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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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II. Theil. XVI. Capitul.
abgeschafft würden. Wenn die Höhern derglei-
chen abergläubisch Wesen, welches sonderlich auf
dem Lande herrscht, nicht aus Furcht vor GOtt wol-
ten unterlassen wissen, so solten sie es doch zum we-
nigsten um des Wohlstandes willen, wegen der
Einfalt und Thorheit, so damit vergesellschafftet,
verbannen.

§. 3. Zu beklagen ists, daß die heilige Tauff-
Handlung gröstentheils, so wohl von den Eltern,
die andere zu Tauff-Zeugen erwehlen, als auch auf
Seiten der Gevattern, zu einer blossen äusserlichen
nnd bürgerlichen Handlung gemacht, und das
Himmlische dabey aus den Augen gesetzt wird; dar-
aus denn alle die Unordnungen entstehen, die ich in
diesem und dem folgenden Capitul zum Theil mit
vorstellen will.

§. 4. Jhrer viele lassen das neugebohrne Kind
5, 6 biß 8 Tage liegen, bevor sie zur heiligen Tauf-
fe Anstalt machen, theils, weil sie vornehme Ge-
vattern von weiten Orten her invitiren, deren sie so
bald nicht habhafft werden können; theils, weil sie
mit der kostbahren Ausrichtung, die sie vor sich ha-
ben, nicht so bald fertig werden, und die Consituren,
die delicaten Weine, und anders dergleichen, dessen
sie zum Tauff-Essen benöthiget, so geschwinde er-
langen können. Sie bedencken nicht, daß sie diese
muthwillige Aufschiebung der heil. Tauffe, wenn
das Kind inzwischen ohne Tauffe versterben solte,
bey GOtt schwer zu verantworten würden haben.

§. 8. Viele, ja ich möchte wohl sagen, die meisten

vom

II. Theil. XVI. Capitul.
abgeſchafft wuͤrden. Wenn die Hoͤhern derglei-
chen aberglaͤubiſch Weſen, welches ſonderlich auf
dem Lande herrſcht, nicht aus Furcht vor GOtt wol-
ten unterlaſſen wiſſen, ſo ſolten ſie es doch zum we-
nigſten um des Wohlſtandes willen, wegen der
Einfalt und Thorheit, ſo damit vergeſellſchafftet,
verbannen.

§. 3. Zu beklagen iſts, daß die heilige Tauff-
Handlung groͤſtentheils, ſo wohl von den Eltern,
die andere zu Tauff-Zeugen erwehlen, als auch auf
Seiten der Gevattern, zu einer bloſſen aͤuſſerlichen
nnd buͤrgerlichen Handlung gemacht, und das
Himmliſche dabey aus den Augen geſetzt wird; dar-
aus denn alle die Unordnungen entſtehen, die ich in
dieſem und dem folgenden Capitul zum Theil mit
vorſtellen will.

§. 4. Jhrer viele laſſen das neugebohrne Kind
5, 6 biß 8 Tage liegen, bevor ſie zur heiligen Tauf-
fe Anſtalt machen, theils, weil ſie vornehme Ge-
vattern von weiten Orten her invitiren, deren ſie ſo
bald nicht habhafft werden koͤnnen; theils, weil ſie
mit der koſtbahren Ausrichtung, die ſie vor ſich ha-
ben, nicht ſo bald fertig werden, und die Conſituren,
die delicaten Weine, und anders dergleichen, deſſen
ſie zum Tauff-Eſſen benoͤthiget, ſo geſchwinde er-
langen koͤnnen. Sie bedencken nicht, daß ſie dieſe
muthwillige Aufſchiebung der heil. Tauffe, wenn
das Kind inzwiſchen ohne Tauffe verſterben ſolte,
bey GOtt ſchwer zu verantworten wuͤrden haben.

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vom
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[622/0642] II. Theil. XVI. Capitul. abgeſchafft wuͤrden. Wenn die Hoͤhern derglei- chen aberglaͤubiſch Weſen, welches ſonderlich auf dem Lande herrſcht, nicht aus Furcht vor GOtt wol- ten unterlaſſen wiſſen, ſo ſolten ſie es doch zum we- nigſten um des Wohlſtandes willen, wegen der Einfalt und Thorheit, ſo damit vergeſellſchafftet, verbannen. §. 3. Zu beklagen iſts, daß die heilige Tauff- Handlung groͤſtentheils, ſo wohl von den Eltern, die andere zu Tauff-Zeugen erwehlen, als auch auf Seiten der Gevattern, zu einer bloſſen aͤuſſerlichen nnd buͤrgerlichen Handlung gemacht, und das Himmliſche dabey aus den Augen geſetzt wird; dar- aus denn alle die Unordnungen entſtehen, die ich in dieſem und dem folgenden Capitul zum Theil mit vorſtellen will. §. 4. Jhrer viele laſſen das neugebohrne Kind 5, 6 biß 8 Tage liegen, bevor ſie zur heiligen Tauf- fe Anſtalt machen, theils, weil ſie vornehme Ge- vattern von weiten Orten her invitiren, deren ſie ſo bald nicht habhafft werden koͤnnen; theils, weil ſie mit der koſtbahren Ausrichtung, die ſie vor ſich ha- ben, nicht ſo bald fertig werden, und die Conſituren, die delicaten Weine, und anders dergleichen, deſſen ſie zum Tauff-Eſſen benoͤthiget, ſo geſchwinde er- langen koͤnnen. Sie bedencken nicht, daß ſie dieſe muthwillige Aufſchiebung der heil. Tauffe, wenn das Kind inzwiſchen ohne Tauffe verſterben ſolte, bey GOtt ſchwer zu verantworten wuͤrden haben. §. 8. Viele, ja ich moͤchte wohl ſagen, die meiſten vom

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 622. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/642>, abgerufen am 22.11.2024.