§. 27. Jnsonderheit sind die Fürstlichen Schlaf- Zimmer vor andern sehr privilegirt, und wird, zu- mahl in Teutschland, nicht ein iedweder in dieselben hineingelassen, ob er gleich sonst in den übrigen Zim- mern des Schlosses herum geführet wird. Es ist auch wider den Wohlstand, sich auf die Fürstlichen Lehn-Sessel oder Fauteüils niederzusetzen/ oder in dem Besehen weiter zu gehen, als einem vergünsti- get, oder von dem, der die Frembden herum führet, gezeiget wird.
§. 28. An einigen Höfen darff sich niemand, aus- ser einigen Grossen, weder in einer Antichambre noch in einem andern Gemach mit einem Spani- schen Rohr in der Hand sehen lassen, an andern hingegen ist es erlaubt, iedoch müssen die Cavaliere, wenn sie in das Fürstliche Gemach zur Herrschafft hinein treten wollen, den Stab in dem Vorgemach zurück lassen.
§. 29. An manchen Höfen wird auch so gar dar- innen eine Distinction gemacht, daß nicht ein ieder Hof-Cavalier, ohne Unterschied, die Erlaubniß hat, sich bey nächtlicher Weile durch seine Bedienten mit Fackeln die Treppe hinauf leuchten zu lassen.
§. 30. Auf den Fürstlichen Schlössern in Teutsch- land darff sich ein Frembder nicht mit solcher Frey- heit umsehen, als wie in Franckreich. Daselbst können die Frembden in den meisten Zimmern des Schlosses zu Versailles nicht nur frey und ungehin- dert aus- und eingehen, ob gleich die Wache da stehet, sondern auch selbst in des Königs Schlaf-
Gemach.
I. Theil. VII. Capitul.
§. 27. Jnſonderheit ſind die Fuͤrſtlichen Schlaf- Zimmer vor andern ſehr privilegirt, und wird, zu- mahl in Teutſchland, nicht ein iedweder in dieſelben hineingelaſſen, ob er gleich ſonſt in den uͤbrigen Zim- mern des Schloſſes herum gefuͤhret wird. Es iſt auch wider den Wohlſtand, ſich auf die Fuͤrſtlichen Lehn-Seſſel oder Fauteüils niederzuſetzen/ oder in dem Beſehen weiter zu gehen, als einem verguͤnſti- get, oder von dem, der die Frembden herum fuͤhret, gezeiget wird.
§. 28. An einigen Hoͤfen darff ſich niemand, auſ- ſer einigen Groſſen, weder in einer Antichambre noch in einem andern Gemach mit einem Spani- ſchen Rohr in der Hand ſehen laſſen, an andern hingegen iſt es erlaubt, iedoch muͤſſen die Cavaliere, wenn ſie in das Fuͤrſtliche Gemach zur Herrſchafft hinein treten wollen, den Stab in dem Vorgemach zuruͤck laſſen.
§. 29. An manchen Hoͤfen wird auch ſo gar dar- innen eine Diſtinction gemacht, daß nicht ein ieder Hof-Cavalier, ohne Unterſchied, die Erlaubniß hat, ſich bey naͤchtlicher Weile durch ſeine Bedienten mit Fackeln die Treppe hinauf leuchten zu laſſen.
§. 30. Auf den Fuͤrſtlichen Schloͤſſern in Teutſch- land darff ſich ein Frembder nicht mit ſolcher Frey- heit umſehen, als wie in Franckreich. Daſelbſt koͤnnen die Frembden in den meiſten Zimmern des Schloſſes zu Verſailles nicht nur frey und ungehin- dert aus- und eingehen, ob gleich die Wache da ſtehet, ſondern auch ſelbſt in des Koͤnigs Schlaf-
Gemach.
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I. Theil. VII. Capitul.
§. 27. Jnſonderheit ſind die Fuͤrſtlichen Schlaf-
Zimmer vor andern ſehr privilegirt, und wird, zu-
mahl in Teutſchland, nicht ein iedweder in dieſelben
hineingelaſſen, ob er gleich ſonſt in den uͤbrigen Zim-
mern des Schloſſes herum gefuͤhret wird. Es iſt
auch wider den Wohlſtand, ſich auf die Fuͤrſtlichen
Lehn-Seſſel oder Fauteüils niederzuſetzen/ oder in
dem Beſehen weiter zu gehen, als einem verguͤnſti-
get, oder von dem, der die Frembden herum fuͤhret,
gezeiget wird.
§. 28. An einigen Hoͤfen darff ſich niemand, auſ-
ſer einigen Groſſen, weder in einer Antichambre
noch in einem andern Gemach mit einem Spani-
ſchen Rohr in der Hand ſehen laſſen, an andern
hingegen iſt es erlaubt, iedoch muͤſſen die Cavaliere,
wenn ſie in das Fuͤrſtliche Gemach zur Herrſchafft
hinein treten wollen, den Stab in dem Vorgemach
zuruͤck laſſen.
§. 29. An manchen Hoͤfen wird auch ſo gar dar-
innen eine Diſtinction gemacht, daß nicht ein ieder
Hof-Cavalier, ohne Unterſchied, die Erlaubniß hat,
ſich bey naͤchtlicher Weile durch ſeine Bedienten
mit Fackeln die Treppe hinauf leuchten zu laſſen.
§. 30. Auf den Fuͤrſtlichen Schloͤſſern in Teutſch-
land darff ſich ein Frembder nicht mit ſolcher Frey-
heit umſehen, als wie in Franckreich. Daſelbſt
koͤnnen die Frembden in den meiſten Zimmern des
Schloſſes zu Verſailles nicht nur frey und ungehin-
dert aus- und eingehen, ob gleich die Wache da
ſtehet, ſondern auch ſelbſt in des Koͤnigs Schlaf-
Gemach.
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/100>, abgerufen am 24.11.2024.
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