Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

Bild:
<< vorherige Seite

Von Kindtauffen.
in aller Stille vollbracht, und das Tauff-Essen vor
seine liebe Gevattern, biß nach geendigten Sechs
Wochen der Wöchnerin, aufgeschoben wird; So
kan alsdenn die Wirthin selbst mit dabey seyn, und
das dabey nöthige besser besorgen, auch von den
Speisen und Geträncke selbst etwas mehrers, als
vorher, geniessen. An vielen Orten werden, an
statt der Tauff-Mahlzeiten, denen Gevattern ge-
wisse Kuchen, oder Marzipanen, oder Mandel-
Torten, oder auch, wie es in Hamburg gebräuch-
lich, besonders ausgezierte, und mit einem Marzi-
pan-Teig Kräntze umlegte Hüte Zucker zugeschickt.
An manchen Oertern sind die Tauff-Mahlzeiten
bey Straffe, entweder gantz und gar, in den Poli-
cey-Ordnungen verbothen, oder es ist doch eine ge-
wisse Anzahl Speisen vorgeschrieben, wie viel de-
ren aufgesetzt sollen werden.

§. 20. Wider den Wohlstand ist, wenn vorneh-
me und reputirliche Leute, entweder zu dieser oder
jener Jahres-Zeit, ihre Kinder zu denen Pathen schi-
cken, um dieses oder jenes sonst gewöhnliche Praesent
bey ihnen abzuholen, oder auch wohl den Gevattern,
denen der Gebrauch etwan noch unbekandt, Nach-
richt ertheilen, daß dieses an diesem Orte gewöhn-
lich, und sie fast selbst an Abstattung dergleichen
Freygebigkeit erinnern. Dergleichen Betteley
schicket sich nur vor dem Pöbel. Jn den übrigen
Stücken, die, in Ansehung der göttlichen und welt-
lichen Rechte, unschuldig und gleichgültig sind, thut
man am besten, wenn man sich nach demjenigen

richtet,

Von Kindtauffen.
in aller Stille vollbracht, und das Tauff-Eſſen vor
ſeine liebe Gevattern, biß nach geendigten Sechs
Wochen der Woͤchnerin, aufgeſchoben wird; So
kan alsdenn die Wirthin ſelbſt mit dabey ſeyn, und
das dabey noͤthige beſſer beſorgen, auch von den
Speiſen und Getraͤncke ſelbſt etwas mehrers, als
vorher, genieſſen. An vielen Orten werden, an
ſtatt der Tauff-Mahlzeiten, denen Gevattern ge-
wiſſe Kuchen, oder Marzipanen, oder Mandel-
Torten, oder auch, wie es in Hamburg gebraͤuch-
lich, beſonders ausgezierte, und mit einem Marzi-
pan-Teig Kraͤntze umlegte Huͤte Zucker zugeſchickt.
An manchen Oertern ſind die Tauff-Mahlzeiten
bey Straffe, entweder gantz und gar, in den Poli-
cey-Ordnungen verbothen, oder es iſt doch eine ge-
wiſſe Anzahl Speiſen vorgeſchrieben, wie viel de-
ren aufgeſetzt ſollen werden.

§. 20. Wider den Wohlſtand iſt, wenn vorneh-
me und reputirliche Leute, entweder zu dieſer oder
jener Jahres-Zeit, ihre Kinder zu denen Pathen ſchi-
cken, um dieſes oder jenes ſonſt gewoͤhnliche Præſent
bey ihnen abzuholen, oder auch wohl den Gevattern,
denen der Gebrauch etwan noch unbekandt, Nach-
richt ertheilen, daß dieſes an dieſem Orte gewoͤhn-
lich, und ſie faſt ſelbſt an Abſtattung dergleichen
Freygebigkeit erinnern. Dergleichen Betteley
ſchicket ſich nur vor dem Poͤbel. Jn den uͤbrigen
Stuͤcken, die, in Anſehung der goͤttlichen und welt-
lichen Rechte, unſchuldig und gleichguͤltig ſind, thut
man am beſten, wenn man ſich nach demjenigen

