samste Dienste zu leisten, als bey der l'hombre- und Piquet-Carte, bey steter Besuchung der Cour-Täge, und bey offtmahliger Abwechselung oder ver chame- rirten Kleider einen pflichtschuldigsten Diener abzu- geben. Die Ordre und die Vergünstigung der Herr- schafft giebet also einem in Fürstlichen Diensten ste- henden Cavalier die Regeln, wie fleißig er die Hof- Assembleen besuchen muß, oder davon wegbleiben kan.
§. 22. Ein vernünfftiger Mensch macht sich alle Umstände zu Nutz, denen er auf eine unvermeidliche Weise unterworffen wird. Muß er, seinem Be- ruff nach, mancherley Assembleen, bey Hofe und in der Stadt, mit beywohnen, so findet er, auch zu der Zeit, da er mit andern nicht spielet, oder sich unter- redet, einen vor sich selbst gantz angenehmen Zeit- vertreib, da er die mancherley vernünfftigen und thörichten Handlungen der Menschen betrachtet. Dieser weiß einen sehr grossen Verlust, den er bey einem unglimpflichen Spieler erlitten, auf eine sehr bescheidene und manierliche Weise zu verbergen; Ein anderer aber stellet sich hierbey gantz ungeber- dig und rasend an; noch ein anderer besiehet sich stets im Spiegel, und ist in seiner propren Equi- page und Kleidung selbst verliebt; mancher wird von einem andern, den er seinen lieben Goldbruder nennt, geküßt und embrassirt, und so bald er hinge- gen ihm nur den Rücken zukehret, auf das ärgste geschimpfft; viele scheinen, aus einer allzu grossen Passion gegen ein Frauenzimmer, gantz ausser sich
selbst
Von Aſſembleen.
ſamſte Dienſte zu leiſten, als bey der l’hombre- und Piquet-Carte, bey ſteter Beſuchung der Cour-Taͤge, und bey offtmahliger Abwechſelung oder ver chame- rirten Kleider einen pflichtſchuldigſten Diener abzu- geben. Die Ordre und die Verguͤnſtigung der Herr- ſchafft giebet alſo einem in Fuͤrſtlichen Dienſten ſte- henden Cavalier die Regeln, wie fleißig er die Hof- Aſſembleen beſuchen muß, oder davon wegbleiben kan.
§. 22. Ein vernuͤnfftiger Menſch macht ſich alle Umſtaͤnde zu Nutz, denen er auf eine unvermeidliche Weiſe unterworffen wird. Muß er, ſeinem Be- ruff nach, mancherley Aſſembleen, bey Hofe und in der Stadt, mit beywohnen, ſo findet er, auch zu der Zeit, da er mit andern nicht ſpielet, oder ſich unter- redet, einen vor ſich ſelbſt gantz angenehmen Zeit- vertreib, da er die mancherley vernuͤnfftigen und thoͤrichten Handlungen der Menſchen betrachtet. Dieſer weiß einen ſehr groſſen Verluſt, den er bey einem unglimpflichen Spieler erlitten, auf eine ſehr beſcheidene und manierliche Weiſe zu verbergen; Ein anderer aber ſtellet ſich hierbey gantz ungeber- dig und raſend an; noch ein anderer beſiehet ſich ſtets im Spiegel, und iſt in ſeiner propren Equi- page und Kleidung ſelbſt verliebt; mancher wird von einem andern, den er ſeinen lieben Goldbruder nennt, gekuͤßt und embraſſirt, und ſo bald er hinge- gen ihm nur den Ruͤcken zukehret, auf das aͤrgſte geſchimpfft; viele ſcheinen, aus einer allzu groſſen Paſſion gegen ein Frauenzimmer, gantz auſſer ſich
ſelbſt
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Von Aſſembleen.
ſamſte Dienſte zu leiſten, als bey der l’hombre- und
Piquet-Carte, bey ſteter Beſuchung der Cour-Taͤge,
und bey offtmahliger Abwechſelung oder ver chame-
rirten Kleider einen pflichtſchuldigſten Diener abzu-
geben. Die Ordre und die Verguͤnſtigung der Herr-
ſchafft giebet alſo einem in Fuͤrſtlichen Dienſten ſte-
henden Cavalier die Regeln, wie fleißig er die Hof-
Aſſembleen beſuchen muß, oder davon wegbleiben
kan.
§. 22. Ein vernuͤnfftiger Menſch macht ſich alle
Umſtaͤnde zu Nutz, denen er auf eine unvermeidliche
Weiſe unterworffen wird. Muß er, ſeinem Be-
ruff nach, mancherley Aſſembleen, bey Hofe und in
der Stadt, mit beywohnen, ſo findet er, auch zu der
Zeit, da er mit andern nicht ſpielet, oder ſich unter-
redet, einen vor ſich ſelbſt gantz angenehmen Zeit-
vertreib, da er die mancherley vernuͤnfftigen und
thoͤrichten Handlungen der Menſchen betrachtet.
Dieſer weiß einen ſehr groſſen Verluſt, den er bey
einem unglimpflichen Spieler erlitten, auf eine ſehr
beſcheidene und manierliche Weiſe zu verbergen;
Ein anderer aber ſtellet ſich hierbey gantz ungeber-
dig und raſend an; noch ein anderer beſiehet ſich
ſtets im Spiegel, und iſt in ſeiner propren Equi-
page und Kleidung ſelbſt verliebt; mancher wird
von einem andern, den er ſeinen lieben Goldbruder
nennt, gekuͤßt und embraſſirt, und ſo bald er hinge-
gen ihm nur den Ruͤcken zukehret, auf das aͤrgſte
geſchimpfft; viele ſcheinen, aus einer allzu groſſen
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 399. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/419>, abgerufen am 24.11.2024.
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