barste nicht so wohl an. Dieser ist wegen seiner besondern Caprice, die er bey seiner Kleidung er- weiset, und dadurch er sich von andern absondert, wegen seines hohen Standes und Characters, be- sonderer Meriten, und andern Vorzüge, sattsam be- deckt, einem andern aber, der ihm dieses nachthut, wird man einen Phantasten schelten.
§. 30. Eine allzu ängstliche Bemühung, um neue Kleider-Moden zu erfahren, ist ein Anzeigen eines eitelen und weibischen Gemüths. Es stehet daher einem vernünfftigen Menschen nicht gar wohl an, wenn er bloß der Moden wegen eine eigene Corre- spondence unterhält, und sich alle Vierthel-Jahre, oder auch wohl noch eher, gewisse Puppen aus Franckreich verschreiben läst, von denen er die ver- änderte Facon absehen, und alsofort nachahmen will. Man muß dieses denen Schneidern über- lassen. Es ist eben so unanständig, wenn man nach den veränderten Kleider-Moden eine allzu grosse Begierde bezeiget, als wenn man in Behaltung der alten zu eigensinnig ist.
§. 31. Ein junger Cavalier muß sich bey dem Kleider-Ceremoniel gar sehr richten nach der Nei- gung derer, an deren Urtheil ihm gar viel gelegen, und in deren Händen ein grosser Theil seiner zeitli- chen Glückseligkeit beruhet. Sind diese auf die neue Moden und auf die Facon der Kleider sehr er- picht, so muß er sich auch biß auf die Kleinigkeiten, und in so weit es die natürlichen Regeln des Rechts verstatten wollen, nach ihnen reguliren. Manche
gehen
II. Theil. XIII. Capitul.
barſte nicht ſo wohl an. Dieſer iſt wegen ſeiner beſondern Caprice, die er bey ſeiner Kleidung er- weiſet, und dadurch er ſich von andern abſondert, wegen ſeines hohen Standes und Characters, be- ſonderer Meriten, und andern Vorzuͤge, ſattſam be- deckt, einem andern aber, der ihm dieſes nachthut, wird man einen Phantaſten ſchelten.
§. 30. Eine allzu aͤngſtliche Bemuͤhung, um neue Kleider-Moden zu erfahren, iſt ein Anzeigen eines eitelen und weibiſchen Gemuͤths. Es ſtehet daher einem vernuͤnfftigen Menſchen nicht gar wohl an, wenn er bloß der Moden wegen eine eigene Corre- ſpondence unterhaͤlt, und ſich alle Vierthel-Jahre, oder auch wohl noch eher, gewiſſe Puppen aus Franckreich verſchreiben laͤſt, von denen er die ver- aͤnderte Façon abſehen, und alſofort nachahmen will. Man muß dieſes denen Schneidern uͤber- laſſen. Es iſt eben ſo unanſtaͤndig, wenn man nach den veraͤnderten Kleider-Moden eine allzu groſſe Begierde bezeiget, als wenn man in Behaltung der alten zu eigenſinnig iſt.
§. 31. Ein junger Cavalier muß ſich bey dem Kleider-Ceremoniel gar ſehr richten nach der Nei- gung derer, an deren Urtheil ihm gar viel gelegen, und in deren Haͤnden ein groſſer Theil ſeiner zeitli- chen Gluͤckſeligkeit beruhet. Sind dieſe auf die neue Moden und auf die Façon der Kleider ſehr er- picht, ſo muß er ſich auch biß auf die Kleinigkeiten, und in ſo weit es die natuͤrlichen Regeln des Rechts verſtatten wollen, nach ihnen reguliren. Manche
gehen
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II. Theil. XIII. Capitul.
barſte nicht ſo wohl an. Dieſer iſt wegen ſeiner
beſondern Caprice, die er bey ſeiner Kleidung er-
weiſet, und dadurch er ſich von andern abſondert,
wegen ſeines hohen Standes und Characters, be-
ſonderer Meriten, und andern Vorzuͤge, ſattſam be-
deckt, einem andern aber, der ihm dieſes nachthut,
wird man einen Phantaſten ſchelten.
§. 30. Eine allzu aͤngſtliche Bemuͤhung, um neue
Kleider-Moden zu erfahren, iſt ein Anzeigen eines
eitelen und weibiſchen Gemuͤths. Es ſtehet daher
einem vernuͤnfftigen Menſchen nicht gar wohl an,
wenn er bloß der Moden wegen eine eigene Corre-
ſpondence unterhaͤlt, und ſich alle Vierthel-Jahre,
oder auch wohl noch eher, gewiſſe Puppen aus
Franckreich verſchreiben laͤſt, von denen er die ver-
aͤnderte Façon abſehen, und alſofort nachahmen
will. Man muß dieſes denen Schneidern uͤber-
laſſen. Es iſt eben ſo unanſtaͤndig, wenn man nach
den veraͤnderten Kleider-Moden eine allzu groſſe
Begierde bezeiget, als wenn man in Behaltung der
alten zu eigenſinnig iſt.
§. 31. Ein junger Cavalier muß ſich bey dem
Kleider-Ceremoniel gar ſehr richten nach der Nei-
gung derer, an deren Urtheil ihm gar viel gelegen,
und in deren Haͤnden ein groſſer Theil ſeiner zeitli-
chen Gluͤckſeligkeit beruhet. Sind dieſe auf die
neue Moden und auf die Façon der Kleider ſehr er-
picht, ſo muß er ſich auch biß auf die Kleinigkeiten,
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 564. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/584>, abgerufen am 22.11.2024.
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