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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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II. Theil. X. Capitul.
hen derer, die denen andern am Range nachgehen,
sondern vielmehr denen Höhern den Vorzug gön-
nen, weil man hierbey mehrentheils den Rang in
Obacht nimmt; Jedoch braucht es auch bey dem
Aufziehen der Höhern eine gute Uberlegung, ob es,
nemlich unsern Umständen nach, wohl gemäß und
erlaubt sey, eine hohe Standes-Person aufzuziehen,
daß man sich nicht dem Gelächter unterwerffe, und
sich einer allzu grossen Freyheit anmasse.

§. 38. Dafern eine sehr hohe Person einen
Teutschen Dantz thut, so muß man sich nicht unter-
stehen, zu gleicher Zeit ein Frauenzimmer aufzufüh-
ren, ob es wohl sonst bey dem Teutschen Dantzen
Herkommens und erlaubt, daß einige Paar zu glei-
cher Zeit mit einander dantzen.

§. 39. Einige Dames machen sich ein besonder
point d'honneur draus, wenn sie von sich selbst
rühmen, daß sie im Dantzen nicht ermüdet könten
werden. Jch lasse aber dahin gestellt seyn, ob die-
ses eines Ruhmes würdig sey, und ob dieses nicht
vielmehr den Regeln, der einem Frauenzimmer an-
ständigen Zucht und Sittsamkeit, zuwider sey.

§. 40. Es ist auch dieses ein sehr gezwungenes
und unanständiges Wesen, wenn sich einige, von
denen man doch weiß, daß sie gerne dantzen, und
auch eben nicht ungeschickt darinnen sind, anstellen,
als ob sie das Dantzen verredet und verschworen
hätten, bloß, damit sie von der Gesellschafft desto
mehr möchten gebethen werden, und wenn sie durch
die Bitten der Gesellschafft sich haben überwinden

lassen

II. Theil. X. Capitul.
hen derer, die denen andern am Range nachgehen,
ſondern vielmehr denen Hoͤhern den Vorzug goͤn-
nen, weil man hierbey mehrentheils den Rang in
Obacht nimmt; Jedoch braucht es auch bey dem
Aufziehen der Hoͤhern eine gute Uberlegung, ob es,
nemlich unſern Umſtaͤnden nach, wohl gemaͤß und
erlaubt ſey, eine hohe Standes-Perſon aufzuziehen,
daß man ſich nicht dem Gelaͤchter unterwerffe, und
ſich einer allzu groſſen Freyheit anmaſſe.

§. 38. Dafern eine ſehr hohe Perſon einen
Teutſchen Dantz thut, ſo muß man ſich nicht unter-
ſtehen, zu gleicher Zeit ein Frauenzimmer aufzufuͤh-
ren, ob es wohl ſonſt bey dem Teutſchen Dantzen
Herkommens und erlaubt, daß einige Paar zu glei-
cher Zeit mit einander dantzen.

§. 39. Einige Dames machen ſich ein beſonder
point d’honneur draus, wenn ſie von ſich ſelbſt
ruͤhmen, daß ſie im Dantzen nicht ermuͤdet koͤnten
werden. Jch laſſe aber dahin geſtellt ſeyn, ob die-
ſes eines Ruhmes wuͤrdig ſey, und ob dieſes nicht
vielmehr den Regeln, der einem Frauenzimmer an-
ſtaͤndigen Zucht und Sittſamkeit, zuwider ſey.

§. 40. Es iſt auch dieſes ein ſehr gezwungenes
und unanſtaͤndiges Weſen, wenn ſich einige, von
denen man doch weiß, daß ſie gerne dantzen, und
auch eben nicht ungeſchickt darinnen ſind, anſtellen,
als ob ſie das Dantzen verredet und verſchworen
haͤtten, bloß, damit ſie von der Geſellſchafft deſto
mehr moͤchten gebethen werden, und wenn ſie durch
die Bitten der Geſellſchafft ſich haben uͤberwinden

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[490/0510] II. Theil. X. Capitul. hen derer, die denen andern am Range nachgehen, ſondern vielmehr denen Hoͤhern den Vorzug goͤn- nen, weil man hierbey mehrentheils den Rang in Obacht nimmt; Jedoch braucht es auch bey dem Aufziehen der Hoͤhern eine gute Uberlegung, ob es, nemlich unſern Umſtaͤnden nach, wohl gemaͤß und erlaubt ſey, eine hohe Standes-Perſon aufzuziehen, daß man ſich nicht dem Gelaͤchter unterwerffe, und ſich einer allzu groſſen Freyheit anmaſſe. §. 38. Dafern eine ſehr hohe Perſon einen Teutſchen Dantz thut, ſo muß man ſich nicht unter- ſtehen, zu gleicher Zeit ein Frauenzimmer aufzufuͤh- ren, ob es wohl ſonſt bey dem Teutſchen Dantzen Herkommens und erlaubt, daß einige Paar zu glei- cher Zeit mit einander dantzen. §. 39. Einige Dames machen ſich ein beſonder point d’honneur draus, wenn ſie von ſich ſelbſt ruͤhmen, daß ſie im Dantzen nicht ermuͤdet koͤnten werden. Jch laſſe aber dahin geſtellt ſeyn, ob die- ſes eines Ruhmes wuͤrdig ſey, und ob dieſes nicht vielmehr den Regeln, der einem Frauenzimmer an- ſtaͤndigen Zucht und Sittſamkeit, zuwider ſey. §. 40. Es iſt auch dieſes ein ſehr gezwungenes und unanſtaͤndiges Weſen, wenn ſich einige, von denen man doch weiß, daß ſie gerne dantzen, und auch eben nicht ungeſchickt darinnen ſind, anſtellen, als ob ſie das Dantzen verredet und verſchworen haͤtten, bloß, damit ſie von der Geſellſchafft deſto mehr moͤchten gebethen werden, und wenn ſie durch die Bitten der Geſellſchafft ſich haben uͤberwinden laſſen

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 490. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/510>, abgerufen am 21.11.2024.