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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Von der Verehlichung.
wohl vor diejenigen, denen die Gabe der Keuschheit
fehlt, und die doch nicht so viel in Vermögen haben,
als nöthig ist, eine Frau, die mit ihnen von gleichen
Würden, bey ihrem Leben, und nach ihrem Tode,
Standes mäßig zu versorgen, und die Kinder
Standes mäßig aufzuerziehen, oder auch vor Witt-
wer, die denen Kindern ersterer Ehe nicht allzusehr
projudiciren wollen. Würden solche Heyraths-
Contracte mehr Mode, so würde mancher Hure-
rey und mancher Ehebruch vermieden bleiben.
Doch ein jeder hat hierinnen seine Freyheit.

§. 12. An statt dieser ehelichen Contracte wollen
die Mariagen de conscience, oder die Gewissens-
Ehen heutiges Tages starck einreißen, wenn ein paar
Personen ungleichen Geschlechts den Vorsatz ha-
ben, Zeit Lebens einander zu lieben, die fleischlichen
Lüste und Begierden zu stillen, jedoch wegen unter-
schiedene politischen Raisons, die Trauung auf die
gewöhnliche Weise unterlassen wollen. Sie ent-
stehen insonderheit auf dreyerley Weise: (1)
Wenn eine Manns-Person, die eine weitläufftige
Oeconomie zu gouverniren hat, ein Frauenzim-
mer, unter dem Schein und dem Vorwand einer
Haußhälterin oder Hauß-Jungfer, um sich hat, mit
der er im Ehestande lebet, jedoch so viel als mög-
lich incognito, und andere Leute überreden will,
als ob sie ihm bloß der Wirthschafft wegen unent-
behrlich sey. (2) Wenn sie sich zwar als öffentli-
che Ehe-Leute bey einander aufführen, jedoch die
priesterliche Trauung unterlassen, und (3) sich

zwar
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Von der Verehlichung.
wohl vor diejenigen, denen die Gabe der Keuſchheit
fehlt, und die doch nicht ſo viel in Vermoͤgen haben,
als noͤthig iſt, eine Frau, die mit ihnen von gleichen
Wuͤrden, bey ihrem Leben, und nach ihrem Tode,
Standes maͤßig zu verſorgen, und die Kinder
Standes maͤßig aufzuerziehen, oder auch vor Witt-
wer, die denen Kindern erſterer Ehe nicht allzuſehr
projudiciren wollen. Wuͤrden ſolche Heyraths-
Contracte mehr Mode, ſo wuͤrde mancher Hure-
rey und mancher Ehebruch vermieden bleiben.
Doch ein jeder hat hierinnen ſeine Freyheit.

§. 12. An ſtatt dieſer ehelichen Contracte wollen
die Mariagen de conſcience, oder die Gewiſſens-
Ehen heutiges Tages ſtarck einreißen, wenn ein paar
Perſonen ungleichen Geſchlechts den Vorſatz ha-
ben, Zeit Lebens einander zu lieben, die fleiſchlichen
Luͤſte und Begierden zu ſtillen, jedoch wegen unter-
ſchiedene politiſchen Raiſons, die Trauung auf die
gewoͤhnliche Weiſe unterlaſſen wollen. Sie ent-
ſtehen inſonderheit auf dreyerley Weiſe: (1)
Wenn eine Manns-Perſon, die eine weitlaͤufftige
Oeconomie zu gouverniren hat, ein Frauenzim-
mer, unter dem Schein und dem Vorwand einer
Haußhaͤlterin oder Hauß-Jungfer, um ſich hat, mit
der er im Eheſtande lebet, jedoch ſo viel als moͤg-
lich incognito, und andere Leute uͤberreden will,
als ob ſie ihm bloß der Wirthſchafft wegen unent-
behrlich ſey. (2) Wenn ſie ſich zwar als oͤffentli-
che Ehe-Leute bey einander auffuͤhren, jedoch die
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zwar
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[601/0621] Von der Verehlichung. wohl vor diejenigen, denen die Gabe der Keuſchheit fehlt, und die doch nicht ſo viel in Vermoͤgen haben, als noͤthig iſt, eine Frau, die mit ihnen von gleichen Wuͤrden, bey ihrem Leben, und nach ihrem Tode, Standes maͤßig zu verſorgen, und die Kinder Standes maͤßig aufzuerziehen, oder auch vor Witt- wer, die denen Kindern erſterer Ehe nicht allzuſehr projudiciren wollen. Wuͤrden ſolche Heyraths- Contracte mehr Mode, ſo wuͤrde mancher Hure- rey und mancher Ehebruch vermieden bleiben. Doch ein jeder hat hierinnen ſeine Freyheit. §. 12. An ſtatt dieſer ehelichen Contracte wollen die Mariagen de conſcience, oder die Gewiſſens- Ehen heutiges Tages ſtarck einreißen, wenn ein paar Perſonen ungleichen Geſchlechts den Vorſatz ha- ben, Zeit Lebens einander zu lieben, die fleiſchlichen Luͤſte und Begierden zu ſtillen, jedoch wegen unter- ſchiedene politiſchen Raiſons, die Trauung auf die gewoͤhnliche Weiſe unterlaſſen wollen. Sie ent- ſtehen inſonderheit auf dreyerley Weiſe: (1) Wenn eine Manns-Perſon, die eine weitlaͤufftige Oeconomie zu gouverniren hat, ein Frauenzim- mer, unter dem Schein und dem Vorwand einer Haußhaͤlterin oder Hauß-Jungfer, um ſich hat, mit der er im Eheſtande lebet, jedoch ſo viel als moͤg- lich incognito, und andere Leute uͤberreden will, als ob ſie ihm bloß der Wirthſchafft wegen unent- behrlich ſey. (2) Wenn ſie ſich zwar als oͤffentli- che Ehe-Leute bey einander auffuͤhren, jedoch die prieſterliche Trauung unterlaſſen, und (3) ſich zwar P p 5

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 601. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/621>, abgerufen am 21.11.2024.