weil er dieselbe stetswährend denen Gesellschafften aufopffert, besucht er aber keine eintzige, so entziehet er sich einer und der andern Vollkommenheit, der er sonst hätte können theilhafftig werden, und erweiset auch, daß er sich nicht getraue, unter vornehme Leu- te zu gehen.
§. 12. An fremden Orten informire sich ein junger Mensch wohl des Zustandes derjenigen Häuser, darinnen er Bekandschafft zu machen wil- lens ist. Es sind gewisse Häuser, welche das An- sehen haben von Leuten von Condition, alles ist darinnen magnific und propre, in der That aber sind es nach dem Urtheil eines wohl gereiseten Poli- tici, vornehme Bordels, da die Madame insgemein junge Mädgens oder auch wohl verheyrathete Weiber hat, die sie verkuppelt. Zuweilen sind es gar ihre eigene Töchter, oder gar nahe Anverwand- ten, durch deren Galanterie sie ihren Staat erhal- ten. Bißweilen findet man auch Leute von Con- dition, deren Renomme wegen ihres unordentli- chen Lebens dennoch auf gar schwachen Füssen ste- het. Besucht ein junger Mensch dergleichen Häu- ser, die nicht vor gar zu honnet sind, so wird er Noth haben, daß ihm andere nachgehends in ihre Visiten aufnehmen. S. des Herrn Hofrath Nemritz Sejour de Paris. p. 101.
§. 13. Hiernächst findet man auch in großen Städten und fremden Oertern vornehme Häuser, darinnen bloß vom Spiel Profession gemacht wird, dieselben sind ebenfalls zu meyden, man kan sich
leicht
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Vou Aſſembleen.
weil er dieſelbe ſtetswaͤhrend denen Geſellſchafften aufopffert, beſucht er aber keine eintzige, ſo entziehet er ſich einer und der andern Vollkommenheit, der er ſonſt haͤtte koͤnnen theilhafftig werden, und erweiſet auch, daß er ſich nicht getraue, unter vornehme Leu- te zu gehen.
§. 12. An fremden Orten informire ſich ein junger Menſch wohl des Zuſtandes derjenigen Haͤuſer, darinnen er Bekandſchafft zu machen wil- lens iſt. Es ſind gewiſſe Haͤuſer, welche das An- ſehen haben von Leuten von Condition, alles iſt darinnen magnific und propre, in der That aber ſind es nach dem Urtheil eines wohl gereiſeten Poli- tici, vornehme Bordels, da die Madame insgemein junge Maͤdgens oder auch wohl verheyrathete Weiber hat, die ſie verkuppelt. Zuweilen ſind es gar ihre eigene Toͤchter, oder gar nahe Anverwand- ten, durch deren Galanterie ſie ihren Staat erhal- ten. Bißweilen findet man auch Leute von Con- dition, deren Renomme wegen ihres unordentli- chen Lebens dennoch auf gar ſchwachen Fuͤſſen ſte- het. Beſucht ein junger Menſch dergleichen Haͤu- ſer, die nicht vor gar zu honnet ſind, ſo wird er Noth haben, daß ihm andere nachgehends in ihre Viſiten aufnehmen. S. des Herrn Hofrath Nemritz Sejour de Paris. p. 101.
§. 13. Hiernaͤchſt findet man auch in großen Staͤdten und fremden Oertern vornehme Haͤuſer, darinnen bloß vom Spiel Profeſſion gemacht wird, dieſelben ſind ebenfalls zu meyden, man kan ſich
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Vou Aſſembleen.
weil er dieſelbe ſtetswaͤhrend denen Geſellſchafften
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er ſich einer und der andern Vollkommenheit, der er
ſonſt haͤtte koͤnnen theilhafftig werden, und erweiſet
auch, daß er ſich nicht getraue, unter vornehme Leu-
te zu gehen.
§. 12. An fremden Orten informire ſich ein
junger Menſch wohl des Zuſtandes derjenigen
Haͤuſer, darinnen er Bekandſchafft zu machen wil-
lens iſt. Es ſind gewiſſe Haͤuſer, welche das An-
ſehen haben von Leuten von Condition, alles iſt
darinnen magnific und propre, in der That aber
ſind es nach dem Urtheil eines wohl gereiſeten Poli-
tici, vornehme Bordels, da die Madame insgemein
junge Maͤdgens oder auch wohl verheyrathete
Weiber hat, die ſie verkuppelt. Zuweilen ſind es
gar ihre eigene Toͤchter, oder gar nahe Anverwand-
ten, durch deren Galanterie ſie ihren Staat erhal-
ten. Bißweilen findet man auch Leute von Con-
dition, deren Renomme wegen ihres unordentli-
chen Lebens dennoch auf gar ſchwachen Fuͤſſen ſte-
het. Beſucht ein junger Menſch dergleichen Haͤu-
ſer, die nicht vor gar zu honnet ſind, ſo wird er
Noth haben, daß ihm andere nachgehends in ihre
Viſiten aufnehmen. S. des Herrn Hofrath
Nemritz Sejour de Paris. p. 101.
§. 13. Hiernaͤchſt findet man auch in großen
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darinnen bloß vom Spiel Profeſſion gemacht wird,
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/413>, abgerufen am 24.11.2024.
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