Gesichts eine Verachtung seyn, eben so wohl als wenn es geschähe, wenn man mit einem redete und das Gesicht abwenden wolte. Es geschicht auch dieses Ansehen der Figur wegen, damit sie gleiche Symmetrie darinnen halten können.
§. 30. Die Gesichter müssen weder lachen noch sauer sehen, sondern sich modest und indifferent erweisen. Die Schritte müssen Regel-recht for- mirt, mit dem Leibe und Kopffe Regel-recht accom- pagnirt, und die Cadance Regel-recht in Obacht genommen werden.
§. 31. Wider den Wohlstand ist, wenn ein Ca- valier bey Hofe, oder sonst auf einem vornehmen Ball, auf denjenigen Stühlen Platz nehmen will, die vor die Dames hingesetzt, damit sie nach dem Dantz wieder ausruhen; ein anders ist, auf dem Lande, oder in Gesellschafft guter Freunde, wo man, in diesem und andern Stücken mehr, das Ceremo- niel nicht so gar scharff beobachtet. Es ist auch eine unnöthige und überflüßige Höflichkeit, wenn einige junge Däntzer bey Hofe, vor den Fürstlichen Personen, die bey dem Dantzen Zuschauer abgeben, mitten im Dantzen, da sie etwan vor denenselben vorbey passiren, auf eine seltzame Weise Reveren- ces machen, oder den Hut abziehen, und hiedurch in ihrer Cadance gantz irre werden.
§. 32. Nachdem es in dem Frantzösischen Dan- tzen, so wohl bey dem Hut-abnehmen, als auch sonst hin und wieder an einigen Orten so, an andern hin- gegen wieder anders gehalten wird, als muß man
sich
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Vom Dantzen und Baͤllen.
Geſichts eine Verachtung ſeyn, eben ſo wohl als wenn es geſchaͤhe, wenn man mit einem redete und das Geſicht abwenden wolte. Es geſchicht auch dieſes Anſehen der Figur wegen, damit ſie gleiche Symmetrie darinnen halten koͤnnen.
§. 30. Die Geſichter muͤſſen weder lachen noch ſauer ſehen, ſondern ſich modeſt und indifferent erweiſen. Die Schritte muͤſſen Regel-recht for- mirt, mit dem Leibe und Kopffe Regel-recht accom- pagnirt, und die Cadance Regel-recht in Obacht genommen werden.
§. 31. Wider den Wohlſtand iſt, wenn ein Ca- valier bey Hofe, oder ſonſt auf einem vornehmen Ball, auf denjenigen Stuͤhlen Platz nehmen will, die vor die Dames hingeſetzt, damit ſie nach dem Dantz wieder ausruhen; ein anders iſt, auf dem Lande, oder in Geſellſchafft guter Freunde, wo man, in dieſem und andern Stuͤcken mehr, das Ceremo- niel nicht ſo gar ſcharff beobachtet. Es iſt auch eine unnoͤthige und uͤberfluͤßige Hoͤflichkeit, wenn einige junge Daͤntzer bey Hofe, vor den Fuͤrſtlichen Perſonen, die bey dem Dantzen Zuſchauer abgeben, mitten im Dantzen, da ſie etwan vor denenſelben vorbey paſſiren, auf eine ſeltzame Weiſe Reveren- ces machen, oder den Hut abziehen, und hiedurch in ihrer Cadance gantz irre werden.
§. 32. Nachdem es in dem Frantzoͤſiſchen Dan- tzen, ſo wohl bey dem Hut-abnehmen, als auch ſonſt hin und wieder an einigen Orten ſo, an andern hin- gegen wieder anders gehalten wird, als muß man
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Vom Dantzen und Baͤllen.
Geſichts eine Verachtung ſeyn, eben ſo wohl als
wenn es geſchaͤhe, wenn man mit einem redete und
das Geſicht abwenden wolte. Es geſchicht auch
dieſes Anſehen der Figur wegen, damit ſie gleiche
Symmetrie darinnen halten koͤnnen.
§. 30. Die Geſichter muͤſſen weder lachen noch
ſauer ſehen, ſondern ſich modeſt und indifferent
erweiſen. Die Schritte muͤſſen Regel-recht for-
mirt, mit dem Leibe und Kopffe Regel-recht accom-
pagnirt, und die Cadance Regel-recht in Obacht
genommen werden.
§. 31. Wider den Wohlſtand iſt, wenn ein Ca-
valier bey Hofe, oder ſonſt auf einem vornehmen
Ball, auf denjenigen Stuͤhlen Platz nehmen will,
die vor die Dames hingeſetzt, damit ſie nach dem
Dantz wieder ausruhen; ein anders iſt, auf dem
Lande, oder in Geſellſchafft guter Freunde, wo man,
in dieſem und andern Stuͤcken mehr, das Ceremo-
niel nicht ſo gar ſcharff beobachtet. Es iſt auch
eine unnoͤthige und uͤberfluͤßige Hoͤflichkeit, wenn
einige junge Daͤntzer bey Hofe, vor den Fuͤrſtlichen
Perſonen, die bey dem Dantzen Zuſchauer abgeben,
mitten im Dantzen, da ſie etwan vor denenſelben
vorbey paſſiren, auf eine ſeltzame Weiſe Reveren-
ces machen, oder den Hut abziehen, und hiedurch in
ihrer Cadance gantz irre werden.
§. 32. Nachdem es in dem Frantzoͤſiſchen Dan-
tzen, ſo wohl bey dem Hut-abnehmen, als auch ſonſt
hin und wieder an einigen Orten ſo, an andern hin-
gegen wieder anders gehalten wird, als muß man
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 487. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/507>, abgerufen am 21.11.2024.
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