geneigt seyn möchten, dieses heilige Werck über sich zu nehmen.
§. 17. Will er bey der Wahl seiner Gevattern, wie es doch nöthig, hauptsächlich darauf sehen, so darff er sich nicht fürchten, daß deren Anzahl so gar groß und starck seyn werde. Rechtschaffene Chri- sten sind, unter Hohen und Niedern, an grossen und kleinen Oerten, nicht so gar dicke gesäet, und auf- richtig-gesinnete wahre Freunde sind auch nicht al- lenthalben zu finden. Hierbey kan er gar wohl, theils seinen eigenen Stand und Bedienung/ theils auch mancherley bürgerliche Umstände seiner Ge- vattern und seiner Mit-Gevattern, in Betrachtung ziehen, damit er nicht/ wenn ers vermeiden kan, bö- sen Leuten Gelegenheit gebe zu lästern; inzwischen muß er doch, so viel als sichs will thun lassen. Got- tesfurcht und Tugend, dem andern äusserlichen Wesen, darauf die Welt siehet, vorziehen. Er invitire keine abwesende, er müste denn durch eine unvermeidliche Nothwendigkeit darzu veranlaßt werden, und versichert seyn, daß sie entweder selbst kommen möchten, oder doch deren Stellen durch andere christliche Personen vertreten lassen wer- den.
§. 18. Damit er allen Verdacht von sich ab- lehne, als ob er seine Gevattern aus eigennützigen Absichten erwehlet, so setze er entweder in den Ge- vatter-Brief mit hinein, oder bringe es bey dem mündlichen Invitations-Compliment mit vor, daß sie sich mit keinem Eingebinde, oder mit einem sonst
gewöhn-
Von Kindtauffen.
geneigt ſeyn moͤchten, dieſes heilige Werck uͤber ſich zu nehmen.
§. 17. Will er bey der Wahl ſeiner Gevattern, wie es doch noͤthig, hauptſaͤchlich darauf ſehen, ſo darff er ſich nicht fuͤrchten, daß deren Anzahl ſo gar groß und ſtarck ſeyn werde. Rechtſchaffene Chri- ſten ſind, unter Hohen und Niedern, an groſſen und kleinen Oerten, nicht ſo gar dicke geſaͤet, und auf- richtig-geſinnete wahre Freunde ſind auch nicht al- lenthalben zu finden. Hierbey kan er gar wohl, theils ſeinen eigenen Stand und Bedienung/ theils auch mancherley buͤrgerliche Umſtaͤnde ſeiner Ge- vattern und ſeiner Mit-Gevattern, in Betrachtung ziehen, damit er nicht/ wenn ers vermeiden kan, boͤ- ſen Leuten Gelegenheit gebe zu laͤſtern; inzwiſchen muß er doch, ſo viel als ſichs will thun laſſen. Got- tesfurcht und Tugend, dem andern aͤuſſerlichen Weſen, darauf die Welt ſiehet, vorziehen. Er invitire keine abweſende, er muͤſte denn durch eine unvermeidliche Nothwendigkeit darzu veranlaßt werden, und verſichert ſeyn, daß ſie entweder ſelbſt kommen moͤchten, oder doch deren Stellen durch andere chriſtliche Perſonen vertreten laſſen wer- den.
§. 18. Damit er allen Verdacht von ſich ab- lehne, als ob er ſeine Gevattern aus eigennuͤtzigen Abſichten erwehlet, ſo ſetze er entweder in den Ge- vatter-Brief mit hinein, oder bringe es bey dem muͤndlichen Invitations-Compliment mit vor, daß ſie ſich mit keinem Eingebinde, oder mit einem ſonſt
gewoͤhn-
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Von Kindtauffen.
geneigt ſeyn moͤchten, dieſes heilige Werck uͤber ſich
zu nehmen.
§. 17. Will er bey der Wahl ſeiner Gevattern,
wie es doch noͤthig, hauptſaͤchlich darauf ſehen, ſo
darff er ſich nicht fuͤrchten, daß deren Anzahl ſo gar
groß und ſtarck ſeyn werde. Rechtſchaffene Chri-
ſten ſind, unter Hohen und Niedern, an groſſen und
kleinen Oerten, nicht ſo gar dicke geſaͤet, und auf-
richtig-geſinnete wahre Freunde ſind auch nicht al-
lenthalben zu finden. Hierbey kan er gar wohl,
theils ſeinen eigenen Stand und Bedienung/ theils
auch mancherley buͤrgerliche Umſtaͤnde ſeiner Ge-
vattern und ſeiner Mit-Gevattern, in Betrachtung
ziehen, damit er nicht/ wenn ers vermeiden kan, boͤ-
ſen Leuten Gelegenheit gebe zu laͤſtern; inzwiſchen
muß er doch, ſo viel als ſichs will thun laſſen. Got-
tesfurcht und Tugend, dem andern aͤuſſerlichen
Weſen, darauf die Welt ſiehet, vorziehen. Er
invitire keine abweſende, er muͤſte denn durch eine
unvermeidliche Nothwendigkeit darzu veranlaßt
werden, und verſichert ſeyn, daß ſie entweder ſelbſt
kommen moͤchten, oder doch deren Stellen durch
andere chriſtliche Perſonen vertreten laſſen wer-
den.
§. 18. Damit er allen Verdacht von ſich ab-
lehne, als ob er ſeine Gevattern aus eigennuͤtzigen
Abſichten erwehlet, ſo ſetze er entweder in den Ge-
vatter-Brief mit hinein, oder bringe es bey dem
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 635. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/655>, abgerufen am 22.11.2024.
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