Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

Bild:
<< vorherige Seite

Vom Tractiren und denen Gastereyen.
wenn er theils in den kleinen Gläsern seiner Gäste
Gesundheit trinckt, theils in einem und andern gros-
sen Glase seiner Landes Herrschafft, eines und des
andern großen Ministri, oder auch sonst eine andere
Gesundheit seinen Gästen zubringt; Weil ver-
nünfftige Leute hierbey mehr auf die Figur, auf
das Ceremoniel, und den damit verknüpfften guten
Wunsch vor des andern Wohlseyn, als auf das
volle Maaß des Glases sehen, so kan er seine De-
votion
und Hochachtungen bey einer kleinen Dosi
so wohl erweisen, als bey einem vollen gerüttelten
und überflüßigem Maaß.

§. 40. Einige von der allzustrengen Secte der
Moralisten und Gottesgelehrten, halten das Ge-
sundheit-Trincken überhaupt vor unzuläßig und
sündlich; Allein andere sondern in diesem Stück so
wohl als in andern, und zwar mit bestem Grunde
den Gebrauch von dem Mißbrauch ab, und achten
dergleichen auch an und vor sich selbst einem Priester
nicht vor unanständig; ich lasse mir hierbey gefal-
len, was der alte Pommerische Praepositus, M. Mi-
chaelis,
in seinem Pastore Dioecesen suam diri-
gente, p.
377. hievon anführt. Er sagt: wenn
der Praepositus mit seinen ihm untergebenen Prie-
stern ihren Synodal-Convent halten, so trägt man
auf cibum & potum parabilem & modicum,
und hält ein vertrauliches, Geist-fröliches brüder-
liches Gespräch, für das beste aromatische Tracta-
ment,
will man laetitiae datorem, Vinum dabey
haben, so giebt ein jeder sein Symbolum, und ge-

schicht
F f 2

Vom Tractiren und denen Gaſtereyen.
wenn er theils in den kleinen Glaͤſern ſeiner Gaͤſte
Geſundheit trinckt, theils in einem und andern groſ-
ſen Glaſe ſeiner Landes Herrſchafft, eines und des
andern großen Miniſtri, oder auch ſonſt eine andere
Geſundheit ſeinen Gaͤſten zubringt; Weil ver-
nuͤnfftige Leute hierbey mehr auf die Figur, auf
das Ceremoniel, und den damit verknuͤpfften guten
Wunſch vor des andern Wohlſeyn, als auf das
volle Maaß des Glaſes ſehen, ſo kan er ſeine De-
votion
und Hochachtungen bey einer kleinen Doſi
ſo wohl erweiſen, als bey einem vollen geruͤttelten
und uͤberfluͤßigem Maaß.

§. 40. Einige von der allzuſtrengen Secte der
Moraliſten und Gottesgelehrten, halten das Ge-
ſundheit-Trincken uͤberhaupt vor unzulaͤßig und
ſuͤndlich; Allein andere ſondern in dieſem Stuͤck ſo
wohl als in andern, und zwar mit beſtem Grunde
den Gebrauch von dem Mißbrauch ab, und achten
dergleichen auch an und vor ſich ſelbſt einem Prieſter
nicht vor unanſtaͤndig; ich laſſe mir hierbey gefal-
len, was der alte Pommeriſche Præpoſitus, M. Mi-
chaelis,
in ſeinem Paſtore Diœceſen ſuam diri-
gente, p.
377. hievon anfuͤhrt. Er ſagt: wenn
der Præpoſitus mit ſeinen ihm untergebenen Prie-
ſtern ihren Synodal-Convent halten, ſo traͤgt man
auf cibum & potum parabilem & modicum,
und haͤlt ein vertrauliches, Geiſt-froͤliches bruͤder-
liches Geſpraͤch, fuͤr das beſte aromatiſche Tracta-
ment,
will man lætitiæ datorem, Vinum dabey
haben, ſo giebt ein jeder ſein Symbolum, und ge-

