. Capitul.
wohl selbst sagen, ohne einige Prüfung und Zube-
reitung, und nicht viel anders, als die Säue zum
Troge, zum Beichtstuhl, und zum heiligen Abend-
mahl.

§. 26. Unter andern ist auch dieses allerdings als
ein besonderer Fehler mit anzuschreiben, daß einige
von dem vornehmen Frauenzimmer und characte-
risi
rten Mannes Personen solche einfältige Beicht-
Formularien herbeichten, die sich doch vor ihre Le-
bens-Jahre, vor ihren Beruff, Bedienung, und an-
dern Umständen gar nicht mehr schicken. Sie
plappern dasjenige her, was sie vor dreyßig oder
viertzig Jahren von ihrem Lehrmeister oder Eltern
in ihrer Jugend gelernt, und erwegen nicht den
großen Unterschied, der sich offtmahls zwischen ihren
jetzigen Umständen, und damahligen Umständen
ereignet. Jn ihren Discoursen mit der Welt, sind
sie mehr als zu klug und zu wort-reich, wann sie aber
mit GOtt reden sollen, sind sie in dem Beichtstuhl
so wohl als außer demselben ungeschickt, aus ihrem
eignen Hertzen etwas herzusagen. Solten man-
che mit einer solchen Vergessenheit von GOtt ge-
strafft werden, daß sie ihre Beicht-Formulgen, wie
sie es gelernt, vergäßen, so würden sie genöthiget
werden, zu einem Priester zu gehen, der ihnen wie-
der ein neu Beicht-Formular aufsetzte. Der
Einfalt des Pöbels muß man dieses zu gut halten,
wenn aber die Höhern den Pöbel in diesem Stück
ähnlich werden, so ist es vor etwas unanständiges
anzusehen. Bey ihren Gesprächen mit der Welt,

ziehen

II. Theil. I. Capitul.
wohl ſelbſt ſagen, ohne einige Pruͤfung und Zube-
reitung, und nicht viel anders, als die Saͤue zum
Troge, zum Beichtſtuhl, und zum heiligen Abend-
mahl.

§. 26. Unter andern iſt auch dieſes allerdings als
ein beſonderer Fehler mit anzuſchreiben, daß einige
von dem vornehmen Frauenzimmer und characte-
riſi
rten Mannes Perſonen ſolche einfaͤltige Beicht-
Formularien herbeichten, die ſich doch vor ihre Le-
bens-Jahre, vor ihren Beruff, Bedienung, und an-
dern Umſtaͤnden gar nicht mehr ſchicken. Sie
plappern dasjenige her, was ſie vor dreyßig oder
viertzig Jahren von ihrem Lehrmeiſter oder Eltern
in ihrer Jugend gelernt, und erwegen nicht den
großen Unterſchied, der ſich offtmahls zwiſchen ihren
jetzigen Umſtaͤnden, und damahligen Umſtaͤnden
ereignet. Jn ihren Diſcourſen mit der Welt, ſind
ſie mehr als zu klug und zu wort-reich, wann ſie aber
mit GOtt reden ſollen, ſind ſie in dem Beichtſtuhl
ſo wohl als außer demſelben ungeſchickt, aus ihrem
eignen Hertzen etwas herzuſagen. Solten man-
che mit einer ſolchen Vergeſſenheit von GOtt ge-
ſtrafft werden, daß ſie ihre Beicht-Formulgen, wie
ſie es gelernt, vergaͤßen, ſo wuͤrden ſie genoͤthiget
werden, zu einem Prieſter zu gehen, der ihnen wie-
der ein neu Beicht-Formular aufſetzte. Der
Einfalt des Poͤbels muß man dieſes zu gut halten,
wenn aber die Hoͤhern den Poͤbel in dieſem Stuͤck
aͤhnlich werden, ſo iſt es vor etwas unanſtaͤndiges
anzuſehen. Bey ihren Geſpraͤchen mit der Welt,

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[274/0294] II. Theil. I. Capitul. wohl ſelbſt ſagen, ohne einige Pruͤfung und Zube- reitung, und nicht viel anders, als die Saͤue zum Troge, zum Beichtſtuhl, und zum heiligen Abend- mahl. §. 26. Unter andern iſt auch dieſes allerdings als ein beſonderer Fehler mit anzuſchreiben, daß einige von dem vornehmen Frauenzimmer und characte- riſirten Mannes Perſonen ſolche einfaͤltige Beicht- Formularien herbeichten, die ſich doch vor ihre Le- bens-Jahre, vor ihren Beruff, Bedienung, und an- dern Umſtaͤnden gar nicht mehr ſchicken. Sie plappern dasjenige her, was ſie vor dreyßig oder viertzig Jahren von ihrem Lehrmeiſter oder Eltern in ihrer Jugend gelernt, und erwegen nicht den großen Unterſchied, der ſich offtmahls zwiſchen ihren jetzigen Umſtaͤnden, und damahligen Umſtaͤnden ereignet. Jn ihren Diſcourſen mit der Welt, ſind ſie mehr als zu klug und zu wort-reich, wann ſie aber mit GOtt reden ſollen, ſind ſie in dem Beichtſtuhl ſo wohl als außer demſelben ungeſchickt, aus ihrem eignen Hertzen etwas herzuſagen. Solten man- che mit einer ſolchen Vergeſſenheit von GOtt ge- ſtrafft werden, daß ſie ihre Beicht-Formulgen, wie ſie es gelernt, vergaͤßen, ſo wuͤrden ſie genoͤthiget werden, zu einem Prieſter zu gehen, der ihnen wie- der ein neu Beicht-Formular aufſetzte. Der Einfalt des Poͤbels muß man dieſes zu gut halten, wenn aber die Hoͤhern den Poͤbel in dieſem Stuͤck aͤhnlich werden, ſo iſt es vor etwas unanſtaͤndiges anzuſehen. Bey ihren Geſpraͤchen mit der Welt, ziehen

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/294>, abgerufen am 24.11.2024.