richtet,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0657" n="637"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von Kindtauffen.</hi></fw><lb/>
in aller Stille vollbracht, und das Tauff-E&#x017F;&#x017F;en vor<lb/>
&#x017F;eine liebe Gevattern, biß nach geendigten Sechs<lb/>
Wochen der Wo&#x0364;chnerin, aufge&#x017F;choben wird; So<lb/>
kan alsdenn die Wirthin &#x017F;elb&#x017F;t mit dabey &#x017F;eyn, und<lb/>
das dabey no&#x0364;thige be&#x017F;&#x017F;er be&#x017F;orgen, auch von den<lb/>
Spei&#x017F;en und Getra&#x0364;ncke &#x017F;elb&#x017F;t etwas mehrers, als<lb/>
vorher, genie&#x017F;&#x017F;en. An vielen Orten werden, an<lb/>
&#x017F;tatt der Tauff-Mahlzeiten, denen Gevattern ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;e Kuchen, oder Marzipanen, oder Mandel-<lb/>
Torten, oder auch, wie es in Hamburg gebra&#x0364;uch-<lb/>
lich, be&#x017F;onders ausgezierte, und mit einem Marzi-<lb/>
pan-Teig Kra&#x0364;ntze umlegte Hu&#x0364;te Zucker zuge&#x017F;chickt.<lb/>
An manchen Oertern &#x017F;ind die Tauff-Mahlzeiten<lb/>
bey Straffe, entweder gantz und gar, in den Poli-<lb/>
cey-Ordnungen verbothen, oder es i&#x017F;t doch eine ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;e Anzahl Spei&#x017F;en vorge&#x017F;chrieben, wie viel de-<lb/>
ren aufge&#x017F;etzt &#x017F;ollen werden.</p><lb/>
        <p>§. 20. Wider den Wohl&#x017F;tand i&#x017F;t, wenn vorneh-<lb/>
me und <hi rendition="#aq">reputi</hi>rliche Leute, entweder zu die&#x017F;er oder<lb/>
jener Jahres-Zeit, ihre Kinder zu denen Pathen &#x017F;chi-<lb/>
cken, um die&#x017F;es oder jenes &#x017F;on&#x017F;t gewo&#x0364;hnliche <hi rendition="#aq">Præ&#x017F;ent</hi><lb/>
bey ihnen abzuholen, oder auch wohl den Gevattern,<lb/>
denen der Gebrauch etwan noch unbekandt, Nach-<lb/>
richt ertheilen, daß die&#x017F;es an die&#x017F;em Orte gewo&#x0364;hn-<lb/>
lich, und &#x017F;ie fa&#x017F;t &#x017F;elb&#x017F;t an Ab&#x017F;tattung dergleichen<lb/>
Freygebigkeit erinnern. Dergleichen Betteley<lb/>
&#x017F;chicket &#x017F;ich nur vor dem Po&#x0364;bel. Jn den u&#x0364;brigen<lb/>
Stu&#x0364;cken, die, in An&#x017F;ehung der go&#x0364;ttlichen und welt-<lb/>
lichen Rechte, un&#x017F;chuldig und gleichgu&#x0364;ltig &#x017F;ind, thut<lb/>
man am be&#x017F;ten, wenn man &#x017F;ich nach demjenigen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">richtet,</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[637/0657] Von Kindtauffen. in aller Stille vollbracht, und das Tauff-Eſſen vor ſeine liebe Gevattern, biß nach geendigten Sechs Wochen der Woͤchnerin, aufgeſchoben wird; So kan alsdenn die Wirthin ſelbſt mit dabey ſeyn, und das dabey noͤthige beſſer beſorgen, auch von den Speiſen und Getraͤncke ſelbſt etwas mehrers, als vorher, genieſſen. An vielen Orten werden, an ſtatt der Tauff-Mahlzeiten, denen Gevattern ge- wiſſe Kuchen, oder Marzipanen, oder Mandel- Torten, oder auch, wie es in Hamburg gebraͤuch- lich, beſonders ausgezierte, und mit einem Marzi- pan-Teig Kraͤntze umlegte Huͤte Zucker zugeſchickt. An manchen Oertern ſind die Tauff-Mahlzeiten bey Straffe, entweder gantz und gar, in den Poli- cey-Ordnungen verbothen, oder es iſt doch eine ge- wiſſe Anzahl Speiſen vorgeſchrieben, wie viel de- ren aufgeſetzt ſollen werden. §. 20. Wider den Wohlſtand iſt, wenn vorneh- me und reputirliche Leute, entweder zu dieſer oder jener Jahres-Zeit, ihre Kinder zu denen Pathen ſchi- cken, um dieſes oder jenes ſonſt gewoͤhnliche Præſent bey ihnen abzuholen, oder auch wohl den Gevattern, denen der Gebrauch etwan noch unbekandt, Nach- richt ertheilen, daß dieſes an dieſem Orte gewoͤhn- lich, und ſie faſt ſelbſt an Abſtattung dergleichen Freygebigkeit erinnern. Dergleichen Betteley ſchicket ſich nur vor dem Poͤbel. Jn den uͤbrigen Stuͤcken, die, in Anſehung der goͤttlichen und welt- lichen Rechte, unſchuldig und gleichguͤltig ſind, thut man am beſten, wenn man ſich nach demjenigen richtet,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/657
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 637. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/657>, abgerufen am 22.11.2024.