ſchicht
F f 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0471" n="451"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vom <hi rendition="#aq">Tractir</hi>en und denen Ga&#x017F;tereyen.</hi></fw><lb/>
wenn er theils in den kleinen Gla&#x0364;&#x017F;ern &#x017F;einer Ga&#x0364;&#x017F;te<lb/>
Ge&#x017F;undheit trinckt, theils in einem und andern gro&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en Gla&#x017F;e &#x017F;einer Landes Herr&#x017F;chafft, eines und des<lb/>
andern großen <hi rendition="#aq">Mini&#x017F;tri,</hi> oder auch &#x017F;on&#x017F;t eine andere<lb/>
Ge&#x017F;undheit &#x017F;einen Ga&#x0364;&#x017F;ten zubringt; Weil ver-<lb/>
nu&#x0364;nfftige Leute hierbey mehr auf die <hi rendition="#aq">Figur,</hi> auf<lb/>
das <hi rendition="#aq">Ceremoniel,</hi> und den damit verknu&#x0364;pfften guten<lb/>
Wun&#x017F;ch vor des andern Wohl&#x017F;eyn, als auf das<lb/>
volle Maaß des Gla&#x017F;es &#x017F;ehen, &#x017F;o kan er &#x017F;eine <hi rendition="#aq">De-<lb/>
votion</hi> und Hochachtungen bey einer kleinen <hi rendition="#aq">Do&#x017F;i</hi><lb/>
&#x017F;o wohl erwei&#x017F;en, als bey einem vollen geru&#x0364;ttelten<lb/>
und u&#x0364;berflu&#x0364;ßigem Maaß.</p><lb/>
        <p>§. 40. Einige von der allzu&#x017F;trengen <hi rendition="#aq">Secte</hi> der<lb/><hi rendition="#aq">Morali&#x017F;t</hi>en und Gottesgelehrten, halten das Ge-<lb/>
&#x017F;undheit-Trincken u&#x0364;berhaupt vor unzula&#x0364;ßig und<lb/>
&#x017F;u&#x0364;ndlich; Allein andere &#x017F;ondern in die&#x017F;em Stu&#x0364;ck &#x017F;o<lb/>
wohl als in andern, und zwar mit be&#x017F;tem Grunde<lb/>
den Gebrauch von dem Mißbrauch ab, und achten<lb/>
dergleichen auch an und vor &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t einem Prie&#x017F;ter<lb/>
nicht vor unan&#x017F;ta&#x0364;ndig; ich la&#x017F;&#x017F;e mir hierbey gefal-<lb/>
len, was der alte Pommeri&#x017F;che <hi rendition="#aq">Præpo&#x017F;itus, M. Mi-<lb/>
chaelis,</hi> in &#x017F;einem <hi rendition="#aq">Pa&#x017F;tore Di&#x0153;ce&#x017F;en &#x017F;uam diri-<lb/>
gente, p.</hi> 377. hievon anfu&#x0364;hrt. Er &#x017F;agt: wenn<lb/>
der <hi rendition="#aq">Præpo&#x017F;itus</hi> mit &#x017F;einen ihm untergebenen Prie-<lb/>
&#x017F;tern ihren <hi rendition="#aq">Synodal-Convent</hi> halten, &#x017F;o tra&#x0364;gt man<lb/>
auf <hi rendition="#aq">cibum &amp; potum parabilem &amp; modicum,</hi><lb/>
und ha&#x0364;lt ein vertrauliches, Gei&#x017F;t-fro&#x0364;liches bru&#x0364;der-<lb/>
liches Ge&#x017F;pra&#x0364;ch, fu&#x0364;r das be&#x017F;te <hi rendition="#aq">aromati</hi>&#x017F;che <hi rendition="#aq">Tracta-<lb/>
ment,</hi> will man <hi rendition="#aq">lætitiæ datorem, Vinum</hi> dabey<lb/>
haben, &#x017F;o giebt ein jeder &#x017F;ein <hi rendition="#aq">Symbolum,</hi> und ge-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F f 2</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;chicht</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[451/0471] Vom Tractiren und denen Gaſtereyen. wenn er theils in den kleinen Glaͤſern ſeiner Gaͤſte Geſundheit trinckt, theils in einem und andern groſ- ſen Glaſe ſeiner Landes Herrſchafft, eines und des andern großen Miniſtri, oder auch ſonſt eine andere Geſundheit ſeinen Gaͤſten zubringt; Weil ver- nuͤnfftige Leute hierbey mehr auf die Figur, auf das Ceremoniel, und den damit verknuͤpfften guten Wunſch vor des andern Wohlſeyn, als auf das volle Maaß des Glaſes ſehen, ſo kan er ſeine De- votion und Hochachtungen bey einer kleinen Doſi ſo wohl erweiſen, als bey einem vollen geruͤttelten und uͤberfluͤßigem Maaß. §. 40. Einige von der allzuſtrengen Secte der Moraliſten und Gottesgelehrten, halten das Ge- ſundheit-Trincken uͤberhaupt vor unzulaͤßig und ſuͤndlich; Allein andere ſondern in dieſem Stuͤck ſo wohl als in andern, und zwar mit beſtem Grunde den Gebrauch von dem Mißbrauch ab, und achten dergleichen auch an und vor ſich ſelbſt einem Prieſter nicht vor unanſtaͤndig; ich laſſe mir hierbey gefal- len, was der alte Pommeriſche Præpoſitus, M. Mi- chaelis, in ſeinem Paſtore Diœceſen ſuam diri- gente, p. 377. hievon anfuͤhrt. Er ſagt: wenn der Præpoſitus mit ſeinen ihm untergebenen Prie- ſtern ihren Synodal-Convent halten, ſo traͤgt man auf cibum & potum parabilem & modicum, und haͤlt ein vertrauliches, Geiſt-froͤliches bruͤder- liches Geſpraͤch, fuͤr das beſte aromatiſche Tracta- ment, will man lætitiæ datorem, Vinum dabey haben, ſo giebt ein jeder ſein Symbolum, und ge- ſchicht F f 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/471
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 451. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/471>, abgerufen am 22.11.2024.