üben habe, lehret das eigne Nachsinnen bey beson- dern Fällen.
§. 29. Entschliüße dich bey einer unvermeidli- chen Gelegenheit zum Spiele, allzeit zum Verlust, und opffere eine gewisse Summe, die du der Ver- muthung nach, verlieren köntest, und welche du, oh- ne daß du auf eine allzu empfindliche Weise an dei- ner Glückseeligkeit und Vollkommenheit beein- trächtiget werden soltest, entbehren kanst, dem Glück oder Unglück auf.
§. 30. Befindest du dich deiner Lebens-Art nach in solchen Umständen, daß du dich den Höhern zu Gefallen gar öffters in das Spiel einlassen must, so mache dir eine eigene Spiel-Casse, das ist, widme des Jahres so viel Geld zum Verspielen, als du oh- ne Abbruch deiner nothwendigen Ausgaben entbeh- ren kanst. Du hast genug gewonnen, wenn du den Wohlstand hierbey beobachtest, und dich hie- durch in der Gnade derer erhältest, die dir den Ver- lust mit einem andern Stück der zeitlichen Glück- seeligkeit wieder ersetzen können. Gewinnest du, so lege dieses Geld auch in eben diese Casse, und merck dirs auf. Jst das Jahr um, so halt Abrech- nung mit deiner Spiel-Casse. Hast du alle dein Geld, so du dir zu Anfang des Jahres darzu gewid- met, verlohren, so bist du nicht unglückseeliger, denn du bist nur einen Theil deines überflüßigen verlustig worden. Hast du die gantze Summe oder doch einen Theil dieses der Spiel-Casse gewiedmeten Theiles gewonnen, so bist du zu Ende des Jahres
noch
II. Theil. VIII. Capitul.
uͤben habe, lehret das eigne Nachſinnen bey beſon- dern Faͤllen.
§. 29. Entſchliuͤße dich bey einer unvermeidli- chen Gelegenheit zum Spiele, allzeit zum Verluſt, und opffere eine gewiſſe Summe, die du der Ver- muthung nach, verlieren koͤnteſt, und welche du, oh- ne daß du auf eine allzu empfindliche Weiſe an dei- ner Gluͤckſeeligkeit und Vollkommenheit beein- traͤchtiget werden ſolteſt, entbehren kanſt, dem Gluͤck oder Ungluͤck auf.
§. 30. Befindeſt du dich deiner Lebens-Art nach in ſolchen Umſtaͤnden, daß du dich den Hoͤhern zu Gefallen gar oͤffters in das Spiel einlaſſen muſt, ſo mache dir eine eigene Spiel-Caſſe, das iſt, widme des Jahres ſo viel Geld zum Verſpielen, als du oh- ne Abbruch deiner nothwendigen Ausgaben entbeh- ren kanſt. Du haſt genug gewonnen, wenn du den Wohlſtand hierbey beobachteſt, und dich hie- durch in der Gnade derer erhaͤlteſt, die dir den Ver- luſt mit einem andern Stuͤck der zeitlichen Gluͤck- ſeeligkeit wieder erſetzen koͤnnen. Gewinneſt du, ſo lege dieſes Geld auch in eben dieſe Caſſe, und merck dirs auf. Jſt das Jahr um, ſo halt Abrech- nung mit deiner Spiel-Caſſe. Haſt du alle dein Geld, ſo du dir zu Anfang des Jahres darzu gewid- met, verlohren, ſo biſt du nicht ungluͤckſeeliger, denn du biſt nur einen Theil deines uͤberfluͤßigen verluſtig worden. Haſt du die gantze Summe oder doch einen Theil dieſes der Spiel-Caſſe gewiedmeten Theiles gewonnen, ſo biſt du zu Ende des Jahres
noch
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0440"n="420"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">II.</hi> Theil. <hirendition="#aq">VIII.</hi> Capitul.</hi></fw><lb/>
uͤben habe, lehret das eigne Nachſinnen bey beſon-<lb/>
dern Faͤllen.</p><lb/><p>§. 29. Entſchliuͤße dich bey einer unvermeidli-<lb/>
chen Gelegenheit zum Spiele, allzeit zum Verluſt,<lb/>
