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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Vom Sterben.
Leben die ärgsten Frey-Geister gewesen, die Lust zu
schertzen vergehen, wenn sie sich denen Pforten der
Ewigkeit nähern. Und ist es einigen möglich, auf
dem Sterbe-Bette leichtsinnige Reden zu führen,
so legen sie ein deutliches Zeugniß ab, daß sie sich
vorgesetzt, ihren Unglauben biß an den letzten Punct
der Zeit zu continuiren.

§. 8. Wie sich der Aberglaube nicht allein bey
dem Pöbel, sondern gewißlich auch bey andern Leu-
ten, die etwas mehrers bedeuten wollen, in sehr viel
menschliche Handlungen mit einmischt; so findet
man auch, daß die Menschen, bey dem Absterben
der andern, theils vor, theils bey, theils nach ihrem
Tode, mancherley abergläubisch Zeug theils glau-
ben, theils vornehmen. Bald soll es sich bewiesen
haben, und da will mancher viel Abentheuerliches
gesehen und gehöret haben, welches doch gemeinig-
lich entweder gar eine Unwahrheit, oder doch eine
Frucht seiner furchtsamen Einbildung ist; bald ma-
chen sie bey einem Sterbenden das Fenster auf, da-
mit die Seele desto leichter und geschwinder an ih-
ren Ort fahren könne, und nicht nöthig habe, sich so
lange in dem Gemach aufzuhalten, biß etwan zu ei-
ner andern Zeit die Thüre oder ein Fenster aufge-
macht werde; bald beurtheilen sie aus der frischen
und rothen Farbe des Angesichts einer Leiche, daß
ihrer noch mehr aus der Familie wegsterben wer-
den. Und wer wolte alles abergläubische Wesen,
das in eigenen Schrifften abgehandelt, alle er-
zehlen.

§. 9.

Vom Sterben.
Leben die aͤrgſten Frey-Geiſter geweſen, die Luſt zu
ſchertzen vergehen, wenn ſie ſich denen Pforten der
Ewigkeit naͤhern. Und iſt es einigen moͤglich, auf
dem Sterbe-Bette leichtſinnige Reden zu fuͤhren,
ſo legen ſie ein deutliches Zeugniß ab, daß ſie ſich
vorgeſetzt, ihren Unglauben biß an den letzten Punct
der Zeit zu continuiren.

§. 8. Wie ſich der Aberglaube nicht allein bey
dem Poͤbel, ſondern gewißlich auch bey andern Leu-
ten, die etwas mehrers bedeuten wollen, in ſehr viel
menſchliche Handlungen mit einmiſcht; ſo findet
man auch, daß die Menſchen, bey dem Abſterben
der andern, theils vor, theils bey, theils nach ihrem
Tode, mancherley aberglaͤubiſch Zeug theils glau-
ben, theils vornehmen. Bald ſoll es ſich bewieſen
haben, und da will mancher viel Abentheuerliches
geſehen und gehoͤret haben, welches doch gemeinig-
lich entweder gar eine Unwahrheit, oder doch eine
Frucht ſeiner furchtſamen Einbildung iſt; bald ma-
chen ſie bey einem Sterbenden das Fenſter auf, da-
mit die Seele deſto leichter und geſchwinder an ih-
ren Ort fahren koͤnne, und nicht noͤthig habe, ſich ſo
lange in dem Gemach aufzuhalten, biß etwan zu ei-
ner andern Zeit die Thuͤre oder ein Fenſter aufge-
macht werde; bald beurtheilen ſie aus der friſchen
und rothen Farbe des Angeſichts einer Leiche, daß
ihrer noch mehr aus der Familie wegſterben wer-
den. Und wer wolte alles aberglaͤubiſche Weſen,
das in eigenen Schrifften abgehandelt, alle er-
zehlen.

§. 9.
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[653/0673] Vom Sterben. Leben die aͤrgſten Frey-Geiſter geweſen, die Luſt zu ſchertzen vergehen, wenn ſie ſich denen Pforten der Ewigkeit naͤhern. Und iſt es einigen moͤglich, auf dem Sterbe-Bette leichtſinnige Reden zu fuͤhren, ſo legen ſie ein deutliches Zeugniß ab, daß ſie ſich vorgeſetzt, ihren Unglauben biß an den letzten Punct der Zeit zu continuiren. §. 8. Wie ſich der Aberglaube nicht allein bey dem Poͤbel, ſondern gewißlich auch bey andern Leu- ten, die etwas mehrers bedeuten wollen, in ſehr viel menſchliche Handlungen mit einmiſcht; ſo findet man auch, daß die Menſchen, bey dem Abſterben der andern, theils vor, theils bey, theils nach ihrem Tode, mancherley aberglaͤubiſch Zeug theils glau- ben, theils vornehmen. Bald ſoll es ſich bewieſen haben, und da will mancher viel Abentheuerliches geſehen und gehoͤret haben, welches doch gemeinig- lich entweder gar eine Unwahrheit, oder doch eine Frucht ſeiner furchtſamen Einbildung iſt; bald ma- chen ſie bey einem Sterbenden das Fenſter auf, da- mit die Seele deſto leichter und geſchwinder an ih- ren Ort fahren koͤnne, und nicht noͤthig habe, ſich ſo lange in dem Gemach aufzuhalten, biß etwan zu ei- ner andern Zeit die Thuͤre oder ein Fenſter aufge- macht werde; bald beurtheilen ſie aus der friſchen und rothen Farbe des Angeſichts einer Leiche, daß ihrer noch mehr aus der Familie wegſterben wer- den. Und wer wolte alles aberglaͤubiſche Weſen, das in eigenen Schrifften abgehandelt, alle er- zehlen. §. 9.

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 653. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/673>, abgerufen am 21.11.2024.