den, damit durch das öfftere Anblicken des Verstor- benen ihre Wehmuth je mehr und mehr gestärcket werde.
§. 5. Die unnöthige Verschwendung und der überflüßige Staat, der bey den Begräbnissen vieler vornehmen, oder doch wohlhabenden Leute ange- wendet wird, ist mehr als zu bekandt. Manche Adeliche werden fast Fürstlich begraben, und einige von bürgerlichem Stande mehr als Adelich beyge- setzt. Die Leichen-Processionen müssen auf das zahlreichste seyn, und bißweilen muß mehr als die halbe Stadt mitgehen, ob gleich vielmahls hun- derterley Dispute wegen der Rang-Streite vor- fallen, und derer die Hinterlassenen, wenn sie einen oder andern nicht mit dazu invitirt, hätten können überhoben seyn. Man theilet einer grossen Menge alten Weiber, die die Procession beschlüssen müs- sen, unnöthiger weise viel Geld aus. Kostbahre Creutze und Kronen, mit denen auf mancherley Weise bey den Leichen geprahlet wird, sind ein ver- gebener Aufwand. Bey vielen Trauer-Mahlzei- ten werden nicht etwan 12, oder 24, oder 30, son- dern wohl 50, 60 biß 80 Speisen aufgesetzt. Ob- schon solche überflüßige Kosten und allzu prächtige Anstalten in denen Landes-Gesetzen auf das schärff- ste verbothen, so handeln sie doch gar öffters dawi- der. Der Autor des 65sten Theils der Europäi- schen Fama fället von dergleichen verschwenderi- schem Wesen p. 380 ein gar gutes Urtheil: Gewiß ists, sagt er, daß die beschwerlichen Ceremonien,
und
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Von Begraͤbniſſen.
den, damit durch das oͤfftere Anblicken des Verſtor- benen ihre Wehmuth je mehr und mehr geſtaͤrcket werde.
§. 5. Die unnoͤthige Verſchwendung und der uͤberfluͤßige Staat, der bey den Begraͤbniſſen vieler vornehmen, oder doch wohlhabenden Leute ange- wendet wird, iſt mehr als zu bekandt. Manche Adeliche werden faſt Fuͤrſtlich begraben, und einige von buͤrgerlichem Stande mehr als Adelich beyge- ſetzt. Die Leichen-Proceſſionen muͤſſen auf das zahlreichſte ſeyn, und bißweilen muß mehr als die halbe Stadt mitgehen, ob gleich vielmahls hun- derterley Diſpute wegen der Rang-Streite vor- fallen, und derer die Hinterlaſſenen, wenn ſie einen oder andern nicht mit dazu invitirt, haͤtten koͤnnen uͤberhoben ſeyn. Man theilet einer groſſen Menge alten Weiber, die die Proceſſion beſchluͤſſen muͤſ- ſen, unnoͤthiger weiſe viel Geld aus. Koſtbahre Creutze und Kronen, mit denen auf mancherley Weiſe bey den Leichen geprahlet wird, ſind ein ver- gebener Aufwand. Bey vielen Trauer-Mahlzei- ten werden nicht etwan 12, oder 24, oder 30, ſon- dern wohl 50, 60 biß 80 Speiſen aufgeſetzt. Ob- ſchon ſolche uͤberfluͤßige Koſten und allzu praͤchtige Anſtalten in denen Landes-Geſetzen auf das ſchaͤrff- ſte verbothen, ſo handeln ſie doch gar oͤffters dawi- der. Der Autor des 65ſten Theils der Europaͤi- ſchen Fama faͤllet von dergleichen verſchwenderi- ſchem Weſen p. 380 ein gar gutes Urtheil: Gewiß iſts, ſagt er, daß die beſchwerlichen Ceremonien,
und
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Von Begraͤbniſſen.
den, damit durch das oͤfftere Anblicken des Verſtor-
benen ihre Wehmuth je mehr und mehr geſtaͤrcket
werde.
§. 5. Die unnoͤthige Verſchwendung und der
uͤberfluͤßige Staat, der bey den Begraͤbniſſen vieler
vornehmen, oder doch wohlhabenden Leute ange-
wendet wird, iſt mehr als zu bekandt. Manche
Adeliche werden faſt Fuͤrſtlich begraben, und einige
von buͤrgerlichem Stande mehr als Adelich beyge-
ſetzt. Die Leichen-Proceſſionen muͤſſen auf das
zahlreichſte ſeyn, und bißweilen muß mehr als die
halbe Stadt mitgehen, ob gleich vielmahls hun-
derterley Diſpute wegen der Rang-Streite vor-
fallen, und derer die Hinterlaſſenen, wenn ſie einen
oder andern nicht mit dazu invitirt, haͤtten koͤnnen
uͤberhoben ſeyn. Man theilet einer groſſen Menge
alten Weiber, die die Proceſſion beſchluͤſſen muͤſ-
ſen, unnoͤthiger weiſe viel Geld aus. Koſtbahre
Creutze und Kronen, mit denen auf mancherley
Weiſe bey den Leichen geprahlet wird, ſind ein ver-
gebener Aufwand. Bey vielen Trauer-Mahlzei-
ten werden nicht etwan 12, oder 24, oder 30, ſon-
dern wohl 50, 60 biß 80 Speiſen aufgeſetzt. Ob-
ſchon ſolche uͤberfluͤßige Koſten und allzu praͤchtige
Anſtalten in denen Landes-Geſetzen auf das ſchaͤrff-
ſte verbothen, ſo handeln ſie doch gar oͤffters dawi-
der. Der Autor des 65ſten Theils der Europaͤi-
ſchen Fama faͤllet von dergleichen verſchwenderi-
ſchem Weſen p. 380 ein gar gutes Urtheil: Gewiß
iſts, ſagt er, daß die beſchwerlichen Ceremonien,
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 665. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/685>, abgerufen am 22.11.2024.
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