ihnen ist, viel spricht, dafern er nur vernünfftig zu re- den weiß. Bißweilen achten sie es gar vor eine Schuldigkeit, daß man sie mit Discoursen unter- hält; andere hingegen können es nicht wohl leiden, und sehen es lieber, wenn man stille schweigt.
§. 7. Bey Anfang eines Gespräches in einer Gesellschafft ist Behutsamkeit nöthig, zu beurthei- len, von was vor einer Materie man anfangen soll zu discouriren; ingleichen, ob nicht ein anderer in der Gesellschafft, seinem Stande, Alter und Bedie- nung nach, würdiger sey, eine Materie aufs Tapet zu bringen. Kommt man in eine Gesellschafft, da man die meisten, oder doch sehr viel daraus kennet, oder man hat sonst viel gelesen, gesehen, gehört und erfahren, so findet sich Materie und Gelegenheit ge- nug zum Reden. Sonst ist am sichersten, daß man den Discours mit einer unschuldigen Sache eröffne, doch muß man den abgeschmackten Wetter-Dis- cours, der im Augenblick zu Ende gehet, beyseite setzen. Weil die meisten Menschen neubegierig sind, so ist gut, wenn man etwas neues zu erzehlen weiß, das den andern etwan noch nicht bekandt, es sey nun von öffentlichen Handlungen, oder andern Erzeh- lungen, die Privat-Personen angehen, und dadurch niemand einig Nachtheil zugezogen wird, alsdenn kan man schon sehen, auf was vor Materien, die mit diesen einige Verwandtschafft haben, die an- dern nachgehends fallen, und das Gespräch wird sodann von andern weiter fortgesetzt werden. Bey der Fortsetzung seines eignen Discourses muß man
das
Von der Converſation.
ihnen iſt, viel ſpricht, dafern er nur vernuͤnfftig zu re- den weiß. Bißweilen achten ſie es gar vor eine Schuldigkeit, daß man ſie mit Diſcourſen unter- haͤlt; andere hingegen koͤnnen es nicht wohl leiden, und ſehen es lieber, wenn man ſtille ſchweigt.
§. 7. Bey Anfang eines Geſpraͤches in einer Geſellſchafft iſt Behutſamkeit noͤthig, zu beurthei- len, von was vor einer Materie man anfangen ſoll zu diſcouriren; ingleichen, ob nicht ein anderer in der Geſellſchafft, ſeinem Stande, Alter und Bedie- nung nach, wuͤrdiger ſey, eine Materie aufs Tapet zu bringen. Kommt man in eine Geſellſchafft, da man die meiſten, oder doch ſehr viel daraus kennet, oder man hat ſonſt viel geleſen, geſehen, gehoͤrt und erfahren, ſo findet ſich Materie und Gelegenheit ge- nug zum Reden. Sonſt iſt am ſicherſten, daß man den Diſcours mit einer unſchuldigen Sache eroͤffne, doch muß man den abgeſchmackten Wetter-Dis- cours, der im Augenblick zu Ende gehet, beyſeite ſetzen. Weil die meiſten Menſchen neubegierig ſind, ſo iſt gut, wenn man etwas neues zu erzehlen weiß, das den andern etwan noch nicht bekandt, es ſey nun von oͤffentlichen Handlungen, oder andern Erzeh- lungen, die Privat-Perſonen angehen, und dadurch niemand einig Nachtheil zugezogen wird, alsdenn kan man ſchon ſehen, auf was vor Materien, die mit dieſen einige Verwandtſchafft haben, die an- dern nachgehends fallen, und das Geſpraͤch wird ſodann von andern weiter fortgeſetzt werden. Bey der Fortſetzung ſeines eignen Diſcourſes muß man
das
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Von der Converſation.
ihnen iſt, viel ſpricht, dafern er nur vernuͤnfftig zu re-
den weiß. Bißweilen achten ſie es gar vor eine
Schuldigkeit, daß man ſie mit Diſcourſen unter-
haͤlt; andere hingegen koͤnnen es nicht wohl leiden,
und ſehen es lieber, wenn man ſtille ſchweigt.
§. 7. Bey Anfang eines Geſpraͤches in einer
Geſellſchafft iſt Behutſamkeit noͤthig, zu beurthei-
len, von was vor einer Materie man anfangen ſoll
zu diſcouriren; ingleichen, ob nicht ein anderer in
der Geſellſchafft, ſeinem Stande, Alter und Bedie-
nung nach, wuͤrdiger ſey, eine Materie aufs Tapet
zu bringen. Kommt man in eine Geſellſchafft, da
man die meiſten, oder doch ſehr viel daraus kennet,
oder man hat ſonſt viel geleſen, geſehen, gehoͤrt und
erfahren, ſo findet ſich Materie und Gelegenheit ge-
nug zum Reden. Sonſt iſt am ſicherſten, daß man
den Diſcours mit einer unſchuldigen Sache eroͤffne,
doch muß man den abgeſchmackten Wetter-Dis-
cours, der im Augenblick zu Ende gehet, beyſeite
ſetzen. Weil die meiſten Menſchen neubegierig ſind,
ſo iſt gut, wenn man etwas neues zu erzehlen weiß,
das den andern etwan noch nicht bekandt, es ſey nun
von oͤffentlichen Handlungen, oder andern Erzeh-
lungen, die Privat-Perſonen angehen, und dadurch
niemand einig Nachtheil zugezogen wird, alsdenn
kan man ſchon ſehen, auf was vor Materien, die
mit dieſen einige Verwandtſchafft haben, die an-
dern nachgehends fallen, und das Geſpraͤch wird
ſodann von andern weiter fortgeſetzt werden. Bey
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/303>, abgerufen am 21.11.2024.
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