und opffere eine gewiſſe Summe, die du der Ver-<lb/>
muthung nach, verlieren koͤnteſt, und welche du, oh-<lb/>
ne daß du auf eine allzu empfindliche Weiſe an dei-<lb/>
ner Gluͤckſeeligkeit und Vollkommenheit beein-<lb/>
traͤchtiget werden ſolteſt, entbehren kanſt, dem<lb/>
Gluͤck oder Ungluͤck auf.</p><lb/><p>§. 30. Befindeſt du dich deiner Lebens-Art nach<lb/>
in ſolchen Umſtaͤnden, daß du dich den Hoͤhern zu<lb/>
Gefallen gar oͤffters in das Spiel einlaſſen muſt, ſo<lb/>
mache dir eine eigene Spiel-<hirendition="#aq">Caſſe,</hi> das iſt, widme<lb/>
des Jahres ſo viel Geld zum Verſpielen, als du oh-<lb/>
ne Abbruch deiner nothwendigen Ausgaben entbeh-<lb/>
ren kanſt. Du haſt genug gewonnen, wenn du<lb/>
den Wohlſtand hierbey beobachteſt, und dich hie-<lb/>
durch in der Gnade derer erhaͤlteſt, die dir den Ver-<lb/>
luſt mit einem andern Stuͤck der zeitlichen Gluͤck-<lb/>ſeeligkeit wieder erſetzen koͤnnen. Gewinneſt du,<lb/>ſo lege dieſes Geld auch in eben dieſe <hirendition="#aq">Caſſe,</hi> und<lb/>
merck dirs auf. Jſt das Jahr um, ſo halt Abrech-<lb/>
nung mit deiner Spiel-<hirendition="#aq">Caſſe.</hi> Haſt du alle dein<lb/>
Geld, ſo du dir zu Anfang des Jahres darzu gewid-<lb/>
met, verlohren, ſo biſt du nicht ungluͤckſeeliger, denn<lb/>
du biſt nur einen Theil deines uͤberfluͤßigen verluſtig<lb/>
worden. Haſt du die gantze Summe oder doch<lb/>
einen Theil dieſes der Spiel-<hirendition="#aq">Caſſe</hi> gewiedmeten<lb/>
Theiles gewonnen, ſo biſt du zu Ende des Jahres<lb/><fwplace="bottom"type="catch">noch</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[420/0440]
II. Theil. VIII. Capitul.
uͤben habe, lehret das eigne Nachſinnen bey beſon-
dern Faͤllen.
§. 29. Entſchliuͤße dich bey einer unvermeidli-
chen Gelegenheit zum Spiele, allzeit zum Verluſt,
und opffere eine gewiſſe Summe, die du der Ver-
muthung nach, verlieren koͤnteſt, und welche du, oh-
ne daß du auf eine allzu empfindliche Weiſe an dei-
ner Gluͤckſeeligkeit und Vollkommenheit beein-
traͤchtiget werden ſolteſt, entbehren kanſt, dem
Gluͤck oder Ungluͤck auf.
§. 30. Befindeſt du dich deiner Lebens-Art nach
in ſolchen Umſtaͤnden, daß du dich den Hoͤhern zu
Gefallen gar oͤffters in das Spiel einlaſſen muſt, ſo
mache dir eine eigene Spiel-Caſſe, das iſt, widme
des Jahres ſo viel Geld zum Verſpielen, als du oh-
ne Abbruch deiner nothwendigen Ausgaben entbeh-
ren kanſt. Du haſt genug gewonnen, wenn du
den Wohlſtand hierbey beobachteſt, und dich hie-
durch in der Gnade derer erhaͤlteſt, die dir den Ver-
luſt mit einem andern Stuͤck der zeitlichen Gluͤck-
ſeeligkeit wieder erſetzen koͤnnen. Gewinneſt du,
ſo lege dieſes Geld auch in eben dieſe Caſſe, und
merck dirs auf. Jſt das Jahr um, ſo halt Abrech-
nung mit deiner Spiel-Caſſe. Haſt du alle dein
Geld, ſo du dir zu Anfang des Jahres darzu gewid-
met, verlohren, ſo biſt du nicht ungluͤckſeeliger, denn
du biſt nur einen Theil deines uͤberfluͤßigen verluſtig
worden. Haſt du die gantze Summe oder doch
einen Theil dieſes der Spiel-Caſſe gewiedmeten
Theiles gewonnen, ſo biſt du zu Ende des Jahres
noch
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 420. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/440>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.